Blamage für Hessens CDU-Generalsekretär Pentz - Liebesgrüße an die Linke

Die Lobeshymne des hessischen CDU-Generalsekretärs Manfred Pentz auf die neue Parteichefin der Linken, Janine Wissler, geht nach hinten los. Das Verständnis in den eigenen Reihen hält sich in Grenzen. Und der Stuhl von Pentz wackelt. Nicht ausgeschlossen, dass er bald ganz umkippt.

Doch keine so gute Idee. Manfred Pentz gratulierte Janine Wissler zum neuen Co-Vorsitz der Partei Die Linke. / dpa
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Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Janine Wissler, die neue Co-Vorsitzende der Partei Die Linke, verkörpert alles, was bei Unionspolitikern eigentlich Abscheu und Empörung auslöst: Sie gehört einer linksradikalen Partei an, mit der die CDU jede Zusammenarbeit kategorisch ausschließt, sie war bis vor kurzem als bekennende Trotzkistin in dem vom Verfassungsschutz beobachteten Netzwerk „Marx 21“ aktiv, sie hält den Kapitalismus für unmenschlich, sie will für die klassenlose Gesellschaft nicht nur im Parlament, sondern auch auf der Straße kämpfen. Kurzum: Wissler steht für eine andere Republik.

Überraschende Lobeshymne 

Doch kaum war sie am Samstag gewählt, ließ Manfred Pentz, Generalsekretär der hessischen CDU, verbal rote Rosen regnen und gratulierte der Hessin Wissler auf das Herzlichste. Mit Wissler habe die Linke „eine geschliffene Rednerin und charismatische Persönlichkeit an die Doppelspitze gewählt. Sie hat sich als engagierte Oppositionspolitikerin im Hessischen Landtag einen beachtlichen Ruf erarbeitet“, flötete er. Dann erwähnte Pentz – sozusagen pflichtgemäß –, dass die so Gepriesene zwar „Kommunistin und Trotzkistin“ sei, aber in Berlin „ihren Weg gehen“ werde.

Was für eine Lobeshymne auf eine Linke, die selbst in der eigenen Partei links steht. Und das ausgerechnet von der CDU! Und ausgerechnet noch aus Hessen, wo die Union von ihren Gegnern gerne als „Stahlhelmverband“ geschmäht wird, und wo deren Ex-Vorsitzende Alfred Dregger, Manfred Kanther und Roland Koch in der Bundes-CDU für den konservativen Flügel standen. Ob mit dem CDU-Generalsekretär der Nationalstolz durchging, weil jetzt auch „die Kommunisten“, wie die Linkspartei in Unionskreisen gern genannt wird, von einer waschechten Hessin angeführt werden? Oder wollte er seine CDU, die seit 2013 geräuscharm und erfolgreich zusammen mit den Grünen regiert, in ein noch progressiveres Licht tauchen? Oder hatte Pentz schlichtweg einen „black out“?

„Extremisten gratuliert man nicht“ 

Rational erklären lassen sich diese Liebesgrüße nach links jedenfalls nicht. Die wichtigste Aufgabe eines Generalsekretärs ist es nämlich, von morgens bis abends zu erklären, dass die eigene Partei alles richtig macht, während die anderen alles falsch machen. Jubelarien auf die politische Konkurrenz sind in der Arbeitsplatzbeschreibung von Parteimanagern nicht vorgesehen, und zwar bei allen Parteien nicht.

Die CDU-Hymne auf Wissler passt noch aus einem viel gravierenderen Grund nicht ins Bild: Die CDU hat wiederholt jede Zusammenarbeit mit der umbenannten SED kategorisch ausgeschlossen, im Bund wie auch in Hessen. Und es ist nicht bekannt, dass der hessische Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende Volker Bouffier die Linkspartei zu den staatstragenden demokratischen Kräften zählt. Es spricht also alles dafür, dass in der Hessen-Union die Pentz-Kritik des stellvertretenden Generalsekretärs der CSU, Florian Hahn, geteilt wird: „Extremisten gratuliert man nicht.“ 

Das blinde linke Auge

Jedenfalls bleibt an der hessischen CDU hängen, dass ihr Generalsekretär offenbar auf dem linken Auge nicht mehr richtig sieht. Oder hätte Pentz auch eine Glückwunschadresse verfasst, wenn ein hessischer AfD-Politiker in ein hohes Parteiamt auf Bundesebene aufgestiegen wäre?

Jetzt, bei seiner Hervorhebung der „charismatischen Persönlichkeit“ Wisslers, hat Pentz bei den anderen Parteien und in den meisten Medien nur Spott und Häme geerntet. Bei einer ähnlichen Verbeugung vor einem „charismatischen“ AfD-Funktionär hätte er indes einen wahren „Shitstorm“ ausgelöst. Da wäre er wohl schon nicht mehr im Amt. 

Der Stuhl wackelt ohnehin schon

Ohnehin dürfte der Stuhl von Pentz kräftig wackeln. Erst kürzlich hatte er parteiintern für Aufruhr gesorgt, als er die in Hessen besonders zahlreichen Anhänger von Friedrich Merz als „Merz-Dschihadisten“ beschimpfte. Zu diesen „Dschihadisten“ zählt auch der engagierte Merz-Unterstützer Roland Koch, der die CDU 1999 aus der Opposition zurück an die Macht geführt und das Land bis 2010 regiert hatte.

Da weiß man nicht, ob man lachen soll oder weinen muss: Der hessische CDU-Generalsekretär vergleicht die Anhänger eines gescheiterten Bewerbers um den CDU-Vorsitz mit mordenden Gotteskriegern und schwärmt gleichzeitig von den Talenten einer Politikerin, in deren Partei schon mal gefordert wird, die Reichen einfach zu erschießen. 

Wie lange noch ist die Frage... 

Der Schreibtisch von Pentz steht übrigens im Alfred-Dregger-Haus in Wiesbaden, benannt nach dem hessischen CDU-Vorsitzenden und späteren Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, einem strammen Antikommunisten. Einer von Pentz‘ Vorgängern als Generalsekretär war der spätere Bundesinnenminister Manfred Kanther, der sich der „Bekämpfung des Sozialismus zu Land, zu Wasser und in der Luft“ verschrieben hatte.

Auch der spätere Verteidigungsminister Franz Josef Jung ließ als Kochs Generalsekretär beim Kampf gegen links nichts anbrennen. Pentz dagegen scheint irgendwie dem spröden Charme der Genossin Wissler erlegen zu sein. Die Partei hat seine Eloge auf ihrer Homepage inzwischen gelöscht. Auf der Startseite von „CDU in Hessen“ lächelt Pentz dagegen noch mit Bouffier um die Wette – noch. 

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