Ragù alla Bolognese mit Tagliatelle - Jenseits der Fertigsoße

Tütensoßen wie „Bolognese fix“ sind nach wie vor große Verkaufsschlager. Doch wer jemals ein echtes Ragù alla Bolognese genossen hat, wird um die Tüten einen großen Bogen machen, ist unser Genusskolumnist überzeugt. Und erzählt, wie man das korrekt zubereitet.

So soll´s aussehen: Ragù alla Bolognese mit Tagliatelle, natürlich jenseits der Fertigsauce. / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Es wird mal wieder Zeit für Pasta. Und erneut wenden wir uns einem Klassiker zu: Spaghetti Bolognese. Und diesmal machen wir es uns ganz einfach. „Für die Zubereitung einfach Spaghetti kochen und das Hackfleisch in heißem Öl anbraten. 250ml Wasser zugießen und Beutelinhalt einrühren. Das Ganze 5 Minuten bei mittlerer Wärmezufuhr kochen lassen. Und fertig!“

Das empfiehlt jedenfalls einer der beiden Marktführer für Fertigsoßen aus der Tüte. Für den „vollmundigen Geschmack leckerer Spaghetti Bolognese“, wie es auf der Packung heißt, wird ein lukullisches Füllhorn zusammengeschüttet: Dehydrierte Extrakte von Tomaten, Karotten, Zwiebeln, Karotten, Paprika und Kräutern, Reismehl, Hefeextrakt, Zucker und gehärtetes Fett. Kann aber auch „Sellerie, Eier, glutenhaltiges Getreide, Milch, Senf und Soja enthalten“, werden Allergiker noch pflichtgemäß gewarnt.

Tagliatelle statt Spaghetti

Sorry, aber wer sich sowas auf den Teller kippt, hat vielleicht nicht die Kontrolle über sein gesamtes Leben, aber zumindest die Kontrolle über seine Ernährung verloren. Denn ein gutes Ragù alla Bolognese, wie es korrekt heißt, ist ein durchaus anspruchsvolles Gericht, dessen Zubereitung auch Zeit und Genauigkeit erfordert. Als ich mal vor vielen Jahren ein paar Tage in Bologna zubrachte, war ich sehr erstaunt, dass das (außer in Touristenabfüllstationen) keineswegs als schnelles Pastagericht für zwischendurch angeboten wird, sondern in seriösen Trattorien oftmals nur an einem Wochentag auf der Karte stand, als Spezialität. Auch käme kein Italiener auf die Idee, Ragù alla Bolognese über Spaghetti zu kippen. Es müssen Tagliatelle sein, da diese die Soße viel besser aufnehmen können. Am besten frische.  

Knoblauch diesmal verboten

Natürlich hat die italienische Geschmackspolizei, die Accademia Italiana della Cucina, verbindliche Regeln für Zutaten und Zubereitung erlassen, von denen nur geringfügige Abweichungen erlaubt sind. Streng verboten sind erstaunlicherweise einige Beigaben, die gemeinhin als untrennbar mit der italienischen Küche verbunden gelten: Knoblauch und Oregano. Olivenöl ist zwar nicht verboten, wird von Hardcore-Bolognese-Puristen aber ebenfalls abgelehnt, da es den Eigengeschmack des sehr langsam köchelnden Ragouts zu stark dominiert.  

Der Ernährungssoziologe als „Tütenversteher“

Der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl rät gegenüber Cicero allerdings überraschenderweise zur Milde gegenüber Tüten - und Dosen - „Köchen“.  Auch er habe in Studentenzeiten „von Spagetti mit Fertigsoße aus der Alles-in-einem-drin-Packung gelebt“. Vielen Menschen „fehlen wirklich die banalsten Kochkenntnisse, aber auch das Wissen, was geschmacklich eigentlich alles jenseits der Tütensoßen und Gläschenpestos möglich ist“, gibt Kofahl zu bedenken.

Auch die Fokussierung von Bildungsangeboten im Bereich Ernährung auf gesundheitsbezogene Nährwertzusammensetzungen würde nur wenig weiterhelfen, denn „da kann man heutzutage mit Fertigsoßen durchaus passend fahren“. Aber dass eine Bolognese aus der Tüte im Vergleich mit einer anständigen Bolognese aus dem eigenen Kochtopf „ein geschmacklich dünner Kokolores ist, das kann man nicht wissen, bevor man es nicht gerochen und geschmeckt hat“. Ernährungsbildung müsse „endlich viel mehr auch Genussaspekte miteinbeziehen“ fordert der Soziologe.

Nix „Bolognese fix“: Langsam köcheln lassen

Einverstanden, und genau dieser Ansatz wird in dieser Kolumne ja auch Woche für Woche verfolgt. Also machen wir uns an die Zubereitung einer anständigen Bolognese. Es beginnt mit hacken und würfeln: Pancetta (frischer, fetter Bauchspeck), Zwiebel, Karotte, Stangensellerie. Sonnenblumenöl im Topf mit einer Prise Meersalz erhitzen. Erst Pancetta darin glasig auslassen, dann folgen Zwiebel, Stangensellerie und Karotte, und zwar in dieser Reihenfolge mit jeweils 2 Minuten Pause.

Dann wird Rinderhackfleisch in der glasig-fetten Masse scharf angebraten und anschließend  mit Rotwein abgelöscht. Wenn die Flüssigkeit weitgehend verdunstet ist, kommen geschälte, gewürfelte Tomaten (können auch aus dem Glas sein) und Gemüsebrühe dazu. Das Ragù anschließend mit Deckel bei schwacher Hitze zugedeckt zwei Stunden sanft köcheln lassen und ab und zu umrühren. Kurz vor Schluss noch etwas frische Vollmilch dazu, abgeschmeckt wird mit Salz und Pfeffer. Serviert wird mit Tagliatelle. Wer das mal probiert hat, wird jedenfalls eine Tüte mit „Bolognese fix“ nicht mal mehr mit der Kneifzange anfassen.     

Ragù alla Bolognese

Zutaten für vier Personen

300 g Rinderhackfleisch
150 g Pancetta
150 g Karotte
150 g Stangensellerie
2 mittelgroße Zwiebeln
500 g geschälte, gewürfelte Tomaten
¼ l trockener Rotwein
150 ml Vollmilch
400 ml Gemüsebrühe
Sonnenblumenöl
Salz, Pfeffer
800 g frische oder 400 g getrocknete trockene Tagliatelle

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