DFB-Regelung für den Amateurfußball - Bolzplatz mit Regenbogen

Ab der kommenden Fußball-Amateursaison gilt eine neue Regel des DFB rund um trans-, inter- und nicht-binäre Personen. Die führt unter anderem dazu, dass Männer, die sich nicht als Frauen identifizieren, trotzdem für Damenmannschaften spielen dürfen. Theoretisch jedenfalls.

Amateurspiel in der Bayernliga / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Die Amateurvereine sind das Rückgrat des deutschen Fußballs. So, wie der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist. Unter dem Dach des Deutschen Fußball-Verbandes (DFB) sind rund 25.000 Fußballvereine in 26 Verbänden organisiert. Mitglieder zählte der Dachverband, Stand vergangenes Jahr, rund 7 Millionen. Davon wiederum sind nur wenige Spieler in der 1. und 2. Fußballbundesliga sowie in der 3. Liga beschäftigt. Der absolut größte Teil aller Kicker im Land sind Amateure, die ohne oder maximal für kleinere Aufwandsentschädigungen ihre Fußballschuhe schnüren. 

Für den DFB ist das natürlich super. Ihm steht ein gigantisches Versuchs- und Entwicklungslabor für lau zur Verfügung, aus dem nicht nur Vereine ihren Nachwuchs und damit die künftigen Profis rekrutieren, sondern in dem zeitgeistgetriebene Sportfunktionäre auch allerhand ausprobieren können, wogegen sich die Profivereine lautstark zur Wehr setzen würden. Und weil der DFB leider ein rückgratloser Haufen Opportunisten ist, der sich nicht einmal traute, die Nationalelf in Katar mit einer – gleichwohl albernen – „One Love“-Binde auflaufen zu lassen, muss er halt woanders zeigen, wie divers und progressiv und voll auf der Höhe der Zeit er angeblich ist. Also nicht mitteleuropäische Zeit, sondern Berliner Alternativ-Kiez-Zeit. 

Regenbogen-Clowns-PR

Zum Start der kommenden Amateurfußballsaison 2022/23 hat sich der DFB daher etwas ausgedacht, das erstens wohl kaum flächendeckend in den Vereinen umgesetzt werden wird, aber zweitens immerhin als Instrument für ein bisschen Regenbogen-Clowns-PR in eigener Sache dienlich ist. Denn während Fußball als Sport freilich viel mit Biologie zu tun hat – fragen Sie mal meinen Meniskus im linken Knie – soll das Auflaufen für eine Amateurmannschaft laut DFB künftig unabhängig von der Biologie erfolgen. Hier ein Auszug aus der Mitteilung über dieses Schmankerl deutscher Fußballverrücktheiten: 

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat eine Regelung zum Spielrecht trans*, inter* und nicht-binärer Personen verabschiedet. Die Regelung tritt zur Spielzeit 2022/2023 in Kraft und wurde für den Amateurfußball in die DFB-Spielordnung, die DFB-Jugendordnung sowie die DFB-Futsal-Ordnung aufgenommen.

Im Kern sieht die Regelung vor, dass Spieler*innen mit dem Personenstandseintrag "divers" oder "ohne Angabe" und Spieler*innen, die ihr Geschlecht angleichen lassen, künftig selbst die Entscheidung treffen können, ob ihnen die Spielberechtigung für ein Frauen- oder Männerteam erteilt werden soll. Dies gilt auch für transgeschlechtliche Spieler*innen, die nun zu einem selbstbestimmten Zeitpunkt wechseln können oder zunächst in dem Team bleiben, in dem sie bisher gespielt haben.

Mailand oder Madrid

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich für meinen Teil hätte überhaupt kein Problem damit, dass bei mir in der Hobby-Liga auch Personen auflaufen, die eindeutig biologisch weiblich sind. Also Menschen, die man früher Frauen nannte, und heute „Menschen mit Gebärmutter“ heißen oder von postfaktischen Zeitgenoss*innen längst unter dem Begriff FLINTA subsummiert werden, was laut dem höchstwissenschaftlichen Tagesspiegel-Queer-Lexikon für „Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen“ stehen soll. Genau genommen ist das, wenn ich richtig informiert bin, bei uns in der Liga sogar erlaubt, weil wir eben eine AH-Hobby-Liga sind, die manch spezielle Regel und Ausnahme kennt.

