Klimapolitik der Ampelkoalition - Planlos in die Planwirtschaft

In der ökologischen Transformation der Wirtschaft setzt die Ampel lieber auf staatliche Planvorgaben als auf die freien Kräfte des Marktes. Dies ist nicht nur teuer, sondern geht auch mit tiefen Eingriffen in die individuellen Freiheitsrechte einher.

Das Ziel ist durch den Plan des Staates unverrückbar vorgegeben: Deutschland muss klimaneutral werden, egal wie / picture alliance
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Joachim Weimann ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Magdeburg.

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Eigentlich sollte die Sache klar sein. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs konnte sich jeder mit eigenen Augen davon überzeugen, dass die sozialistische Planwirtschaft nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesellschaften, denen sie aufgezwungen wurde, zugrunde gerichtet hat. Besonders offensichtlich war ihr Versagen im Bausektor und beim Umweltschutz.

Die DDR hatte es geschafft, die Altbauten bis auf die Substanz abzuwirtschaften und eine Neubauwüste zu hinterlassen, die aus monotonen Plattenbauten bestand, die kleine Wohnungen niedrigster Qualität boten, die wegen der eklatanten Wohnungsnot dennoch heiß begehrt waren. Bis zum Schluss wurden in der DDR viele Ehen nur deshalb geschlossen, weil sich durch die Heirat die Aussichten auf die begehrten Zweiraumwohnungen in der Platte verbesserten. Die staatlich gesteuerte Herstellung von Wohnraum hinterließ ein Desaster. 

Bei der Umwelt war es nicht besser. Wer wissen wollte, warum die Lebenserwartung in der DDR um Jahre geringer war als in Westdeutschland, musste nur den Universitätsturm im Zentrum von Leipzig besteigen. Als ich dies 1989 tat, hätte ich eigentlich einen herrlichen Blick auf die Stadt haben müssen, denn es war ein strahlend schöner Tag, aber stattdessen sah ich auf eine undurchdringliche Smog-Schicht, die über der ganzen Stadt lag. Nein, wirklich jeder konnte sich überzeugen, dass die Planwirtschaft vollständig gescheitert war. Die westliche Marktwirtschaft war ihr haushoch überlegen. 

Tiefe Eingriffe in die individuellen Freiheitsrechte

Offensichtlich ist das Gedächtnis vieler Politiker und vieler Journalisten zu kurz, um sich an diese Erfahrung zu erinnern. Wie anders ist es beispielsweise zu erklären, dass in Berlin von 2016 bis 2020 mit Frau Lompscher eine Bausenatorin der Linken im Amt war, die als SED-Mitglied ihre ersten Berufserfahrungen an der Bauakademie der DDR gesammelt hatte? Und wie kommt es, dass viele Politiker und Journalisten die Lösung von Problemen auf dem Wohnungsmarkt in einem staatlich gelenkten Wohnungsbau sehen? 

Noch dramatischer ist die Situation in der Umweltpolitik und hier vor allem beim Klimaschutz. Auch hier stellt sich die Frage, ob man beim Umbau der Wirtschaft auf Märkte vertraut und den Emissionshandel oder eine CO2-Steuer als Instrument wählt, oder zu Command and Control, also der planwirtschaftlichen Variante, greift. Letzteres ist inzwischen die Regel und die Verbote und Gebote, die der staatliche Planer einsetzt, um die große Transformation zu erzwingen, greifen immer tiefer in die individuellen Freiheitsrechte ein und zeigen immer deutlicher die dramatischen Folgen der Planwirtschaft. 

Wir sollen nicht mehr wählen dürfen, welche Art von Auto wir fahren oder wie wir unsere Häuser bauen. Die Technologie, die für die Energieerzeugung eingesetzt werden darf, wird staatlich festgelegt, und ob wir das Flugzeug benutzen oder ob und wo wir überhaupt noch Urlaub machen, wird in entsprechenden Kreisen schon lange hinterfragt. Auch das Ziel ist durch den Plan des Staates fest und unverrückbar vorgegeben: Deutschland muss klimaneutral werden, egal wie. 

Ins moralische Abseits stellen

Dieses Ziel zu hinterfragen ist ausgeschlossen. Wer es dennoch tut, wird ins moralische Abseits gestellt – eine Methode, die auch in der DDR sehr beliebt war. Dabei sollte doch eigentlich klar sein, dass es beim Klimaschutz nicht darum geht, wer als erster klimaneutral ist, sondern darum, die globalen CO2-Emissionen so weit abzusenken, dass der Erderwärmung Einhalt geboten wird. Deutschland mit der klimapolitischen Brechstange klimaneutral zu machen, führt zu extrem hohen Lasten und Kosten. Es wäre mit Leichtigkeit möglich, eine Klimapolitik zu betreiben, bei der Deutschland nicht klimaneutral wird, weniger Lasten entstehen, aber deutlich mehr CO2 eingespart wird – aber das sieht der Plan leider nicht vor.

Ganz besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Markt und Plan, wenn es darum geht, im Wärmemarkt CO2 einzusparen. Minister Habeck und sein Staatssekretär Graichen haben sich für planwirtschaftliche Brachialgewalt entschieden. Sie verbieten einfach fossil betriebene Heizungen und zwingen Hausbesitzer zum Einbau einer Wärmepumpe.
 

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Sowohl die dadurch verursachten Kosten als auch die Menge CO2, die dadurch eingespart wird, variieren sehr stark, weil beides von einer ganzen Reihe von Parametern abhängt. Das Alter des Hauses spielt eine Rolle, die Dämmung, die Heizungsanlage und nicht zuletzt die Frage, welche Heizung ersetzt wird.

