Brief an das Paul-Ehrlich-Institut - Corona-Impfstoff: „Biontech widerspricht sich selbst“

Fünf Chemie-Professoren haben einen offenen Brief an das Paul-Ehrlich-Institut geschrieben. Sie sind in großer Sorge um die Sicherheit des Pfizer-BioNTech-Impfstoffs. Können bestimmte Inhaltsstoffe sowie Mängel bei der Qualitätskontrolle möglicherweise sich häufende Meldungen zu Impfschäden erklären? Das PEI schweigt. Im Interview erklärt Jörg Matysik, Mitunterzeichner des Briefes, wo eventuell Risiken des Impfstoffs liegen.

Die Corona-Impfung: Doch mehr als ein Piks? / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

So erreichen Sie Ralf Hanselle:

Anzeige

Jörg Matysik ist Professor für Analytische Chemie an der Universität Leipzig. Er ist Mitglied des International Spin-Chemistry Committee und Mitherausgeber der Zeitschrift „Applied „Magnetic Resonance. Zusammen mit seinen Kollegen Gerald Dyker (Ruhr-Universität Bochum), Andreas Schnepf (Universität Tübingen), Tobias Unruh (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und Martin Winkler (Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften) hat er einen offenen Brief an das Paul-Ehrlich-Institut geschrieben, in dem die fünf Professoren zahlreiche Fragen zum Impfstoff von Pfizer-BioNTech haben.

Herr Matysik, zusammen mit vier weiteren Professoren aus dem Bereich der Chemie haben Sie vor gut einer Woche einen offenen Brief an Klaus Chichutek, den Leiter des Paul-Ehrlich-Institut (PEI) geschrieben. In diesem teilen Sie Ihre „außerordentlich große Sorge“ in Bezug auf die Sicherheit des mRNA-Impfstoffs von Pfizer-BioNTech mit. Haben Sie schon Antwort bekommen?

Nein, es gab keinerlei Antwort vom Paul-Ehrlich-Institut. Wir haben ja zuvor auch bereits Fragen an Herrn Professor Uğur Şahin, den Geschäftsführer von BioNTech, geschickt. Von dort haben wir zwar Anfangs indirekt eine Antwort bekommen, die allerdings ziemlich oberflächlich war, in Teilen sogar widersprüchlich. Eine weitere Nachfrage ließ Kollege Şahin unbeantwortet.

Das PEI bekommt dieser Tage ja häufiger Post. Erst vorgestern wurde bekannt, dass der BKK-Vorstand Andreas Schöfbeck einen Brief an Chichutek geschrieben hat, weil ihm bei der Auswertung der Abrechnungsdaten seiner Kasse eine „erhebliche Untererfassung“ von Impfnebenwirkungen durch das PEI aufgefallen sei. Nicht nur für die BKK ein „erhebliches Alarmsignal“ in Sachen Impfstoffsicherheit. Wundert Sie das nach Ihren eigenen Analysen noch?

Nein. Ich befürchte, dass das, was wir Chemiker aus der Literatur kennen konnten, sich nun auch in der Realität zeigt. Und das wäre in der Tat sehr beunruhigend.

Bevor wir über Ihre eigenen Beobachtungen sprechen, muss ich Ihnen zuvor natürlich die Gesinnungsfrage stellen, denn wer, wie Sie, öffentlich die Tauglichkeit der mRNA-Impfstoffe für Massenimpfungen in Frage stellt, gerät zwangsläufig unter Verdacht. Daher mal die generelle Frage: Wie halten Sie es mit Impfungen?

In der Hand eines Arztes sind Impfungen ein hervorragendes Instrument bei der Vorbeugung von Krankheiten. Das gilt aber natürlich nur, wenn der Impfstoff auch gut ist. Außerdem muss man mögliche Alternativen durchdenken: Pfizer hat jetzt ein Medikament gegen Covid-19 auf den Markt gebracht, das vielversprechend ist. Zudem scheint Omikron möglicherweise die bessere Alternative zum Impfen zu sein. Diese Mutante verändert die Situation nachhaltig.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat indes eindringlich davor gewarnt, Omikron als „dreckige Impfung“ misszuverstehen. 

Das ist seine Ansicht. Ich begrüße Meinungsvielfalt.

Reden wir also darüber, ob die Pfizer-BioNTech-Impfung tatsächlich sauberer ist. In Ihrem Brief an das PEI weisen Sie auf eine merkwürdige Färbung der Impfstoffe hin. Seit wann sagt denn die Färbung von Arzneien etwas über deren Wirkung oder Nebenwirkung aus?

