Susanne Eisenmann - Die eiserne Nanni der Südwest-CDU

Gegen den populären grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann bietet die Südwest-CDU Susanne Eisenmann auf. Die einen beschreiben sie als zupackend, die anderen als brutal. Die Partei immerhin steht so geschlossen hinter ihr wie lange nicht mehr.

Susanne Eisenmann: „Politiker dürfen nicht wie ein Pudding schwer an die Wand zu nageln sein“ / Thomas Koehler
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Katja Korf ist landespolitische Korrespondentin bei der Schwäbischen Zeitung.

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Freunde nennen sie Nanni. Doch passen will der Kosename für Susanne Eisenmann, Kultusministerin in Baden-Württemberg und Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen 2021, nicht. Warum, zeigt eine Anekdote aus dem Kloster Schöntal, wo sich die Südwest-CDU an jedem Jahresbeginn zur Klausur trifft. 

Es war 2017, in ihrem ersten Jahr als Kultusministerin der grün-schwarzen Landesregierung. Die CDU hatte zwei Landtagswahlen verloren, war erstmals nicht stärkste Kraft im Ländle. Um mal wieder klare CDU-Kante zu zeigen, hatte der junge Generalsekretär Manuel Hagel zum Auftakt ein paar medienwirksame Thesen zur Bildungspolitik aufgestellt. Eisenmann hielt davon nichts. Am Tag danach liefen Hagel und sein engster Mitarbeiter übernächtigt durchs Kloster. „Die Nanni hat uns in der Klosterschänke erwischt“, so die Erklärung. 

Zwischen zupackend und brutal

Hocken, wie man im Ländle sagt, das kann sie. Lange sitzen, bei einem Viertele Wein verhandeln, Netzwerke knüpfen. „Wenn man einen neuen Vorschlag macht, hört sie zu. Kennt sie den Vorschlag und hat ihn schon verworfen, merkt man sofort, dass nichts zu holen ist“, beschreibt ein CDU-Abgeordneter ihren Stil. Gelernt hat sie das als Büroleiterin von Günther Oettinger, Ministerpräsident von 2005 bis 2010, und in über 20 Jahren Kommunalpolitik in Stuttgart. 

Ihr Durchhaltevermögen ist eine jener Eigenschaften, auf die sie im Rennen gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann setzt. Das CDU-Lager betont bei jeder Gelegenheit: Eisenmann habe absolut nichts gegen nächtelange Verhandlungen mit den Grünen, aber der Ministerpräsident wolle immer früh ins Bett. Eisenmann ist 55, Kretschmann 71. Tatsächlich ist sie ein anderer Typ als der gerne philosophierende Grüne. Zupackend, energiegeladen, ungeduldig – so formulieren es jene, die ihr Gutes wollen. Politische Gegner wie die Lehrergewerkschaft GEW beschreiben ihren Politikstil als kompromisslos, ja brutal. Wer bei Tempo und Ton nicht mithalte, habe ein Problem, heißt es aus ihrem Ministerium.

„Brutal – ja, das passt eben gut in eine Erzählung“, sagt Eisenmann. Sie sitzt vor dem Plenarsaal des Landtags auf einem Sofa. Ganz vorne auf der Kante. „Ich gehe auf Menschen zu, diskutiere mit ihnen, rede mit ihnen“, sagt sie. Und ja, „Diskutieren ist bewusst vorn in der Reihe. Bei mir weiß man, was man hat. Politiker dürfen nicht wie ein Pudding schwer an die Wand zu nageln sein.“ Die Debatte gehöre dazu, aber auch der Kompromiss. „Wenn das bei mir nicht so wäre, würde ich Konflikte nicht abräumen. Und das schreibt man mir ja auch zu.“

Die Fraktion steht hinter ihr

Als Schulbürgermeisterin von Stuttgart machte sie ihrer CDU zu viele Kompromisse. Als die Grünen im Land Gemeinschaftsschulen zuließen und Eltern sich diese in Stuttgart wünschten, schuf Eisenmann sie. „Da hatte ich mit den eigenen wirklich manchmal mehr Probleme als mit den anderen“, sagt sie. „Aber die CDU muss wieder besser darauf hören, was die Menschen wollen.“

Doch Eisenmann weiß auch, dass man es gegen die Partei nicht schafft. Deshalb setzte sie viel daran, die selbstbewusste Landtagsfraktion hinter sich zu bringen. Viele Parlamentarier beäugten sie misstrauisch, weil Eisenmann es dank ihres Freundes Thomas Strobl, Regierungsvize im Südwesten, ohne Landtagsmandat direkt an den Kabinettstisch geschafft hatte. Aber sie verschaffte sich den nötigen Rückhalt – unter anderem, indem sie als Kultusministerin rasch grüne Lieblingsprojekte wie das Schreiben nach Gehör beendete und sich für das gegliederte Schulsystem starkmachte. 

Botschaft an Friedrich Merz

Seit Frühjahr 2019 ist klar, dass ihre Partei sie ins harte Rennen gegen Kretschmann, Deutschlands beliebtesten Ministerpräsidenten, schickt. Die Mission Ministerpräsidentin bereitete die Stuttgarterin auf die ihr eigene Art vor. Eigentlich lief alles auf Strobl zu. Doch der CDU-Bundesvize agierte als Innenminister oft ungeschickt, die interne Kritik wuchs. In langen Gesprächen versuchte Eisenmann, ihren Freund Thomas vom Verzicht auf die Spitzenkandidatur zu überzeugen. Das Verhältnis der beiden ist heute professionell, aber nicht mehr.

Seit Eisenmanns Kür wirkt die CDU in Baden-Württemberg geschlossen wie lange nicht. Ihre Handschrift ist erkennbar, etwa im besser koordinierten Auftritt der CDU-Ministerien. Dazu gehört das klare Bekenntnis des Führungstrios Eisenmann, Strobl und Hagel zu Friedrich Merz als CDU-Bundeschef. Daran regt sich zwar leise Kritik aus den eigenen Reihen. Doch lavieren wollte Eisenmann nicht. Und sie hat gleich eine Botschaft an den Sauerländer: Mit Rezepten von gestern gehe es nicht, sie erwarte neue Antworten auf aktuelle Fragen. Das traue sie Merz natürlich zu, ergänzt sie. Erst ganz Eisenmann, dann ein bisschen Nanni.
 

 

 

Dieser Text stammt aus der Mai-Ausgabe von Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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