Die Kosten bewegen sich allerdings grundsätzlich im fünfstelligen Bereich und die eingesparten CO2-Mengen sind überschaubar. Da Wärmepumpen erst dann klimaneutral sind, wenn der Strom, den sie massenhaft verbrauchen, ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt, lassen sich durch eine Wärmepumpe nur 3 bis 4 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Die Kosten pro Tonne variieren dabei von einigen hundert bis weit über tausend Euro pro Tonne. 

Für die wenigsten Hausbesitzer rechnet sich die Investition und insbesondere die Besitzer von Altbauten können sich sehr ernsten Problemen gegenübersehen, weil sie unter Umständen nicht nur die Wärmepumpe, sondern auch eine zusätzliche Hausdämmung finanzieren müssten, wenn sie nicht frieren wollen. Das kann zu extremen Belastungen führen. Deshalb wird der ersten Regulierung auch gleich die zweite nachgeschoben: Um die schlimmsten Folgen abzufedern wird es Transfers geben, d.h. alle Steuerzahler werden zur Deckung der viel zu hohen Kosten herangezogen. 

Marktwirtschaftliche Alternative

Wie sieht die marktwirtschaftliche Alternative aus? Sie besteht darin, den Wärmemarkt in den Europäischen Emissionshandel (ETS) zu integrieren. Die EU legt für den ETS-Sektor (zu dem dann auch der Wärmemarkt zählt) eine CO2 Höchstmenge fest, die pro Jahr emittiert werden darf und die jährlich abgesenkt wird. Über diese Menge werden Emissionsrechte ausgegeben, die handelbar sind. Jeder, der CO2 emittiert, muss ein entsprechendes Recht erwerben. Da die Anzahl der Emissionsrechte fix ist, bedeutet das, dass die Emissionen, die beispielsweise durch eine Ölheizung verursacht werden, an anderer Stelle eingespart werden müssen. Der Preis für das Emissionsrecht signalisiert die Kosten, die dabei anfallen. 

Besitzer von fossilen Heizungen müssten deshalb die Kosten für die Einsparung der CO2-Emissionen übernehmen, die sie selbst verursachen, oder sie sparen diese Kosten, indem sie eine CO2-freie Heizung einbauen. Die Entscheidung darüber trifft allein der Hausbesitzer und natürlich werden dabei die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigt. Im Ergebnis kommt es nur dort zu einer neuen Heizung, wo die Kosten niedriger sind als bei allen anderen Möglichkeiten der CO2-Vermeidung, die es im ETS-Sektor gibt. Das dürfte äußerst selten der Fall sein. 

Planvorgaben sowjetischer Art 

Die Marktlösung sichert, dass die CO2-Emissionen in Europa sicher und planbar abgesenkt werden. Sie überlässt dabei die Entscheidung über die Art und Weise der Vermeidung von CO2 den einzelnen Emittenten, kommt fast ohne staatlichen Zwang aus und minimiert die Lasten und Kosten, die die Klimapolitik nun einmal auslöst.

Wo ist der Haken? Im Grunde gibt es keinen, aber die Vertreter einer planwirtschaftlichen Lösung haben einen erfunden: Die Marktlösung stellt nicht sicher, dass Deutschland schnellstmöglich klimaneutral wird. Es könnte ja sein, dass die Vermeidung von CO2 außerhalb Deutschlands viel günstiger möglich ist und der Markt deshalb auf nicht-deutsche Vermeidungen zurückgreift.

Das ist eigentlich sehr vernünftig, aber mit der Planvorgabe nun einmal nicht zu vereinbaren. Am Plan darf nicht gezweifelt werden. Der Plan ist auf jeden Fall richtig. So war es in der Sowjetunion und so war es in der DDR. Und so soll es wohl auch bei uns sein. Leider ist dieser Vergleich keine Übertreibung, wie sich an dem letzten Beispiel für planwirtschaftliche Klimapolitik zeigt.

Sehr hohen Preis für keinen Klimaschutz

Kanzler Scholz hat gesagt, dass in Zukunft fünf bis sechs Windkraftanlagen pro Tag errichtet werden sollen. Das klingt wie die Verkündigung des nächsten 5-Jahresplans durch die SED. Aber die SED hat wenigstens sinnvolle Ziele gesetzt: Wohnungen und Autos bauen. Windkraftanlagen sind als klimapolitisches Instrument dagegen vollkommen sinnlos.

Wie bereits gesagt, die EU legt für den ETS-Sektor eine Höchstmenge für die CO2-Emissionen fest und vergibt eine entsprechende Menge an Emissionsrechten. Der Energiesektor ist Teil des ETS-Sektors. Wenn also Deutschland versucht durch Windkraft klimaneutral zu werden, hat das auf die Anzahl der Emissionsrechte in Europa keine Auswirkung. Die Rechte, die wir in Deutschland durch Windkraft sparen, werden verkauft und an anderer Stelle ausgeübt. 

Es kommt deshalb nicht zu einer Einsparung von CO2 in Europa, sondern nur zu einer Verlagerung der Vermeidung nach Deutschland – also dorthin, wo es besonders teuer ist. Den anderen Europäern kann es recht sein, denn die horrenden Kosten tragen ja allein die Deutschen. Um es polemisch zuzuspitzen: Der planwirtschaftliche Ausbau der Windkraft in Deutschland ist die schlechteste denkbare Klimapolitik, denn sie bezahlt einen sehr hohen Preis für keinen Klimaschutz – so etwas hat nicht einmal die SED hinbekommen. 

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