Kritik an SPD-Nachwuchspolitikerin Lilly Blaudszun - Lillys Politik Palace

Lilly Blaudszun gilt als Nachwuchshoffnung der SPD. Doch jetzt zog die 19-jährige Politik-Influencerin interne Kritik auf sich, weil sie für einen Discounter Werbung auf ihrem Instagram-Account macht. Gehört sich das für eine Selfie-Sozialistin?

SPD-Nachwuchs Lilly Blaudszun: Grauzone aus eigener Überzeugung und bezahlter Pseudo-Authentizität / dpa
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Autoreninfo

Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Lilly Blaudszun ist derzeit die wohl bekannteste Nachwuchspolitikerin der SPD. Laut einem Ranking der Wochenzeitung Die Zeit gehört die erst 19-Jährige zu den „100 wichtigsten jungen Ostdeutschen“. Mit großer Reichweite auf ihren Social-Media-Accounts bei Twitter und Instagram ist sie so etwas wie der Silberstreif am Horizont der darbenden Sozialdemokratie: Nicht uncool und anschlussfähig bei jungen Menschen, obwohl sie in einer Partei ist.

Doch nun scheint Lilly Blaudszun die sozialistischen Hoffnungen einiger ihrer Anhänger empfindlich gestört zu haben. Der Grund: Das It-Girl der Sozialdemokratie bewirbt auf ihren Instagram-Account ein Laptop der Aldi-Eletronik-Marke Medion.

„You know ?“

Weil sie viel unterwegs sei, sei es ihr „super wichtig einen stabilen Laptop an meiner Seite zu haben“, spricht sie in die Kamera. Das Notebook sei gerade für „Studienanfänger_Innen“ gut, zeichne sich besonders durch Handlichkeit aus, sei „super schmal“ und passe „quasi in jede Tasche“. In einem zusätzlichen Post schreibt sie dann: „Durch das Zusammenspiel aus Mobilität und wirklich guter Leistung, bringt es mich gerade jetzt im Online-Semester viel weiter. Gerade in meinem Studiengang ist es wichtig, immer und überall easy lernen zu können, you know. ?“

 

 

 

 

 

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Rechtlich ist ihr nichts vorzuwerfen

So weit, so authentisch der Laien-Werbesprech der Lilly Blaudszun. Doch es dauerte nicht lange, da fanden viele Follower, die Jura-Studentin verrate mit ihrer Werbetätigkeit für Medion sozialdemokratische Ideale, was Blaudszun wiederum überhaupt nicht verstehen kann. Tatsächlich bekleidet die ehemalige stellvertretende Juso-Vorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern derzeit kein Amt und trägt kein Mandat. Rechtlich ist ihr nichts vorzuwerfen, ihr Post ist deutlich als Werbung gekennzeichnet.

Doch wahrgenommen wird Blaudszun von ihren Anhängerinnen und Anhängern hauptsächlich über ihre Parteimitgliedschaft. Ihre Reichweite sei doch „durch die SPD und die Jusos entstanden“, beklagt sich einer ihrer SPD-Genossen. Ohne die alte Dame SPD also hätte die junge Dame womöglich kaum ein Werbe-Angebot von Medion bekommen. Blaudszun hingegen ist überzeugt, ihre Reichweite sei entstanden, „weil ich hier seit vielen Jahren viel Zeit in den Account stecke“.

Von Steinmeier in die SPD geholt

Der Grund für ihre stetig wachsende Reichweite dürfte aber auch darin liegen, dass selbst ranghohe SPD-Spitzenpolitiker wie Heiko Maas, Katharina Barley oder Manuela Schwesig gerne Selfies mit Lilly Blaudszun machen. In die SPD geholt hatte sie einst der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Manche in der SPD könnten sie sich gar als Nachfolgerin für den scheidenden Kevin Kühnert als künftige Juso-Vorsitzende vorstellen.

Das Problem an der Werbeaktion liegt womöglich nicht an der Tatsache an sich, dass Blaudszun damit Geld verdient. Es ist vielmehr die Natur des Influencers an sich, die längst nicht nur der SPD-Politikerin eigen ist. Letztlich sind Influencer Mischwesen, die deshalb besonders gerne von Konzernen für Werbebotschaften gebucht werden. Meist beeinflussen Influencer wie Lilly Blaudszun ohne monetäre Gegenleistung ihre Follower. Dann aber eben auch auftragsgemäß gegen Geld.