Mich stört anderes. Zum Beispiel, dass in einigen Sportarten bereits ausführlich dokumentiert ist, dass es sehr unfair sein kann, wenn ein biologischer Mann gegen biologische Frauen antritt. Denn physische Vorteile – da ist die Biologie gnadenlos – lassen sich nicht weg-identifizieren. Das hat vergangenes Jahr dazu geführt, dass der Weltschwimmverband verboten hat, dass Transgender-Frauen – ergo: biologische Männer – an Frauenwettkämpfen teilnehmen. Ausnahmen sind demnach nur noch gestattet, wenn die Geschlechtsanpassung bereits vor dem 12. Lebensjahr vollzogen wurde; körperliche Entwicklung in der Pubertät und so. 

Außerdem liefert der DFB mit seiner Regelung eine Steilvorlage für eine dann doch auch ein bisschen lustige Pointe, die gut illustriert, dass sich jene Chief Transformation Officer*in oder wer auch immer sich das beim DFB ausgedacht hat, nur einen guten Feldwegmeter weit denkt. Eine direkte Folge dieser Regelung ist nämlich, also theoretisch jedenfalls, dass – pardon, jetzt wird es etwas komplizierter – biologische Männer, die sich nicht als Frauen „identifizieren“, sondern als nicht-binär (weder das eine, noch das andere) oder gender-fluid (mal das eine, mal das andere) für Damenmannschaften auflaufen dürften. Andy Möller lässt grüßen: „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!“

Eier, wir brauchen Eier

Wissen Sie, ich würde es sehr begrüßen, wenn der Fußball etwa im Umgang mit Homosexualität endlich im 21. Jahrhundert ankommen würde. Ich befürchte allerdings, dass der DFB mit dieser Regelung genau den gegenteiligen Effekt provoziert: dass die Akzeptanz für sexuelle Minderheiten sinkt, statt steigt, weil der heterosexuelle Dorf-Peter leider dazu tendiert, alles, was schwul oder lesbisch ist, unter dem Regenbogen zu subsummieren, in dessen Interesse der DFB in genannter Angelegenheit ja angeblich regelt.
 

Cicero Gesellschaft Podcast mit Eva Engelken:
„Das ist ein Angriff auf Frauenrechte“


Außerdem ist es schon ein gewaltiger Unterschied, ob eine Person tatsächlich unter Geschlechtsdysphorie leidet, oder irgendeiner der Grünen Jugend nahestehender Fußballer der Meinung ist, er wäre auch gerne sexuelle Minderheit, und sich deshalb als „nicht-binär“ oder „gender-fluid“ bezeichnet – und künftig für eine Damenmannschaft auflaufen möchte, obwohl das offensichtlich ein bisschen verrückt ist. Ganz oder gar nicht, Sportsfreund!

Zeitgeistiger Firlefanz 

In der Praxis, sagt mir mein Bauchgefühl, wird die neue DFB-Regelung zwar ohnehin einfach in den unendlichen Weiten des Amateurfußballs verpuffen. Aber eben freilich nicht, ohne, dass darüber – wie derzeit auf Twitter, obwohl die neue Regelung schon vor Monaten verkündet wurde – heftig gestritten wird. So ist das halt, wenn man zeitgeistigem Firlefanz hinterherrennt, um auch irgendwie dabei zu sein.

Aber nicht zu sehr. Wie in Katar. Und nicht zu risikofreudig, weshalb genannte Regel auch nur für den Amateurfußball gilt. Hand aufs Herz: „Eier, wir brauchen Eier!“ (Oliver Kahn). Und das ist jetzt wirklich nicht auf ebensolche in Damenmannschaften bezogen, sondern auf den DFB und seinen Mut, der mal wieder gratis ist, und deshalb feige. 

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