Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof - Lasst das Warenhaus in Würde sterben

Der deutsche Staat hat mehr als eine halbe Milliarde Euro in den dahinsiechenden Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof gesteckt. Der Wiederbelebungsversuch ist gescheitert. Nun gilt es, dem Elend ein Ende zu bereiten.

Alle Marktgewalt geht vom Konsumentenvolk aus: Mittlerweile geschlossene Karstadt-Filiale in München / dpa
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Jakob Ranke ist Volontär der Wochenzeitung Die Tagespost und lebt in Würzburg. Derzeit absolviert er eine Redaktions-Hospitanz bei Cicero.

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Galeria Karstadt Kaufhof hat Insolvenz angemeldet – zum dritten Mal seit 2020. Nach der Pleite der Signa-Holding des Investors René Benko im November, unter deren Dach die Warenhauskette bereits 2018 geschlüpft war, fehlen dem Unternehmen Medienberichten zufolge nun 200 Millionen Euro, die von Signa im Rahmen der Sanierung nach der letzten Insolvenz 2022 zugesagt worden waren. 

Nun steht der Tod des siechen Unternehmens also ein weiteres Mal vor der Tür. Forderungen nach einer staatlichen Rettung dürfte es allerdings auch diesmal geben. Anfang 2022 hatte der Geschäftsführer des Handelsverbands Deutschland die Warenhäuser als „für viele Innenstädte systemrelevante Betriebe“ bezeichnet.

500 Millionen Euro des Steuerzahlers

Das Argument fruchtete. Dass das Geschäftsmodell großer Warenhäuser dem Onlinehandel schon seit langem nichts mehr entgegenzusetzen hat, wurde ignoriert. Der Konzern bekam dreistellige Millionenbeträge vom Staat, um sein Zombiedasein weiterzuführen. Die zweite Insolvenz Ende 2022 ließ sich dennoch nicht aufhalten.

Mit der Insolvenz stehen nun über 500 Millionen Euro für den Steuerzahler im Feuer. Galeria Karstadt Kaufhof erhielt aus dem während der Corona-Krise eingerichteten Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes Kreditzusagen in Höhe von 680 Millionen Euro.

Finanzministerium mauert

Wie viel davon wann tatsächlich geflossen ist, wollte das Bundesfinanzministerium gegenüber Cicero nicht offenlegen. Ausstehende Auszahlungen aus dem Fonds wurden nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das auf die Einhaltung Schuldenbremse pocht, eingefroren.

Das Fachmagazin Textilwirtschaft berichtet nun unter Berufung auf ein Schreiben des Staatssekretärs im Finanzministerium Florian Toncar (FDP), dass die Bundeskredite an den maroden Kaufhauskonzern zu einem großen Teil verloren sein dürften. 250 Millionen Euro stille Einlage habe das Finanzministerium bereits „vollständig abschreiben“ müssen. Möglicherweise seien bis zu 552 Millionen Euro verloren.

Betriebsrat verspricht Rendite

Ein Fass ohne Boden also? Galeria-Betriebsratschef Jürgen Ettl sieht das naturgemäß anders. „Garantieren können wir in schlechten Zeiten drei Prozent und in guten Zeiten mindestens sechs“, machte Ettl in der Wirtschaftswoche schon mal potentiellen Rettern Renditehoffnungen.

Die Signa-Pleite deutete Ettl als Befreiung, ebenso wie Galeria-Chef Olivier van den Bossche. Der operative Erfolg sei durch Signa unter anderem durch teure Mieten für die oft in zentralen Innenstadtlagen platzierten Kaufhäuser behindert worden.

Geschäftsmodell aus der Zeit gefallen

Man kann nur hoffen, dass Olaf „You never Walk alone“ Scholz den zu erwartenden Sirenenklängen widersteht. Eine erneute Kaufhäuser-Rettung mit Staatsgeld, um sich nach dem Agrar-Kürzungsversuch wenigstens als Patron der immerhin noch 15.000 Kaufhausangestellten zu inszenieren, wäre ein Fehler. Denn ob Galeria auch nur mittelfristig profitabel wirtschaften kann, ist mehr als fraglich.

 

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Nach jeder der vergangenen Insolvenzen äußerten befragte Experten die gleichen Bedenken: Das Geschäftsmodell sei einfach nicht mehr zeitgemäß; große Kaufhäuser würden nicht gebraucht. In jeder Produktsparte gebe es konkurrenzfähigere spezialisierte Geschäfte. Der Onlinehandel biete die ganz große Auswahl zu geringeren Preisen.

Aufstieg und Untergang

An diesen Befunden hat sich nichts geändert. Das Geschäftsmodell großer Kaufhäuser ist an seinem Ende angekommen, weil es vom Konsumenten nicht mehr gewünscht wird. Dass die Galeria-Kaufhäuser mit Verweis auf Einnahmeausfälle durch die Coronapandemie mit öffentlichen Geldern gestützt wurden, war schon damals absehbar eine Fehlentscheidung.

Wenn in einer freien Marktwirtschaft Unternehmen aufsteigen und untergehen, hat das eine Art demokratische Qualität: Alle Marktgewalt geht vom Konsumentenvolk aus. Am Ende bleiben genau so viele Kaufhäuser übrig, wie der souveräne Nachfrager sich leisten will.

Hängepartie für die Beschäftigten 

Fraglos kann diese positive Sicht auf die kapitalistische „kreative Zerstörung“ angesichts der zu erwartenden Entlassungen herzlos wirken. Doch genauso wenig ist es gerechtfertigt, ein von der Mehrheit nicht gewolltes Geschäftsmodell durch Steuergelder querzufinanzieren, zumal auch für die Beschäftigten eine Hängepartie auf die nächste folgt.

Ein übergeordnetes Interesse des Staates am Erhalt der Warenhäuser ist demgegenüber nicht ersichtlich. Wirkliche Anziehungspunkte in den Innenstädten sind die Kaufhäuser aus den gleichen Gründen nicht mehr, aus denen sie auch wirtschaftlich nicht reüssieren.

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