Ran an den Wok - Nie wieder „China-Pfanne“

Unser Genusskolumnist hat ein Faible für die südostasiatische Esskultur. Und konstatiert seit Jahren mit Entsetzen, was einem hierzulande so alles als „asiatische Küche“ offeriert wird. Seine dringende Empfehlung: Selber kochen.

Gebratener Reis auf die asiatische Art: Nasi Goreng / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

So erreichen Sie Rainer Balcerowiak:

Anzeige

Die asiatische Küche ist aus der europäischen Esskultur nicht mehr wegzudenken. Assoziiert wird sie vor allem mit Reis, vielen exotischen Gewürzen und Gemüsen, frischer, äußerst bekömmlicher Zubereitung, oftmals Sojasoße und natürlich Currys (und nicht Curries!). Asia-Imbisse und -Restaurants sind wie Pilze aus dem Boden geschossen und in vielen Städten nahezu flächendeckend verbreitet. Das gilt auch für asiatische Lebensmittel.

Allerdings ist der Begriff „asiatische Küche“ vollkommen untauglich, ja sogar irreführend. Asien besteht aus riesigen Großregionen, die sich klimatisch, geographisch und kulturell fundamental voneinander unterscheiden. Selbst innerhalb dieser Regionen gibt es riesige Unterschiede, sei es in Süd-, Südost- Ost- oder Zentralasien oder in China, was sich quasi in der Mitte befindet. Schließlich würde auch kein vernünftiger Mensch von einer „europäischen Küche“ sprechen, und selbst mit „deutscher Küche“ kommt man nicht allzu weit, wenn man etwa an die Nordseeküste und Niederbayern als kulinarische Pole denkt.

Zwischen Eierreis und „China-Pfanne“

Was bei uns als „asiatische Küche“ angekommen ist, bezieht sich – zumeist deutlich verwässert – auf einige Regionen in Südostasien (vor allem Thailand und Vietnam), Südasien (Indien) und einige chinesische Provinzen. Vieles wurde mehr oder weniger vereinheitlicht, durch standardisierte Gewürzmischungen nebst dem berüchtigten Geschmacksverstärker Glutamat. Heraus kommen dann zum Beispiel „Klassiker“ wie der Imbiss-Hit „China-Pfanne“, basierend auf gebratenem Reis und wahlweise mit Hühnerfleisch und Gemüse oder nur mit Gemüse. Auch „Eierreis“ und „gebratene Nudeln“ mit optionalen Beilagen gehören in diese Kategorie. Und natürlich „Chop Suey“, was allerdings in China schlicht nicht existiert.

Ernährungssoziologe beklagt „dösbaddelige Konsumenten“

„Das Problem liegt, neben einem nur rudimentär entwickelten Geschmacksbewusstsein, in der mangelhaften ernährungskulturellen Aneignung“, sagt dazu der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl. Denn mit dem „an sich fruchtbaren Zustand, dass auf der Welt viele spannende Kulturen miteinander in Kontakt kommen, wird sträflich umgegangen.“ Stattdessen gebe es „diejenigen, die mit einer schlechten gastronomischen Kopie des kulinarischen Originals eine schnelle Mark machen wollen“. Aber eben auch „dösbaddelige Konsumenten, die mehr auf Labels denn auf Inhalte achten“.

Da müssen wir natürlich gegenhalten und begeben uns auf die Spur eines Klassikers der indonesischen Küche, der sich – wenigstens den Namen betreffend – auch hierzulande großer Beliebtheit erfreut: Nasi Goreng, was ja übersetzt schlicht gebratener Reis bedeutet. Wie in vielen Fällen gibt es auch bei Nasi Goreng nicht das ultimative Originalrezept, da es sich traditionell um eine Art preiswertes Resteessen handelt, das vor allem von den in vielen asiatischen Metropolen allgegenwärtigen Garküchen angeboten wird. Aber wer von dem simulierten „Asia-Streetfood“ und den vorgewürzten Fertiggerichten die Nase voll hat, sollte sich mal am heimischen Herd an die Zubereitung machen – und wird den Unterschied merken.

Keine Kompromisse bei der Zubereitung

Für das Gelingen eines anständigen Nasi Goreng spielen die exakte Einhaltung der Reihenfolge der Arbeitsschritte eine entscheidende Rolle – und natürlich einige Zutaten, die man keinesfalls durch „vergleichbare Produkte“ ersetzen sollte. Es MUSS Erdnuss- oder Sesamöl sein und keinesfalls Sonnenblumenöl oder Ähnliches. Es MUSS eine qualitativ hochwertige, natürlich gebraute, helle Sojasoße sein, und nicht die weiter verbreiteten dunklen Varianten. Und es MUSS Sambal Oelek als Würzpaste sein, und nicht irgendwas X-Beliebiges aus dem Asia-Regal.

Und jetzt ran an den Wok. Denn der hat den Vorteil, das man alle Arbeitsschritte quasi in einem Durchgang machen kann, weil man die einzeln zubereiteten Bestandteile einfach am Rand parken kann. Da aber nicht jeder einen Wok hat, nehmen wir heute eine große Pfanne und parken die Zwischenprodukte auf Tellern oder Schüsseln. Hier wird schließlich inklusiv gekocht.  

Alles schön der Reihe nach

Los geht‘s. Reis kochen und ausdampfen lassen. Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden (auch das Grün), Knoblauch grob hacken. Chilischote entkernen und in feine Streifen schneiden, Möhren auch, Hähnchenfilet in mundgerechte Stücke. Optional kann ferner auch Staudensellerie verwendet werden. Eier mit heller Sojasoße und Sambal Oelek mit einer Gabel gut vermengen.

Öl im Wok oder der Pfanne stark erhitzen, das Gemüse kurz braten, dann herausheben (Im Wok kann man es einfach an den oberen Rand schieben). Im verbliebenen Öl (wenn nötig noch etwas dazugeben) die Filetstücke braten und ebenfalls herausheben. Jetzt die Eimasse in dem Öl stocken lassen, herausheben. Zu allerletzt dann den gekochten Reise anbraten. Alle anderen Zutaten dazugeben, gehackten Koriander unterrühren, bei Bedarf mit Sambal Oelek und Sojasoße abschmecken. Fertig.

Und wer auf die bescheuerte Idee mit den Röstzwiebeln gekommen ist, die dann oft noch darüber gestreut werden – keine Ahnung. Die Geschmackspolizei fahndet noch, aber eines ist sicher: Aus Indonesien kamen die nicht.  
     
Nasi Goreng

Zutaten für 4 Personen

400 g gekochter Basmati-Reis (ca. 130 g Trockengewicht)

250 g Hähnchenbrustfilet

4 Frühlingszwiebeln

3-4 Eier

1 große Möhre

1 Chilischote

2 Knoblauchzehen

Helle Sojasoße, Sambal Oelek, Erdnuss- oder Sesamöl

Anzeige