Professor Jörg Matysik / privat

Es geht ja nicht um die Färbung von irgendwelchen Arzneien, sondern um die Färbung durch Nanopartikel. Bei Nanopartikeln bestimmt unter anderem die Größe die Farberscheinung. Die Nanopartikel im Impfstoff Comirnaty von Pfizer-BioNTech sind in etwa 100 Nanometer groß. Da sind wir im Bereich der Rayleigh-Streuung. Das ist die Streuung, die für die blaue Farbe des Himmels zuständig ist. Von wässrigen Nanodispersionen farbloser 100-nm großer organischer Partikeln mit Brechungsindizes von rund 1,5 erwartet man, dass sie in Durchsicht rötlich, in Remission bläulich und seitlich eher weiß-gräulich wirken. Ändert sich die Teilchengröße, ändert sich auch der Farbeindruck durch die Streuung. BioNTech sagt nun aber, dass Verfärbungen auf Verfälschungen hinweisen würden. Das Gegenteil aber ist richtig: Nanopartikel dieser Größe müssen bunt sein: Sie müssen diese uns vertrauten Farben zeigen. Sind sie indes grau, wie von BioNTech in der Zusammenfassung der Merkmale des Impfstoffs behauptet, oder creme-farbig, wie BioNTech sich uns gegenüber korrigierte, gibt es nur zwei Erklärungsmöglichkeiten, und beide sind beunruhigend. Möglichkeit 1: Entweder ist in den Impfungen ein farbiger Stoff enthalten, der nicht deklariert worden ist. Möglichkeit 2: Der Impfstoff ist schlecht. Ähnlich wie bei schlechtgewordener Milch, die koaguliert, würde sich in einem solchen Fall nämlich die Partikelgröße und somit die Färbung verändern. Wir wären dann, statt bei Rayleigh-Streuung, im Regime der Mie-Streuung, in der grau auftreten kann, wie wir es von Regenwolken kennen.

Nun hat BioNTech Ihnen ja geantwortet. In dem Schreiben des Unternehmens heißt es, dass eine graue oder auch cremeweiße Färbung kein Hinweis auf mögliche Verunreinigungen liefere. Beruhigt Sie das nicht?

Überhaupt nicht. BioNTech behauptet, der Eindruck einer leichten Färbung sei normal, erklärt aber in keiner Weise, wo dieser Eindruck denn herkommen soll. Das erklärt die Firma auch gegenüber den impfenden Ärzten nicht. Den Ärzten sagen sie vielmehr, dass eine Färbung Hinweis darauf sei, dass man den Stoff nicht mehr verimpfen dürfe. Hier widerspricht sich BioNTech also sogar selbst. Das ist absolut leichtsinnig.

Das heißt, die Ärzte haben am Ende gar keine Möglichkeit, um herauszufinden, ob eine Impfdosis noch Verwendung finden darf oder nicht?

Schlimmer noch: Die Ärzte werden falsch informiert.

Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch in den Argumentationslinien?

Ich vermute, die bei BioNTech haben überhaupt nicht verstanden, dass Nanopartikel Farben haben. Wenn man eine derart dezidierte Anfrage bekommt, die man dann eventuell nicht versteht, sollte man beim Fragensteller noch einmal nachfragen. 

Sie weisen in Ihrem Brief an das PEI auf ein weiteres Problem hin: Eine Komponente namens ALC-0315, die für die Bildung der Nanopartikel verantwortlich ist. 

Ja, das ist ein Lipid, ein Fettstoff.

Wofür ist der gut?

Der ist nötig, um die mRNA an die Nanopartikel zu binden. ALC-0315 ist eine Verbindung, die mit der negativ geladenen mRNA in Wechselwirkung tritt. Das alleine sollte einen bereits nervös machen.

Wieso das?

Was ist, wenn die Substanz in die Zellkerne kommt? Oder kann man wirklich ausschließen, dass das passiert? Ist das experimentell bewiesen und öffentlich dokumentiert? Die Firmen, die diese Substanz herstellen, deklarieren eindeutig, dass sie Hautirritationen und schwere Augenirritationen verursachen können. Ein US-Hersteller weißt sogar ausdrücklich darauf hin, dass eine bis dato unbekannte Toxizität vorliegen würde. Weiterhin heißt es, ALC-0315 sei „for research use only“ und „not intended for diagnostic or therapeutic use“. Das ist doch sehr eindeutig. Man weiß eben nicht viel über die Toxizität von ALC-0315. 

Aber das PEI hätte das doch auch in Erfahrung bringen können.

