Antisemitismus bei der Deutschen Welle - Imageschaden abwenden

Die Deutsche Welle beschäftigt Mitarbeiter, die durch antisemitische Äußerungen aufgefallen sind. Erst nachdem dies öffentlich bekannt wurde, will der steuerfinanzierte Auslandssender die Vorgänge untersuchen lassen. Mit dieser Art der Schadensbegrenzung steht die Deutsche Welle unter den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht allein da.

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Ingo Way ist Chef vom Dienst bei Cicero Online.

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Die Deutsche Welle (DW) hat ein Antisemitismusproblem. Der deutschsprachige Auslandssender beschäftigt mehrere Mitarbeiter in arabischen Ländern, die in den vergangenen Jahren in Zeitungen und sozialen Medien israelfeindliche und antisemitische Äußerungen gepostet haben. Dies enthüllte die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 30. November. Die meisten dieser Postings wurden zwar inzwischen gelöscht, doch hatte die SZ sie vorsorglich als Screenshots gesichert. So soll etwa der Leiter des DW-Korrespondentenbüros in Beirut, Bassel Aridi, im Juni 2014 auf Twitter geschrieben haben: „Jeder, der mit den Israelis zu tun hat, ist ein Kollaborateur und jeder Rekrut in den Reihen ihrer Armee ist ein Verräter und muss hingerichtet werden.“ Leiter des Beirut-Büros ist Aridi allerdings erst seit 2019; die DW hat sich offenbar nicht genauer angesehen, wen sie da zum Büroleiter gemacht hat.

Daoud Ibrahim, ein Trainer der DW-Akademie, twitterte der SZ-Recherche zufolge unter anderem „Der Holocaust ist eine Lüge“ und „IsraHELL“. Sein Bruder Mohamed Ibrahim, stellvertretender Hauptabteilungsleiter von DW Arabia, arbeitete in den 90ern für die der faschistischen Syrischen Sozialen Nationalistischen Partei (SSNP) nahestehende libanesische Zeitung Al-Diyar und schrieb nach Beginn seiner Tätigkeit für die DW für die der libanesischen Terrororganisation Hisbollah nahestehende Publikation Al-Akhbar. Und der DW-Redakteur Morhaf M. leugnete, als wäre das alles noch nicht genug, auf Facebook den Holocaust.

Austausch der Kulturen fördern

Eine wahrhaft illustre Mitarbeiterschar hat der aus Steuergeldern finanzierte hochoffizielle Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland da, dessen Aufgaben sogar in einem eigenen Gesetz festgeschrieben sind, dem „Gesetz über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts ,Deutsche Welle‘ (Deutsche-Welle-Gesetz – DWG)“. Darin heißt es in §4 („Ziele“): „Die Angebote der Deutschen Welle sollen Deutschland als europäisch gewachsene Kulturnation und freiheitlich verfassten demokratischen Rechtsstaat verständlich machen. Sie sollen deutschen und anderen Sichtweisen zu wesentlichen Themen vor allem der Politik, Kultur und Wirtschaft sowohl in Europa wie in anderen Kontinenten ein Forum geben mit dem Ziel, das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu fördern“, in §5 („Programmgrundsätze“): „Die Deutsche Welle hat in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen“ und in §6 („Unzulässige Angebote. Jugendschutz“): „Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote unzulässig, wenn sie … zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“. Diese Grundsätze sollten, möchte man meinen, doch wohl auch für das Verhalten der Mitarbeiter gelten, auch dann, wenn es sich um außerdienstliche Aktivitäten handelt.

Zwar will die Deutsche Welle die Vorwürfe jetzt überprüfen lassen – „Auf Anordnung des Intendanten wird die DW umgehend eine unabhängige externe Untersuchung beauftragen“, versicherte ein DW-Sprecher – und kündigt an, gegebenenfalls personelle Konsequenzen zu ziehen. Doch fragt man sich, warum der Sender diesbezüglich erst tätig wird, nachdem die Sache öffentlich wurde, und nicht von vornherein auf Mitarbeiter verzichtete, die für Inhalte stehen, die dem eigenen, gesetzlich festgelegten Auftrag diametral entgegengesetzt sind. So sieht es jedenfalls danach aus, als wolle man, so gut es geht, Schadensbegrenzung betreiben, da einem nichts anderes übrig bleibt, nachdem man mit heruntergelassener Hose erwischt wurde.

Wunsch nach Diversity

Mit diesem Verhalten steht die Deutsche Welle nicht allein unter den öffentlich-rechtlichen Sendern, die in ihrem Wunsch, möglichst divers, multikulturell und antirassistisch rüberzukommen, gerne ein Auge zudrücken, wenn die Aushängeschilder solcher Diversität ihrerseits wenig Neigung zu Toleranz und Vielfalt verspüren. Der WDR etwa wollte die Wissenschaftssendung „Quarks“ zunächst von der Journalistin Nemi El-Hassan moderieren lassen, die durch ihre Teilnahme an der antisemitischen Al-Quds-Demonstration im Jahr 2014 und durch israelfeindliche Wortmeldungen in sozialen Medien aufgefallen war, und trennte sich erst dann von ihr, als sich die öffentliche Kritik nicht mehr überhören ließ. Und das ZDF beschäftigte für die Serie „Barrys Barbershop“ die Comedy-Autorin Feyza-Yasmin Ayhan, die 2015 auf einer Veranstaltung der mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas verbundenen „Deutschen Jugend für Palästina“ unter anderem gesagt hatte: „Das, was Israel in Palästina vernichtet hat, wird nicht sterben, und das, was Israel in Palästina errichtet hat, wird keine Sekunde leben.“ Hier musste sich erst der Zentralrat der Juden zu Wort melden, bevor das ZDF sich überhaupt zu dem Vorgang äußerte. Der Privatsender MTV Germany hatte Ayhan übrigens bereits wegen ihrer antisemitischen Äußerungen gefeuert, bevor sie für das ZDF tätig wurde.

In all diesem Fällen wurde der jeweilige Sender erst nach massiver öffentlicher Kritik tätig, um sich dann halbherzig zu distanzieren. Dabei hat man den Eindruck, es ginge eher um die Reparatur des Imageschadens als um tatsächliche Einsicht. Auch Nemi El-Hassan wurde vom WDR letztlich nicht wegen ihrer antisemitischen Äußerungen vor die Tür gesetzt, sondern deswegen, weil sie in einem Beitrag für die Berliner Zeitung ihren prospektiven Arbeitgeber kritisiert hatte. Ersteres scheint für die Öffentlich-Rechtlichen eine lässliche, letzteres hingegen eine Todsünde zu sein.

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