Homophobe Gewalt von Einwanderern - „Schwule Juden!“

In Berlin hat die Gewalt gegen Homosexuelle zugenommen, besonders von muslimischer Seite. Aber warum ignoriert die Politik das Problem? Gestern berichteten wir darüber, dass viele Linke befangen sind. In Teil II geht es darum, dass sich auch die LGBTQ-Gemeinde nicht klar abgrenzt.

Eine Kneipe im Berliner Szene-Viertel Neukölln / dpa
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Autoreninfo

Sara Rukaj lebt in Frankfurt am Main und beschäftigt sich als freie Autorin mit Antisemitismus, Ideologiekritik und Literatur.

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Sicher gibt es Muslime, die eine liberale Gesellschaft schätzen oder selbst unter ihren familiären Clans leiden, sobald sie am westlichen Lebensstil Gefallen gefunden haben: etwa die zahlreichen Opfer von Ehrenmorden, säkulare Migranten oder sich offen zu ihrer Homosexualität bekennende Männer. Es gibt aber auch jene, die einen erzkonservativen, in Teilen fundamentalistischen Islam hofieren und die Gesellschaft, in der sie leben, ganz offen verachten.

Den Hinweis auf diese basale Realität als Rassismus abzuwickeln, wie es vielfach geschieht, kann nicht allein mit Kenntnislosigkeit entschuldigt werden, denn proportional zum Schweigen über den Islam nehmen die Gewaltverbrechen gegen Dissidenten, Schwule, „verwestlichte“ Frauen und Juden in dramatischem Ausmaß zu.

Massenschlägerei oder homophobe Gewalt?

So attackierte ein polizeibekannter Islamist am 4. Oktober 2020 ein schwules Paar, das in Dresden Urlaub machte, mit einem Messer. Thomas L. starb an seinen Verletzungen, sein Partner Oliver überlebte schwer verletzt. Das Tatmotiv war offener Schwulenhass. Es dauerte über zwei Wochen, bis der Fall medienwirksam aufgearbeitet wurde. Der syrische Angreifer wurde am 21. Mai zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Trauer um den niedergestochenen Thomas L. blieb indes aus, obwohl die postmoderne Linke gemeinhin überall Diskriminierung aufspürt und nicht selten bereit ist, diese auch zu erfinden.

Am 14. November 2020 wurde auf der Frankfurter Zeil eine bisexuelle Transfrau, die in den sozialen Netzwerken auch als „KweenDrama“ bekannt ist, von acht bis zehn jungen muslimischen Männern fast totgeprügelt. Auf Twitter schrieb sie über die Täter: „Die sind einfach homophob!“ Die Frankfurter Allgemeine dichtete den Angriff allerdings zu einer „Massenschlägerei“ um. Die Frankfurter Rundschau benannte zwar das Tatmotiv, die Religions- und Kulturzugehörigkeit der Täter, wurde dazu allerdings nicht in Verbindung gesetzt, obwohl der spontane Lynchmob, bestehend aus rund 150 „lachenden Tätern“ (Theweleit), videoaufgezeichnet und online verbreitet wurde; die Tätergruppe also klar erkennbar ist. Auslöser der Gewalt war, dass sich die Betroffene zuvor gegen homophobe Beleidigungen gewehrt hatte.

Klare Worte nach Mord in Dresden

Man könnte vor dem Hintergrund der sich mehrenden Gewaltdelikte gegen die so bemäntelte „Queer-Community“ meinen, dass diese mittlerweile alarmiert sein sollte, das Selbstverständnis vom „toleranten“ Islam also große Risse genommen haben müsse. So stößt man in einer vom Christopher Street Day (CSD) Dresden initiierten Traueranzeige nach dem Mord an Thomas L. zunächst auf klare Worte. Der Fall habe die Community „aufgeweckt“ und sei „nicht umsonst“ gewesen. „Wir werden in Deinem Andenken religiösen und politischen Extremismus bekämpfen“, heißt es weiter.

