Ein kaum beachteter Küchen-Star - Endlich mal mehr Kapern wagen

Jeder kennt Kapern, und für einige wenige Gerichte gelten sie als unverzichtbar. Da geht noch mehr, meint unser Genusskolumnist. Und hat sich mal etwas genauer mit den köstlichen Strauchknospen beschäftigt. Für Einsteiger schlägt er eine Kartoffel-Lauchsuppe mit Kapern vor.

Mit Kapern lassen sich bisher unentdeckte Genüsse erleben / picture alliance
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Eigentlich sind sie allgegenwärtig, doch besondere Beachtung finden Kapern dabei nicht. Während um einige würzende Zutaten wie zum Beispiel Safran ein unglaubliches Gewese gemacht wird, ist der Umgang mit den trocken in Meersalz oder in einer Lake eingelegten Knospen eher profan. Man schraubt das kleine Glas auf, gießt die Flüssigkeit ab oder spült das Salz ab, und fügt sie einer Soße hinzu.

Ja, Knospen, denn Kapern werden geerntet, bevor sich aus den Blüten die Früchte entwickeln. Die  werden zwar auch verwendet, meistens unter der Bezeichnung Kapernäpfel. Doch sie unterscheiden sich geschmacklich, in der Konsistenz und bei der Verwendung deutlich von den Knospen, und sind in Deutschland auch weniger verbreitet.

Im Mittelmeerraum weit verbreitet

Aromatisch sind Kapern ein Unikum. Roh sind sie ungenießbar, doch durch das Einlegen oder Einsalzen entwickeln sie einen unverwechselbaren, leicht scharfen und herbwürzigen Geschmack. Feinschmecker schwören ferner auf getrocknete und manchmal auch gemahlene Kapern, die ein besonders intensives Aroma entfalten. Heimisch ist der Kapernstrauch, der ursprünglich aus den zentralasiatischen Halbwüsten stammt, vor allem im Mittelmeerraum.

Zwar ist die Pflanze recht anspruchslos, und gedeiht sowohl wild an warmen, kalkigen, trockenen Plätzen zwischen Felsen oder gar in Mauerritzen, aber auch auf Plantagen, etwa in Frankreich, Italien, Spanien, Algerien und Marokko. Entsprechend groß ist die Rolle, die Kapern in der Küche dieser Länder einnimmt. Aber mit Kälte oder gar Frost kann der Strauch überhaupt nichts anfangen, und wird deshalb in nördlicheren Regionen auch nicht kultiviert.

Nachhilfe für preußische Kulinar-Barbaren

Im Zug des regen Gewürzhandels fanden Kapern wohl schon im Mittelalter den Weg in unsere Gefilde. Für eine gewisse Popularisierung sorgten später auch die Hugenotten, die vor allem den Kulinar-Barbaren in preußischen Kernland etliche, bis dahin weitgehend unbekannte Genüsse nahebrachten. Französisch inspirierte Gerichte mit Kapern wie Frikassee und Bouletten (abgeleitet von Boule, französisch für Kugel) wurden zu Klassikern der Berliner Küche. Auch in Senfsoßen – etwa für gekochte Eier – und für Königsberger Klopse wurden Kapern zu einem wichtigen Bestandteil.

Was für die kohl-, rüben- und kartoffelsozialisierten Geschmacksprimaten in Preußen eine Art Offenbarung bedeutete, war in den europäischen Mutterländern aller Genussfreunde (Frankreich und Italien) längst fester Bestandteil sowohl der einfachen als auch der gehobenen Küche. So gehören Spaghetti alla puttanesca zu den großen Pasta-Klassikern und sind ohne Kapern genauso wenig vorstellbar, wie das edle Vitello Tonnato.