Pseudo-Authentizität

Diese Grauzone aus eigener Überzeugung und bezahlter Pseudo-Authentizität bleibt bestehen, trotz Kenntlichmachung als Werbung. Das wissen auch die Auftraggeber. Denn der Betrachter weiß letztlich nicht mit letzter Sicherheit, ob Blaudszun nun das Notebook wirklich so toll findet, wie sie gegen Geld behauptet oder nicht. Das wird dann auch deutlich, wenn man liest, was eigentliche Fans dazu kommentieren:

„Folge dir mittlerweile über vier Jahre auf Twitter und finde deine Haltung echt gut, auch wenn ich nicht immer mit ihr übereinstimme. Was in meinen Augen überhaupt nicht geht, ist, dass hier nun politischer und kommerzieller Content vermischt wird (Kennzeichnung hin oder her). Fast schon zynisch finde ich, dass du hier vorgibst, „armen Studis“ preiswerte Laptop-Modelle zu empfehlen, während du selbst teure MacBooks nutzt. Das hat mit Authentizität nichts mehr zu tun, aber du hast dir das alles ja sicher gut überlegt.“

„Überzogen“ und „einfach lächerlich“

Lilly Blaudszun scheint die heftige Kritik an ihr dann doch irgendwie getroffen zu haben, so dass sie sich beeilte, das Ganze nochmals ausgiebig zu kommentieren. Schnell entschied sie sich offenbar dazu, einen unbekannten Betrag an das Flüchtlingsrettungsprojekt Seebrücke zu spenden. Die Kritik an ihr sei vollkommen „überzogen“ und „einfach lächerlich“, sagte sie sichtlich genervt in die Selfie-Kamera. Sie sei ein sehr reflektierter Mensch.

Die Werbenebentätigkeit sei „nicht mein Job“ sagt sie. Man fragt sich was das denn sonst ist. Vielleicht Schwarzarbeit? Sie habe stattdessen „großartige Jobs“ und ein „tolles Privatleben“ verrät sie dann noch. Und: „Ich brauche Instagram nicht. Ich könnte jeden Tag hiermit aufhören.“ Das würde „keine Minderung“ ihres Lebens bedeuten. Dann schließt sie mit der Bitte: „Wenn ihr irgendein Problem habt, bitte geht. Ich muss das hier nicht machen.“ Muss sie nicht. Aber sie möchte natürlich.

Austeilen und Einstecken

Dabei teilt Lilly Blaudszun sonst leidenschaftlich gerne aus. Was womöglich frech und irgendwie hip rüberkommen soll, wird etwa gegen Sigmar Gabriel dann doch recht persönlich. Gegen ihn twittert sie Sätze wie: „kann sigmar gabriel seine zeit nicht endlich seiner familie widmen und uns alle mit seinem scheiß in ruhe lassen?", „Beim Juso Schrottwichteln ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ein Buch von Sigmar Gabriel zu bekommen“ oder sie kritisiert die gut bezahlten Berater-Jobs des Ex-Vizekanzlers. Lakonisch ätzt sie dazu öffentlich gegen ihn: „die ganze partei legt zusammen damit er endlich weg ist“.

Der Vorwurf, sie verhalte sich letztlich mit ihrer Medion-Werbeaktion nicht anders als Gabriel, kam dann auch schnell in der Diskussion auf. Unwirsch reagierte sie mit: „Im Gegensatz zu Gabriel war ich nicht Vizekanzlerin oder Ministerin. Die schreiben, weil ich Reichweite habe. So funktioniert Instagram. Punkt.“ Nun hat der Vize-Kanzler nach aktuellem Kenntnisstand alle Karenzzeiten eingehalten und sich somit rechtlich auch nichts zuschulden kommen lassen. Insofern hat Lilly Blaudszun vielleicht doch viel mehr mit Sigmar Gabriel gemein, als sie selbst reflektieren möchte. Nur, dass bei Blaudszun der moralische Zeigefinger wohl etwas lockerer sitzt.

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