Ulle Schauws und Sven Lehmann, die queerpolitischen Sprecher der Grünen, gaben in einer Pressemitteilung vom 3. November 2020 kund, dass die Innenministerkonferenz sich endlich intensiver mit Homo- und Transfeindlichkeit beschäftigen und diese als Motiv für Hasskriminalität klar benennen müsse: „Nicht über die sexuelle Identität von Betroffenen zu sprechen, macht Homo- und Transfeindlichkeit unsichtbar und nimmt diese lebensbedrohliche Gefahr für queere Menschen nicht ernst.“

Queer-Community bleibt diffus

Doch ist es tatsächlich die fehlende Anerkennungs- und Symbolpolitik, die Gewalt gegen „queere Menschen“ begünstigt? Wie viele körperliche Angriffe und mörderische Attentate müssen zusammenkommen, damit ein Muster erkennbar wird? Die Queer-Community bleibt bei der Bekundung, „gegen religiösen und politischen Extremismus“ vorzugehen, eindeutig diffus.

Die mörderischen Gewaltverbrechen von Neonazis oder Protagonisten der Alt-Right-Bewegung stehen nicht nur in keinem Verhältnis zu den islamisch motivierten Attentaten der vergangenen Jahrzehnte, sondern werden – glücklicherweise – von einer überwältigenden gesellschaftlichen Mehrheit skandalisiert, was sich in Bezug auf die jüngsten islamistischen Attentate hierzulande nicht sagen lässt. Die sich multikulturalistisch gebende Strukturpolitik setzt so praktisch um, was Identitätspolitik theoretisch hervorgebracht hat: Ethnische Identitäten werden als homogene Gemeinschaften ohne interne Differenzierung wahrgenommen.

Verschlechterung schon seit 2001

Dass sich das Leben der alteingesessenen Kiezbewohner durch die Gegenwärtigkeit des sittenstrengen Islams noch einmal drastisch verschlechtert, gerät dabei nicht in den Blick. So berichtet der homosexuelle Psychoanalytiker Albert Berger, dessen Name redaktionell geändert wurde, von einem neuartigen Klima der Angst. In den 80ern und 90ern sei es auf den Straßen Berlins wesentlich unbeschwerter zugegangen: „Tatsächlich, und das lässt sich in den Statistiken von Maneo nachvollziehen, gibt es die Eskalation schwulenfeindlicher Gewalt seit 2000, seit dem Ausbruch der zweiten, der Selbstmord-Intifada in Israel, und sie hat sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 noch einmal potenziert.“

Sein damaliger Freund und er seien erstmalig im Jahre 2000 in unmittelbarer Nähe des Hermannplatzes in Neukölln von palästinensischen Jugendlichen (die selbst Wert darauf legten, Palästinenser genannt zu werden) körperlich angegriffen worden: „Es war nicht das erste Mal, aber es war das erste Mal, dass Messer gezückt wurden und wir wirklich Angst hatten. Wir sind dann, noch im selben Jahr, nach Schöneberg gezogen. Dort war die Situation aber nicht sehr anders, man nannte uns Judenficker und schwule Juden.“ Anfang der 2000er sei er noch Hand in Hand mit seinem Freund gegangen – gegenwärtig traue sich kaum ein schwules Paar in Berlin, öffentlich Zärtlichkeit zu zeigen.

Berger befasst sich seit 2005 mit Schwulen, Lesben und Transpersonen, die aus islamischen Staaten kommen und insbesondere seit 2015 mit Angriffen in Unterkünften konfrontiert sind, vor denen sie nicht geschützt werden: „Wenn ein 18-jähriger Schwuler aus dem Irak sagt: ,Ich bin Dreck' und sich dann wenig später suizidiert, dann weiß man eigentlich, dass etwas nicht stimmt. Aber die große Mehrheit der antirassistischen Bewegung will das nicht wahrhaben; und die Mehrheit der Schwulen auch nicht.“

Falsche Partner im Kampf gegen Homophobie?

Dieser Maxime folgend bewarb der ehemalige Integrationsbeauftragte des Berliner Bezirks Neukölln, Jens Rosteck, vergangenes Jahr die Kampagne „Sicherheit – Geborgenheit – Neukölln“, die eigenen Angaben zufolge „ein Zeichen gegen Gewalt und für ein vielfältiges Neukölln setzen“ möchte, dabei aber auch mit der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS) kooperierte, einem der antisemitisch geprägten Muslimbruderschaft nahestehenden Verein.

