Esken über einen Kanzlerkandidaten Scholz - Wer solche Vorsitzenden hat, braucht keine Feinde mehr

„Grundsätzlich keine Probleme“ soll die SPD-Vorsitzende Saskia Esken mit einem eventuellen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz haben. Mit dieser Form der „Unterstützung“ zeigen die Sozialdemokraten, wie wenig sie selbst an einen Wahlsieg glauben.

Olaf Scholz, Saskia Esken: nicht gerade überzeugt / dpa
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Marko Northe hat die Onlineredaktion von cicero.de geleitet. Zuvor war er Teamleiter Online im ARD-Hauptstadtstudio und Redakteur bei der "Welt". Studium in Bonn, Genf und Berlin sowie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 

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„Stets bemüht“ ist so eine Formulierung, die in einem Arbeits- oder Schulzeugnis mit die größtmögliche Vernichtung des Beurteilten darstellt. Sie deutet zwar eine Lern- und Arbeitsbereitschaft an, die allerdings zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis geführt hat – kurz, der Betreffende war einfach zu dumm für seinen Job.

Die SPD hat sich in den letzten Jahren zu einer Partei entwickelt, in der gerade den Hoffnungsträgern immer wieder gern solche Zeugnisse von den eigenen Genossen ausgestellt werden. Andrea Nahles war „stets bemüht“, Martin Schulz ebenso. Die derzeitigen SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten den Stempel „stets bemüht“ bereits aufgedrückt bekommen, bevor sie überhaupt im Willy-Brandt-Haus Platz nehmen konnten.

Weitgehend egal

„Eskabo“ sind allerdings auch selbst gut darin, anderen unliebsamen Genossen vernichtende Zeugnisse auszustellen. Zum Beispiel Olaf Scholz, mit dem Saskia Esken laut Handelsblatt „grundsätzlich keine Probleme“ als Kanzlerkandidat hätte. Das klingt nun nicht gerade so, als sei sie überzeugt von einem Bundestagswahlkampf mit dem jetzigen Vizekanzler an der Spitze.

„Grundsätzlich keine Probleme“ hat man schließlich mit Dingen, die einen nicht gerade begeistern, die einem allerdings auch weitgehend egal sind. Esken definiert im Gespräch mit dem Handelsblatt zwar ihre Ansprüche an einen SPD-Kanzlerkandidaten:  „Ein Kanzlerkandidat muss Regierungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ausstrahlen und eine Vision für die Entwicklung einer Gesellschaft haben, die glaubhaft sozialdemokratisch ist und Zuversicht schafft.“ Auf Scholz dürften sogar in Eskens Augen zumindest die Punkte Regierungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zutreffen, denn im Unterschied zu ihr ist Scholz schon lange in Regierungsverantwortung. 

Warme Worte

Gegenüber der Welt am Sonntag fand Esken dementsprechend warme Worte für ihn. Nachdem er und seine Mitstreiterin Geywitz die Vorsitz-Wahl gegen Esken und Walter-Borjans verloren hatten, sei er ihr erster Gesprächspartner gewesen: „Seither arbeiten wir zunehmend eng und vertrauensvoll zusammen. Er ist ein verlässlicher Partner und ein sehr kompetenter Finanzminister und Vizekanzler, der bei den Bundesbürgern ein hohes Ansehen genießt.“

Was allerdings den Punkt „glaubhaft sozialdemokratische Vision“ angeht, dürfte die SPD-Vorsitzende nicht so überzeugt davon sein, dass Scholz sie mitbringt. Zu sehr steht Scholz für die Große Koalition und das „Establishment“, von dem sich Esken und Walter-Borjans abgrenzen wollen. Und sie sind es der Mehrheit der SPD-Mitglieder, die sie gewählt hat, ja auch immer noch schuldig, sich von beidem – der GroKo und dem Establishment – zu befreien.  

Wahlen gewinnt man so nicht

Die eleganteste Lösung wäre für Esken und Walter-Borjans dementsprechend immer noch Rolf Mützenich, der links genug ist, um das Lager der SPD-Vorsitzenden zufriedenzustellen, aber unscheinbar genug, um die Partei nicht zu spalten. 

Wahlen gewinnt man so nicht. Doch diesen Anspruch scheinen die beiden Parteichefs eh nicht zu haben. Wer über mögliche Kanzlerkandidaten so lustlos spricht, der zeigt, dass er sich sowieso keine Chancen auf das Kanzleramt ausrechnet. Esken und Walter-Borjans kann man angesichts dessen nicht einmal das Zeugnis „stets bemüht“ ausstellen. Denn bemüht scheinen sie nun wirklich nicht zu sein. 

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