Massenschlägerei in Chemnitz - Berichten, was ist, statt weglassen, was nicht sein darf

In Chemnitz gab es am Sonntag eine Massenschlägerei unter Migranten, ein Mann wurde mit einem Messer verletzt. Kaum jemand berichtet darüber, außer der „Bild“ nennt niemand die Herkunft der Täter. Ein solches Verschweigen der Tatsachen hilft am Ende nur der AfD, schreibt der ehemalige sächsische Innenminister Roland Wöller in seinem Gastkommentar.

Die Anzahl der Diebstähle, Trinkgelage und Schlägereien in der Chemnitzer Innenstadt steigt / dpa
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Roland Wöller ist Abgeordneter (CDU) im sächsischen Landtag und Professor für Volkswirtschaftslehre. Von 2017 bis 2022 war er Staatsminister des Innern in Sachsen.

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Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit. An einem Einkaufssamstag mitten in der Fußgängerzone in der Chemnitzer Innenstadt entbrennt zwischen mehreren Männern ein heftiger Streit. Unter den Augen der umstehenden Passanten artet die Szene zur wilden Prügelei zwischen zehn bis zwölf Personen aus. Ein Mann zückt ein Messer, und am Ende liegt ein Beteiligter verletzt am Boden.

Nach Angaben der alarmierten Polizei handelt es sich bei einem Teil der Männer um Tunesier. Der mutmaßliche Verletzte ist ein Palästinenser. Die Angreifer sind flüchtig.

Hinweise auf die Herkunft der Männer fehlen

Alltäglich in Deutschland? Dies scheint so. Die Öffentlichkeit hätte nichts darüber erfahren, wenn nicht die Bild online berichtet hätte. Sie lieferte auch einschlägiges Bildmaterial eines Augenzeugen. Der MDR Sachsen meldet eine „Schlägerei“ im Stadtzentrum von Chemnitz. Hinweise auf die Herkunft der beteiligten Männer fehlen.

Auffällig ist, dass dies keinem anderen sächsischen Landesmedium oder einer Zeitung eine Meldung wert ist. Die Anzahl der Diebstähle, Trinkgelage und Schlägereien in der Chemnitzer Innenstadt steigt. Warum also darüber berichten?

Kein Vertrauen in Politik und Medien

Was ebenfalls steigt, ist der Höhenflug der AfD. Sie war in Sachsen bei den letzten Bundestagswahlen stärkste Partei. Bei den Umfragen für die Landtagswahl nächstes Jahr liegt sie vorn. Im Bund haben sich ihre Umfragewerte verdoppelt.

Während die Schuldfrage hierüber lustvoll in deutschen Talkshows zelebriert wird, weiß die AfD eine solche „lückenhafte Berichterstattung“ für sich zu nutzen. Parlamentarische Initiativen der AfD und Dauerfeuer in den sozialen Netzwerken befördern den Extremismus und bieten keine Lösung, unterminieren aber das Vertrauen in die Demokratie. Auch das in die Medien.

Vielleicht sollte man sich an Hans-Dietrich Genschers Ausspruch erinnern: Wenn die Parteien die Probleme nicht lösen, suchen sich die Probleme neue Mehrheiten. Und Probleme hat Deutschland genug. Klar sagen, was ist, statt Wunschdenken wäre ein Anfang. Das betrifft nicht nur die Politik, sondern auch den Journalismus.

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