Von dem Bündnis „Ehrlos statt wehrlos“, das sich gegen homophobe und antisemitische Gewalt in Nord-Neukölln einsetzt, wurde enthüllt, dass die sich nach außen hin moderat gebende NBS, die die Dar-as-Salam-Moschee im Bezirk betreibt. den salafistischen Prediger Mohammed al-Arifi in ihre Räumlichkeiten eingeladen hat, der gegen Schwule, Juden und Schiiten hetzt und Männern empfahl, ihre Frauen zu züchtigen. Weiterhin bestünden Verbindungen der NBS zum „Fatwa-Ausschuss Deutschland“, der auf seiner Website offen für eine Rechtsprechung auf Basis der Scharia wirbt.

Die Probleme der Integrationsbeauftragten 

Es bleibt zu hoffen, dass sich mit der neuen Neuköllner Integrationsbeauftragten Güner Balci etwas ändern wird. Die wegen ihrer Kritik am islamischen Patriarchat von Grünen und Linken ebenfalls als Rassistin denunzierte Autorin setzt sich seit Jahren für die Emanzipation von religiös-fundamentalistischen Strömungen ein und ist dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Berlin-Brandenburgs zufolge eine „stets vertraute Mitstreiterin“ gewesen.

Doch auch Balci scheint sich dem politischen Druck zunehmend zu beugen. So lud sie kurzerhand den Imam Taha Sabri dessen Moscheengemeinde NBS vom Verfassungsschutz beobachtet wird zu einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des islamistischen Terrors in Frankreich ein.

Balci begründete die Zusammenarbeit damit, dass man homophobe und gewaltaffine Jugendliche anders nicht mehr erreiche und Sabri von Salafisten auf offener Straße verprügelt wurde, weil er nicht radikal genug sei. Seine Verbindungen zur Muslimbruderschaft sehe sie zwar kritisch, dennoch komme er bei der Verurteilung terroristischer Attentate und homophober Gewalt glaubwürdig rüber. Ihre Hoffnung sei daher, dass er einen positiven Einfluss auf junge Muslime in Neukölln ausübt.

Homophobie in der islamisch geprägten Heimat

Die Ablehnung einer liberalen Gesellschaft zeigt sich allerdings nicht erst dann, wenn Schwule mit Messern attackiert und Lehrer auf offener Straße enthauptet werden. Dem Bündnis „Ehrlos statt wehrlos“ zufolge suchen Imame wie Sabri systematisch den Kontakt zu antirassistischen und linken Bündnissen, um über diesen Umweg den islamischen Machtanspruch auszuweiten. Dass Sabri Homophobie öffentlich verurteilt, sei daher nur konsequent. Was in den Moscheen gepredigt werde, stünde allerdings auf einem anderen Blatt.

Dass unterdessen die Realität für Schwule, Lesben und Transpersonen in Kreuzberg und Neukölln nicht mit der multikulturellen Utopie übereinstimmt, muss niemanden überraschen. An den Herkunftsorten jener Vielfalt zeigt sich das Telos dieses Gesellschaftsentwurfs: In insgesamt 37 Ländern auf der Welt ist Homosexualität verboten – in sieben Ländern wird man für dieses „Vergehen“ sogar staatsoffiziell ermordet. All diese sieben Länder haben eines gemein: In ihnen ist der Islam Staatsideologie.

Auch die anderen 30 Staaten, in denen für gleichgeschlechtliche Liebe Gewalt oder Gefängnis drohen, stehen mehrheitlich unter dem Einfluss des Propheten Mohammed. Muslime, die ihre rigiden Moralvorstellungen gewaltsam durchsetzen wollen, sind allerdings nicht nur in islamisch verfassten Staaten ein Problem, sondern überall dort, wo der Kampf um die Vorherrschaft über gewisse Viertel und Straßenzüge längst in die europäischen Großstädte hineingetragen wurde. In der Bundesrepublik ist Homosexualität zwar (nicht mehr) strafbar oder als Krankheit diffamiert, dennoch sollte man sich in manchen Gegenden Deutschlands aus Sicherheitsgründen besser nicht offen als Schwuler zu erkennen geben.

Den ersten Teil dieses Berichts finden Sie hier.

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