Katharina Günther-Wünsch und Kai Wegner - Nicht alles, was nicht verboten ist, ist politisch erlaubt

Die Lage für das Paar Wegner und Günther-Wünsch ist klar: Kein Gesetz kann sie zwingen, ihre Ämter niederzulegen. Sie können jedoch allen Zweifeln über ein mögliches „Küchenkabinett“ innerhalb des Berliner Senats begegnen, indem sie das Naheliegende tun.

Katharina Guenther-Wuensch, Senatorin fuer Bildung, Jugend und Familie, Lisa Paus, Bundesministerin fuer Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Kai Wegner, Regierender Buergermeister von Berlin, aufgenommen im Rahmen der Laendervereinbarung KiTa / dpa
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Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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In Berliner könnte der Begriff „Küchenkabinett“ eine ganz besondere Bedeutung bekommen. Denn Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU) sind seit Herbst 2023 ein Paar, wie ihr Anwalt Christian Schertz bestätigt hat.

Sie sind beide politische Aufsteiger. Wegner (51) hat bei der Wiederholung der Pannenwahl von 2021 die CDU im Februar 2023 zu einem unerwarteten Sieg geführt. Die ehemalige Studienrätin Günther-Wünsch (40) wiederum ernannte Wegner zur Senatorin für Bildung, Jugend und Familie. Kaum im Amt, übernahm sie auch den Vorsitz der Kultusministerkonferenz, wo sie ihrem Ruf als politischem Talent gerecht wurde.

Wegner hatte also bei ihrer Berufung eine glückliche Hand. Ob bei dieser Personalie auch sehr private Gründe eine Rolle gespielt haben könnten, wird sich kaum feststellen lassen. Wegners Anwalt jedenfalls nennt den Herbst 2023 als Beginn dieser engen Beziehung.

Der neue Mann an ihrer Seite

Der bereits geschiedene Wegner hatte sich als Wahlsieger noch mit seiner bisherigen Partnerin, der Mutter seiner zwei jüngsten Kinder, gezeigt. Getrennt hat er sich von ihr im September, wie er vor Silvester bekannt gab. Die neue Frau an seiner Seite lebt schon seit einiger Zeit getrennt von ihrem Mann. Die beiden leiblichen Kinder sowie ein gemeinsames Pflegekind leben, wie die Boulevard-Medien berichten, abwechselnd bei Vater und Mutter.
 

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Wie Wegner und Günther-Wünsch dieses „Patchwork“ auf der zwischenmenschlichen Ebene regeln, ist deren Privatsache. Die politische Konstellation ist dagegen von berechtigtem öffentlichem Interesse. Sie nährt Gerüchte, Wegner habe seine Geliebte in seinen Senat berufen. Das wird allerdings niemand beweisen können, weil nur die beiden Hauptpersonen wissen, seit wann sie enger verbunden sind als über das gemeinsame Parteibuch. 

Allerdings war die Ernennung von Günther-Wünsch für Insider der Berliner Landespolitik keine Überraschung. Die der CDU nicht gerade nahestehende Berliner Zeitung schrieb jetzt dazu, Günther-Wünsch und Kultursenator Joe Chialo seien die „einzigen feststehenden Mitglieder eines künftigen Wegner-Kabinetts“ gewesen. Und weiter: „Günther-Wünsch ist für diesen Job qualifiziert, die 40-Jährige war lange im Bildungswesen tätig, zuletzt als stellvertretende Schulleiterin an der Walter-Gropius-Schule in Neukölln.“

Am Kabinettstisch hat er Richtlinienkompetenz

Doch unabhängig, von welchen Motiven sich der Regierende Bürgermeister bei dieser Personalie leiten ließ: Am Kabinettstisch hat er Richtlinienkompetenz gegenüber der neuen Frau an seiner Seite. Und wenn er, wie kürzlich betont, am Bildungsetat könne ebenso wenig gespart werden wie beim Haushalt der Innensenatorin Iris Spranger (SPD), dann könnten sich andere Regierungsmitglieder benachteiligt fühlen. 

Klar ist: In der Wirtschaft wäre es nicht möglich, dass ein Vorstandschef ein Verhältnis mit der für Finanzen oder Personal zuständigen Vorstandskollegin hat. Das verbieten die „Compliance“-Regeln. In der Politik gibt es kein Gesetz, das einem Paar die Zugehörigkeit zum selben Kabinett untersagte, in welchen Funktionen auch immer.
Nun lebt ein Gemeinwesen nicht nur von Gesetzen und Regeln. Im Innersten zusammengehalten wird es nicht zuletzt von ungeschriebenen Regeln, von allgemein akzeptierten Wertvorstellungen, von einem Bewusstsein, was „man“ tut und was man tunlichst unterlassen sollte.

Es gibt ja positive Beispiele, wie verhindert werden kann, dass ein „Gschmäckle“ aufkommt, weil Politisches und Privates sich allzu sehr vermischen und gegenseitig beeinflussen. Das haben Olaf Scholz und seine Frau Britta Ernst vorgemacht, als beide 2011 in die Hamburger Bürgerschaft gewählt wurden. Weil er Bürgermeister wurde, legte seine Frau ihr Abgeordnetenmandat nieder und wechselte in die Geschäftsführung der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. Dabei folgte das Ehepaar Scholz-Ernst keinem Gesetz, sondern ließ sich von seinem Gespür für das das Angemessene und Richtige leiten.

Wo die Liebe hinfällt

Bekanntlich lässt sich nicht kühl ausrechnen, wo die Liebe hinfällt. Aber die politischen Folgen einer Liebesbeziehung innerhalb einer Regierungsmannschaft liegen auf der Hand. Wann immer Günther-Wünsche sich mit ihren Forderungen innerhalb der Regierung durchsetzt, werden Opposition und Meden dies auf die Unterstützung durch den Regierenden zurückführen. Dasselbe gilt, falls der Bildungssenatorin Fehler unterlaufen. Ob Wegner sie dann verteidigt oder öffentlich seinen Unmut äußert, beides wird Kritik auslösen. Die einen werden ihm zu große Nachsicht, die anderen Rücksichtslosigkeit vorwerfen.

Die Lage für das Berliner „Powerpaar“ ist klar: Kein Gesetz kann sie zwingen, ihre Ämter nicht weiterhin auszuüben. Sie können jedoch auch allen Zweifeln über ein mögliches „Küchenkabinett“ innerhalb des Senats begegnen, indem sie das Naheliegende tun, nämlich das „Familienunternehmen“ beenden, ehe es richtig begonnen hat. Dieses Opfer müsste wohl Frau Günther-Wünsche bringen – dem Ruf Wegners und dem Land Berlin zuliebe. Denn sollte sich herausstellen, dass die beiden doch schon vor der der Ernennung der Senatorin einander sehr zugetan waren, geriete Wegner in allergrößte Schwierigkeiten. Dafür würden schon manche „Parteifreunde“ sorgen.
 

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