In Frankreich wissen sie Bescheid

Auch in Frankreich wurde Großes für die Kapern-Kultur geleistet. Wie etwa die Sauce Gribiche, ein aromatisches Meisterwerk, das sowohl zu gegrilltem Fleisch als auch zu Fisch und Krustentieren eine blendende Figur macht. Zum kulinarischen Kulturerbe unserer Nachbarn gehört natürlich auch die Tapenade, eine Paste aus schwarzen Oliven, Kapern, Sardellenfilets, Zitronensaft und Olivenöl, die gerne mit angeröstetem Weißbrot zum Apéritif gereicht wird. 

Überhaupt die Franzosen: Die öffnen nicht einfach achtlos irgendein Kapernglas, sondern haben die Knospen in 6 exakte Größenkategorien eingeteilt, von Nonpareilles (4 bis 7 Millimeter) bis Mifines (ab 13 Millimeter) . Grob kann man sagen, je kleiner desto feiner und je größer desto kräftiger im Geschmack. Entsprechend differenziert kann man Kapern je nach Gericht verwenden.

Kapern nie lange mitkochen

Aber man muss sich ja nicht immer im französischen oder italienischen Geschmacksolymp bewegen. Man kann auch mal mit den edlen (und dennoch äußerst preiswerten) Knospen herumexperimentieren, um ganz einfache Gerichte zu veredeln. Einen Fehler sollte man allerdings unbedingt vermeiden. Bei gekochten Speisen die Kapern immer erst ganz zum Schluss dazugeben, sonst verlieren sie ziemlich schnell von ihrem Aroma. Und es gibt gewisse Unverträglichkeiten. Mit einigen sehr geschmacksintensiven Kräutern, wie etwa Salbei, Rosmarin oder Oregano, harmonieren Kapern nicht sonderlich gut.

 

Zuletzt in „Genuss ist Notwehr“ erschienen:

 

Für Kapern-Einsteiger hätte ich jedenfalls ein Alltagsgericht im Angebot. Eine Kartoffel-Lauch-Suppe mit Einlage. Alles ganz einfach. Schalotten in feine Streifen und Lauch in Ringe schneiden. Kartoffeln schälen und grob würfeln. Butter und Öl in einem großen Topf erhitzen. Schalotten, Lauch und Kartoffeln darin glasig andünsten. Mit Wein ablöschen, mit Fond und ½ l Wasser auffüllen und unter Rühren aufkochen. Mit Salz und Pfeffer würzen.

So veredelt man Alltagsküche

Die Suppe 30 Minuten offen bei milder Hitze kochen lassen. Nach 15 Minuten Sahne zugeben. Je nach Vorliebe kann das sowohl süße als auch saure Sahne sein, oder auch gemischt. Suppe etwas abkühlen lassen, mit einem Schneidstab sehr fein pürieren, durch ein grobes Sieb streichen und zurück in den Topf geben.

Für die Einlage jetzt die Würste in feine Scheiben schneiden, Öl in einer großen Pfanne erhitzen und die Wurstscheiben bei starker Hitze braten. Lauch dazugeben und 2–3 Minuten mitbraten. Erst jetzt, und nicht länger als eine Minute die Kapern dazu geben. Suppe erwärmen, Einlage in die Suppe geben, mit Schnittlauch bestreut servieren. Fertig.

Wie gesagt: Das ist nicht die hohe Schule der Küchenkunst, sondern schmackhafte Alltagsküche. Die aber durch die Kapern einen ganz besonderen Kick bekommt. Was wiederum vielleicht Lust macht, mit den Knospen ein wenig zu experimentieren. 

Kartoffel-Lauch-Suppe mit Kapern
Zutaten für 4 Personen

Suppe
25 g Schalotten
100 g Lauch
500 g Kartoffeln
15 g Butter
1 El Öl (Sonnenblume oder Raps)
25 ml Weißwein
250 ml Gemüsefond
125 ml Sahne (süß oder sauer)
Salz, Pfeffer


Einlage
3 grobe, würzige Bratwürste (z. B. Salsiccia oder Chorizo)
25 g Kapern  
50 g Lauch
2 El Öl

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