Schattenhaushalte und Rekordverschuldung - Der Schatz des Scholz

In zwei Nachtragshaushalten nimmt der Bund nach einer Phase der Enthaltsamkeit Rekordsummen an neuen Schulden auf. Zugleich bunkert der Finanzminister Milliarden in Nebenhaushalten. Warum ist das so?

Bunkert Olaf Scholz gezielt Geld für die Zeit des Wahlkampfes und danach? / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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In unserem Garten wachsen jedes Frühjahr ein paar Walnussbäume an den entlegensten Stellen. Das Eichhörnchen hat die Nüsse vom Nachbarbaum gepflückt, im Herbst als Wintervorräte angelegt und dann vergessen.

Finanzminister Olaf Scholz ist das Eichhörnchen dieser Bundesregierung. Er hat in seinem Haushalt an einigen Stellen Geld gebunkert, das damit aus den Augen und aus dem Sinn sein soll. Zuvorderst eine so genannte Asyl- und Flüchtlingsrücklage von knapp 50 Milliarden Euro. 

Rüge vom Rechnungshof

Dennoch hat der Bundestag vergangene Woche einen zweiten Nachtragshaushalt mit der Gesamtrekordsumme einer Neuverschuldung von insgesamt knapp 220 Milliarden Euro beschlossen. Das klingt einigermaßen absurd. Im laufenden Haushalt schlummern die Milliarden in den Schatzkammern des Olaf Scholz, und der Bund verschuldet sich gleichwohl bis über alle Ohren. Dem Bundesrechnungshof ist diese Merkwürdigkeit auch schon aufgefallen, und er hat dagegen protestiert. Der Protest hat sich versendet, eine echte Handhabe haben die Prüfer aus Bonn nicht. Sie können nur anmahnen. 

Dabei ist das, was da läuft, eine ziemliche Sauerei. Es gab einmal eine Zeit, da war die Schwarze Null fast zum Fetisch geworden, der ausgeglichene Haushalt sollte das Markenzeichen eine Kanzlerin sein, die das Prinzip der Schwäbischen Hausfrau zum Leitmotiv eines Staatshaushaltes machte. 

Seriöser war es allemal 

Man kann darüber streiten, ob die Haushaltskasse einer Hausfrau (ist das eigentlich nicht eine diskriminierende Formulierung, nebenbei bemerkt?) das Maß der Dinge für den Etat und die Etatführung eines Staates war. Aber seriöser als das, was gerade läuft, war es allemal. 

Corona hat alle Hemmungen und Hemmnisse fahren lassen. Die Schuldenbremse im Grundgesetz? Ausgesetzt wegen Naturkatastrophe (was möglich ist und richtig). Die schwarze Null: perdu. Stattdessen die Rekordzahl von knapp 220 Milliarden Euro neuer Schulden aus zwei Nachtragshaushalten. 

Und dann auch noch die Grundrente

Plötzlich geht alles sanft und easy, was sonst nie ging. Und Geschenke werden auch noch finanziert. „Wir können uns das leisten“ erdreistet sich Arbeitsminister Hubertus Heil zur beschlossenen Grundrecht zu sagen, just an dem Tag, an dem der Schuldensack verdoppelt wurde.
1,3 Millionen Grundrentner beglücken für einen mutmaßlich zweistelligen Milliardenbetrag aus dem Steuersäckel und einem Hirngespinst einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die in diesem Leben jedenfalls nicht mehr kommt. 

Die Argumentation, warum man Milliarden bunkert und gleichzeitig hunderte Milliarden an neuen Schulden aufnimmt, klagt derweil hanebüchen: Weil es so billig sei, Geld aufzunehmen. Mit der gleichen Argumentation hatten in der ersten Börsenblase Privatleute der Telekomaktie billiges Geld von der Bank geliehen, indem sie auf Pump Aktien gekauft hatten. Das Desaster kam absehbar. 

Schwäbische Hausfrau war gestern

Man sollte sich hier deshalb nicht für blöder verkaufen lassen, als jeder einigermaßen vernunftbegabte Mensch ist. Was Eichhörnchen Scholz hier macht, das ist das gezielte Bunkern von Geld für die Zeit des Wahlkampfes und danach. Er möchte, so er denn Kanzlerkandidat der SPD wird, damit die Wahlversprechen finanzieren, mit denen er seinen Wahlkampf bestreiten möchte. Er ist der Hüter des verborgenen Schatzes, nur er kennt die Elfen, in denen er liegt.

Für Wahlgeschenke kann man bekanntlich keine neuen Schulden machen. Für Corona dagegen schon. Daher wird hier so unverantwortlich verfahren. Und der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut. Offenbar hat Angela Merkel, die Mutter des Prinzips der Schwäbischen Hausfrau, nicht mehr die Ambition, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Oder sie sieht nicht, was ihr Vizekanzler und potenzieller Wettbewerber eines nächsten Unionskanzlerkandidaten da veranstaltet. Wenn das so bleibt, werden aus den vergrabenen Schätzen des Olaf Scholz Bäume wachsen. Zu Lasten der Allgemeinheit, zugunsten der SPD. Parteipolitik und Wahlkampf mit Hilfe von Staatsknete, man sollte dem listigen Eichhörnchen im Finanzministerium diese durchschaubare Nummer nicht durchgehen lassen. 
 

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