Rechtsextremismus im Kommando Spezialkräfte - AKK schließt KSK: Ein Armutszeugnis

Die faktische Stilllegung der Elitetruppe von Calw durch die Verteidigungsministerin offenbart einmal mehr das verschämt-schwierige Verhältnis Deutschlands zu seiner Armee. So mutig und beherzt, wie Kramp-Karrenbauers Schritt aussieht, ist er nicht.

Annegret Kramp-Karrenbauer: Ausdruck von Führungsversagen, die Truppe faktisch aufzulösen / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Das rechtsextreme Eigenleben einer Einsatzkompanie der Elitetruppe KSK der Bundeswehr hat ein Ende. Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat kurzerhand die ganze betreffende Kompanie dichtgemacht. Darüber hinaus wurde verfügt, im Auslandseinsatz befindliche Soldaten des Kommandos Spezialkräfte unverzüglich abzuziehen. 

Was wie ein beherzter und mutiger Eingriff aussieht, ist in Wahrheit ein Armutszeugnis. Wenn die Ergebnisse einer Untersuchung des Militärischen Abschirmdienstes ergeben hat, dass sich da in Calw ein Saustall gebildet hat (Schweinskopfweitwurf mit einer Frau als Hauptgewinn soll zu den Ritualen gehört haben), dann ist das Ausdruck furchtbaren Führungsversagens. Es ist aber ebenso Ausdruck von politischem und militärischem Führungsversagen, die Truppe faktisch aufzulösen. Aufräumen ist in der Tat anstrengender als Zumachen. Aber sinnvoller. 

Verschämt totgeschwiegen

Mit dem KSK hatte sich die Bundeswehr Respekt in den Armeen der Nato-Verbündeten verschafft. Lange Jahre galt das deutsche Heer dort als Gänseblümchenarmee, die sich vor den wirklich gefährlichen Sachen drückt und lieber Logistik und Nachschub übernimmt. Das hatte sich mit dem KSK geändert. Die Mär, dass die Kämpfer dieser Truppe in Wahrheit nie zum Zuge kamen, liest sich schön, ist aber falsch. 

Wahr ist, dass man über ihre Einsätze nie geredet hat, im Unterschied zu anderen Ländern. Angeblich aus Sicherheitsgründen. Tatsächlich, weil man sich in Deutschland eher schämt als darauf stolz auf deren Leistungen und Fähigkeiten zu sein wie etwa die USA auf ihre Navy Seals. Schon die deutschen Tornadosoldaten über Serbien mussten erleben, dass sie auf ihrem Startflughafen im italienischen Piacenza beim Abflug bejubelt wurden, in ihrer Heimat aber verschämt totgeschwiegen wurden. Obgleich sie ihre Einsätze ebenso unter Lebensgefahr geflogen sind wie ihre Kameraden aus Partnerarmeen.

Falsch verstandener Korpsgeist

Dass in eine Truppe dieser Art nicht in erster Linie Pazifisten und dialektische Hegelianer gehen, liegt in der Natur der Sache. Dass in der Bundeswehr sehr leicht menschenverachtende Rituale Raum greifen, ein falsch verstandener Korpsgeist zu einer Art Omerta darüber führt, weiß jeder, der als einfacher Wehrpflichtiger bei der Truppe war. Eine Kaserne ist eine eigene, oft abgeschottete Männerwelt (trotz der Frauen, die inzwischen auch da sind). Je härter die Truppe, desto härter die Rituale. Schon bei den Fallschirmjägern geht es robuster zu als in einer Elektro-Instandsetzungskompanie, deren einfache Soldaten vor allem Fernschreiber fetten.

Also kann sich jeder, der auch nur als einfacher Wehrpflichtiger die Nase in diese Kasernenwelt gesteckt hat, vorstellen, wie extrem sich das in einer Elite-Kampfeinheit wie dem KSK verselbständigen kann. Um wie viel mehr müssen das alle militärischen Vorgesetzten bis hin zur politische Führung des Ministeriums darum wissen. Und sind deshalb allesamt gefordert, dem ersten Anzeichen eines Ausartens Einhalt zu gebieten.

Stiefmütterlich behandelt

Das ist hier nicht passiert. Die Vorgänge sind deshalb nicht nur eine Schande für die Täter, sondern insbesondere für die Vorgesetzten, die entweder nicht hin- oder weggeschaut haben. Eine echte Lösung wäre gewesen, alle Soldaten, die sich daneben benommen haben, vom Dienst zu suspendieren und ein Sonderkommando aus, sagen wir, überzeugungsstarken Führungskräften zu installieren, die den Saustall von Calw ausgemistet und den Ungeist dort ausgetrieben hätten. 

Jetzt aber das KSK faktisch stillzulegen ist in etwa so, als bringe man ein Auto zum Schrott, weil zwei Reifen platt sind. In Deutschland macht sich Wohlgefühl breit. Im Ausland halten sie sich die Bäuche vor Lachen. 

Vor einiger Zeit hat Friedrich Merz zu Recht darauf hingewiesen, dass in Polizei und Bundeswehr die AfD große Erfolge feiere, weil die anderen Parteien diese Sicherheitsorgane stiefmütterlich behandeln. Die letzten Wochen waren nicht dazu angetan, in beiden Institutionen das Vertrauen in die etablierte Politik zu stärken. Die Aktion der AKK zuallerletzt.   

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