Wohin mit Ihrem Geld? - Die gewünschte Krise

Die steigende Nachfrage nach Erdgas lässt die Energiepreise in Deutschland durch die Decke gehen. Das Problem: Die Krise ist politisch gewollt. Der Makroökonom Daniel Stelter erklärt, was das für Ihre Geldanlage bedeutet.

Steigende Energiepreise haben auch Auswirkungen auf Ihre Geldanlage / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

So erreichen Sie Daniel Stelter:

Anzeige

Die wirtschaftliche Entwicklung seit Beginn der industriellen Revolution wäre ohne den Einsatz von immer mehr Energie unmöglich gewesen. Der deutliche Zuwachs an Lebenserwartung und Wohlstand weltweit basiert darauf. 40 Prozent der Primärenergie wird in Strom verwandelt, jeweils 20 Prozent treiben Industrie und Verkehr an und wärmen oder kühlen Gebäude. Öl, Kohle und Gas stehen für 80 Prozent der globalen Energieerzeugung und halten diesen Anteil in einem wachsenden Markt.

Trotz der erheblichen Anstrengungen, die erneuerbaren Energien auszubauen, stehen Wind- und Solarenergie für nur rund 3 Prozent der globalen Energieerzeugung. Kein Wunder, dass die Politik weltweit alles daransetzt, den Ausbau der Erneuerbaren zu fördern. Zeitgleich wächst der Druck auf die Anbieter fossiler Energieträger. Über Steuern, Gerichtsurteile sowie erschwerten und verteuerten Zugang zu Finanzmitteln wird es immer unattraktiver, in die Erschließung neuer Quellen zu investieren. Das Problem dabei: Die erneuerbaren Energien sind weit davon entfernt, die entstehende Lücke schließen zu können, vor allem fehlt die Technologie, um die aus erneuerbaren Quellen erzeugte Energie zu speichern. Die Folge: Stabiles oder gar sinkendes Angebot bei weiter steigender Nachfrage muss zu Knappheit führen.

Hausgemachte Energiekrise

Zurzeit bekommen wir nur einen Vorgeschmack von dem, was politisch gewollt auf uns zukommt. In China schien die Sonne in Regionen mit Solarkraftwerken weniger, während in anderen Landesteilen fehlender Regen die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft bremste. Neben dem Boykott australischer Kohle einer der Gründe dafür, dass China in diesem Jahr viel mehr Gas importiert. In Großbritannien, wie auch bei uns, haben ungewöhnlich niedrige Windgeschwindigkeiten die Stromproduktion der Windparks reduziert und die Nachfrage nach Erdgas deutlich steigen lassen. Gepaart mit geringeren Lagerbeständen nach einem kälteren Winter, der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise und einigen Störungen in der Produktion haben wir das perfekte Szenario für explodierende Preise.

Natürlich hätte Russland durch eine Erhöhung der Liefermengen den Preisanstieg bremsen können, doch handelt es sich bei dieser Argumentation um ein Ablenkungsmanöver. Je weniger wir in die Förderung fossiler Energieträger investieren und je mehr wir Alternativen wie die Atomkraft ausschließen, desto größer wird die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Die von deutschen Politikern propagierte Verbrauchsreduktion durch Verzicht dürfte weltweit kaum Nachahmer finden.

Vorbereitungen treffen

Wir müssen uns ehrlich machen bezüglich der Folgen unserer Klimapolitik. Im besten Fall steigen nur die Preise, im schlechteren fällt der Strom aus. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Elektroautobauer Tesla in China seine Produktion einstellen musste, weil Kohle für die Strom­erzeugung fehlte. Immerhin erkennt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Gefahr und wirbt schon mal für das neue Buch „Kochen ohne Strom“. Mehrtägige Stromausfälle bedeuten übrigens den Tod von mehreren Tausend Menschen alleine in Deutschland.

Was folgt daraus für die Geldanlage? Abgesehen von der Empfehlung, einen ausreichenden Notvorrat an Wasser und Lebensmitteln zu lagern, sollten sich Investoren im Unterschied zur Politik rational verhalten: Uran und Uranminen, weil die Atomkraft weltweit vor einer Renaissance steht. Anbieter von fossilen Brennstoffen in Ländern, die weiterhin auf deren Exploration setzen. Und natürlich CO2-Emissionszertifikate, weil die Politik alles tut, um CO2 zu verteuern. 

Die Kurse von Herstellern von Notstrom­aggregaten stiegen schon deutlich. Außerdem lohnt ein Blick in das Portfolio, um zu prüfen, welche Assets unter einer Rückkehr der Inflation am meisten leiden. Denn eines ist klar: Die „grüne Inflation“ ist nicht weniger gefährlich als die „braune“ (ölbasierte) der siebziger und achtziger Jahre.

 

Dieser Text stammt aus der November-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

Sie sind Cicero-Plus Leser? Jetzt Ausgabe portofrei kaufen

Sie sind Gast? Jetzt Ausgabe kaufen

Anzeige