Vermutlich. Wir als Chemiker wundern uns schon sehr. Derartige Substanzen würden wir im Labor nur mit äußerster Vorsicht behandeln.

Glauben Sie, dass die erwähnten Komponenten Impfschäden, wie sie ja auch im Sicherheitsbericht des PEI aufgelistet sind, erklären können?

Ich bin kein Arzt. Ich kann das nicht beurteilen. Wenn ich aber die Sicherheitsdatenblätter lese – und das ist mein tägliches Brot –, dann würde ich zumindest sagen, man muss das außerordentlich gründlich untersuchen, bevor man derartige Substanzen als Massenware unter die Menschen bringt. Wir haben nach unseren offenen Briefen ausgesprochen viele Zuschriften von Menschen mit möglichen Impfschäden sowie von Ärzten und Menschen aus den medizinischen Berufen erhalten. Sehr viele haben uns gesagt, dass sie unsere Ängste und Sorgen teilen. Alle Zuschriften, die ich erhielt, waren sehr höflich und sehr kultiviert.

Es gibt auch Gerüchte, nach denen Nebenwirkungen möglicherweise mit bestimmten Chargennummern zusammenhängen. 

Ich kenne diese Meldungen natürlich. Aber da wäre ich zurückhaltend. 

Sie weisen aber in Ihrem Brief durchaus darauf hin, dass es Probleme beim Qualitätsmanagement von Pfizer-BioNTech geben könnte.

An dem Punkt haben wir in der Tat noch viele Fragen: Da geht es zum Beispiel darum, wie etwa die Partikelgröße gemessen wird oder wie die Sequenzierung der RNA geprüft wird. Hier möchten wir einfach wissen, was da gemessen wird. Der sogenannte Rolling Review Assessment Report, der mir zur Verfügung steht, mag geleakt sein. In ihm fallen die angegebenen Toleranzen auf. Demnach sind Abweichungen um den Faktor 100% erlaubt. Der pH-Wert darf zwischen 6.9 und 7.9 schwanken. Die Größe der Nanopartikel darf zwischen 40 und 180 nm variieren. Die Konzentration des Lipids ALC-0315 darf sich zwischen 4,50 und 9,25 mg/mL bewegen. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen eines einheitlichen Qualitätsstandards, zumal die Pharmakokinetik doch auch wesentlich von der Teilchengröße abhängen wird. Zumindest möchte ich wissen, ob diese im Internet verfügbaren Angaben stimmen.

Was wäre wenn?

Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Kuchen backen und im Rezept steht bei jeder Zutat, sie dürfen 100 Gramm nehmen – oder auch 200 Gramm. Den Kuchen, naja, möchte ich nicht essen müssen. Das Gemisch wäre recht willkürlich zusammengestellt. Wenn mir jemand so etwas als Bachelor-Arbeit abgeben würde, würde ich ihn wohl rauswerfen. Ach, und dann ist da noch etwas: Das PEI sagt auf seiner Internetseite, dass die Kontrolleure nicht zu den Impfstoff-Herstellern gehen, um dort Proben zu nehmen, sondern dass BioNTech selbst ausgewählte Proben zuschickt. 

Warum ist das problematisch?

Qualitätskontrolle bedeutet, dass ein Kontrolleur vor Ort sagt: Machen Sie mal die Kiste auf und lassen Sie mich gucken! Stellen Sie sich vor, wir würden an der Uni bei einer Prüfung die Studenten auffordern, sich ihre Fragen aussuchen zu dürfen.

Zusammengefasst: Es gibt eine Menge Fragen, die das PEI dringend beantworten müsste. Wie beurteilen Sie denn die Auskunftsfreude beim PEI?

Wenn man keine Antwort bekommt, gibt es keine Möglichkeit, die Kommunikation zu loben. Der Name des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich verpflichtet uns alle!

Sie haben jetzt nahezu alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Antwort von dieser Bundesbehörde zu erhalten. Geben Sie jetzt auf?

Wir bleiben da natürlich dran. Der offene Brief ist noch nicht das letzte Mittel. Innerhalb der Naturwissenschaften ist es wichtig zu erkennen, was da falsch läuft. Denn etwas anderes ist ja auch richtig: Die Idee einer mRNA-Impfung eröffnet ohne Frage spannende Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, dass da etwa in der Krebstherapie, etwa bei Melanomen, viel Potential steckt. Es ist gut, dass man da weiter forscht. Es mag noch 20 Jahre dauern, aber es kann sich lohnen. Aber bitte kontrolliert und mit Verantwortung!

Das Interview führte Ralf Hanselle.

Anzeige