Wohin mit Ihrem Geld? - Goldene Zeiten

Steigende Staatsschulden, der demographische Wandel und geringes Produktivitätswachstum verdunkeln die wirtschaftlichen Aussichten. Unser Finanzkolumnist Daniel Stelter erklärt, warum Anleger in solchen Phasen historisch davon profitiert haben, sich mit Gold zu beschäftigen. Und ob es dieses Mal wieder so ist.

Schon Ex Fed-Chef Alan Greenspan schwor auf Gold als ultimatives Zahlungsmittel
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Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Letztes Jahr hat wenig Spaß gemacht an den Börsen, da tut die Rallye der vergangenen Wochen gut. 2022 war es schwer, Geld zu verdienen. Alles, was vom Zins abhängig ist, kam unter Druck. Je weiter in der Ferne die erwarteten Erträge, desto stärker die Verluste. Kein Wunder, dass vor allem die spekulativen Technologiewerte Federn ließen: Der populäre und nach eigener Aussage in „disruptive Innovationen“ investierende ARK Innovation Fonds verlor rund 80 Prozent gegenüber dem im Februar 2021 erreichten Höchst. Steigende Zinsen sind Gift für Vermögenswerte, die – wenn überhaupt – erst weit in der Zukunft Erträge versprechen. 

Umso überraschender ist, dass Gold trotz steigender Zinsen und starkem Dollar praktisch unverändert blieb. Anleger, die in Euro rechnen, konnten sogar einen Wertzuwachs verbuchen. Einige Beobachter sehen in dieser relativen Stärke von Gold ein Zeichen dafür, dass das gelbe Metall vor einer weiteren, nachhaltigen Aufwärtsbewegung steht. Ich würde es anders formuliert genauso sehen: Der Wertverlust von Euro, Dollar und Pfund durch Inflation dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Die Gründe dafür sind weithin bekannt: Überschuldete Staaten, alternde Gesellschaften, unzureichende Produktivitätsfortschritte und ineffiziente und ineffektive Maßnahmen zur Verlangsamung des Klimawandels bilden ein gefährliches Gemisch. Den Notenbanken wird gar keine andere Wahl bleiben, als höhere Inflationsraten und negative Realzinsen zu akzeptieren.

„Gold ist das ultimative Zahlungsmittel.“

Hinzu kommt die geopolitische Zeitenwende. 2022 waren Notenbanken die größte Käufergruppe. Zuletzt haben sie im Jahr 1968 – kurz vor dem Zusammenbruch des Bretton-­Woods-Systems – so viel Gold gekauft. Diesmal kauften Indien, die Türkei, Katar, Russland und China – soweit man dies überhaupt nachvollziehen kann. Wesentlicher Beweggrund für die Käufe dürfte die Sanktionspolitik gegenüber Russland gewesen sein. Das Einfrieren der russischen Währungsreserven hat allen Staaten der Welt vor Augen geführt, dass auch ihre Reserven im Falle eines Konflikts mit den USA nicht sicher sind. Gold statt Staatsanleihen lautet die Devise. 

 

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Gut ablesbar ist dieser Effekt auch daran, dass über 490 Tonnen Gold aus den Tresoren der Bank of England, wo Zentralbanken traditionell einen Großteil ihres Goldes lagern, abgezogen wurden. Die Notenbanker scheinen sich an die Worte Alan Greenspans, des langjährigen Chefs der US-Notenbank, zu erinnern, der 1999 feststellte: „Gold ist immer noch das ultimative Zahlungsmittel. Niemand, der sich in einer schlimmen Notsituation befindet, akzeptiert Fiatgeld. Gold wird immer akzeptiert.“

Gold bleibt die Versicherung

Einem Besucher aus einer anderen Zeit oder von einem anderen Stern müsse die Magie des Papiergelds unbegreiflich scheinen, meinte Greenspan. Geld würde nur bei Schönwetter akzeptiert, für das die Zentralbank und die Politik ständig mühsam sorgen müssen. Die Botschaft: Wenn Politiker und Zentralbanker versagen und das Wirtschaftssystem im Sterben liegt, stirbt auch das Papiergeld, doch Gold lebt weiter. 

Ich gehöre nicht zu jenen, die denken, unser Wirtschaftssystem läge im Sterben, und schon gar nicht zu jenen, die ihm den Tod wünschen, in der irrigen Annahme, dadurch ließe sich das Klima retten. Dringender Reformbedarf, um von schuldenbasiertem Wachstum zu realem Wachstum zurückzufinden, ist hingegen nicht zu leugnen. Dies wird nur mit großen Schmerzen gelingen. Größere Risiken erwachsen aus der geopolitischen Verschiebung. Der Großkonflikt zwischen den USA und China wird auf allen Ebenen geführt. China ist durchaus erfolgreich dabei, eine Allianz zu schmieden, die die Vormachtstellung des US-Dollars in den kommenden Jahren schwächt. 

Gold erwächst daraus eine Doppelrolle: als Alternative zum US-Dollar und als Versicherung für den Fall, dass es im Zuge dieses Wandels zu Unfällen an den Finanzmärkten kommt. 

 

Dieser Text stammt aus der März-Ausgabe des Cicero, die Sie demnächst am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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