Greenpeace-Chefin wechselt ins Auswärtige Amt - Der Rechtsstaat geht vor die Hunde

Ausgerechnet die Chefin von Greenpeace soll Klimabeauftragte der Bundesregierung und später auch noch Staatssekretärin werden. Nicht nur, dass sich die Umweltorganisation in der Vergangenheit durch lebensgefährliche Aktionen und Straftaten hervorgetan hat – die angekündigte Berufung Jennifer Morgans ist der endgültige Durchmarsch von Aktivisten in die Politik.

Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan soll ins Auswärtige Amt wechseln / dpa
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Seit Tagen werden in Deutschland Straßen und Autobahnauffahrten von sogenannten Aktivisten blockiert, die damit gegen Lebensmittelverschwendung im Besonderen und für den Klimaschutz im Allgemeinen protestieren wollen. Dass es sich dabei sehr eindeutig um Straftaten handeln dürfte – einschlägig ist Paragraph 315b im StGB –, spielt im deutschen Rechtsstaat inzwischen aber keine große Rolle mehr. Ebenso wenig die Tatsache, dass die Mitglieder der Gruppe, die sich im schönsten Weltuntergangsjargon „Letzte Generation“ nennt, mit ihren Eingriffen in den Straßenverkehr Notfallambulanzen auf dem Weg ins Krankenhaus aufhalten oder eine Ärztin daran hindern, rechtzeitig zum OP-Termin zu gelangen. Ganz nach dem Motto: Wo gehobelt wird, da fallen eben auch Späne. Es ist eine Vorstufe zum Terrorismus, und wer wie die „Letzte Generation“ in Endzeitphantasien schwelgt und sich zu Höherem berufen fühlt, hat damit gewiss auch keine Probleme.

Das ist die eine Sache. Die andere Sache: Wenn die Vorsitzende einer Regierungspartei, in diesem Fall Ricarda Lang von den Grünen, für derlei Verhalten auch noch Verständnis zeigt und somit implizit mutmaßliche Straftaten dieser und anderer Art befeuert, dann ist in der Bundesrepublik Deutschland endgültig etwas ins Rutschen geraten, das sich kaum noch aufhalten lassen dürfte. Und zwar der Durchmarsch sich selbst über dem Gesetz wähnender „Aktivisten“ an die Schaltstellen staatlicher Macht. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein kalter Staatsstreich, der sich vor den Augen der Öffentlichkeit im Gestus der Selbstverständlichkeit vollzieht.

Jahrelange staatliche Alimentierung

Aber wer nun naiverweise glaubte, Ricarda Langs verbale Bekuschelung von erkennbar durchgedrehten Vertretern einer vermeintlich „letzten Generation“ sei der Unerfahrenheit einer Politikerin geschuldet, die ihren Parteivorsitz erst vor knapp zwei Wochen angetreten hat, sieht sich spätestens seit heute eines Schlechteren belehrt. Denn es handelte sich lediglich um die Präliminarien zur endgültigen Nobilitierung der Aktivistenszene als künftige vierte Gewalt im Verfassungsstaat: Aus „Nichtregierungsorganisationen“ werden „Regierungsorganisationen“. So einfach geht das – aus jahrelanger staatlicher Alimentierung erwächst endlich die unmittelbare Regierungsverantwortung. Und zwar durch die kalte Küche.

Denn genau so und kein bisschen anders ist jene Personalie zu bewerten, die soeben von Spiegel online vorangekündigt wurde: „Außenministerin Annalena Baerbock beruft Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan zur Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik. Die US-Amerikanerin braucht noch die deutsche Nationalität, bevor sie verbeamtet wird.“ Was sich so lapidar liest, ist tatsächlich ein Skandal erster Güte. Die in Berlin lebende 55-Jährige soll nämlich nicht nur für die internationale Klimapolitik der Bundesregierung verantwortlich werden, sondern künftig auch noch den Posten einer Staatssekretärin im Auswärtigen Amt bekleiden. Letzteres sei „noch nicht sofort möglich, weil Morgan amerikanische Staatsbürgerin ist“. Sie soll Spiegel online zufolge verbeamtet werden, sobald ihr die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen wurde. „Ein Antrag wird derzeit mit Hochdruck bearbeitet.“

Roter Teppich aus Staatsknete

Nun hat Greenpeace bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land immer noch einen guten Klang. Viele erinnern sich an die Kampagne gegen die Versenkung der Ölplattform „Brent Spar“ im Jahr 1995 – wiewohl schon diese Aktion bei Lichte besehen durchaus fragwürdig war. Aber egal, das Greenpeace-Marketing (auch und vor allem in eigener Sache) war ein Erfolg. Was dann in den folgenden Jahren geschah, kann man jedoch nicht anders bezeichnen als eine zunehmende Radikalisierung dieser NGO unter klarer Inkaufnahme strafbewehrter Handlungen. Selbstverständlich stets mit Rückendeckung der parlamentarischen Vorfeldorganisation namens Bündnis90/Die Grünen. Permanente Verharmlosung und Schönrednerei einer demokratisch nicht legitimierten Pressuregroup findet nun also zu ihrer Vollendung. Der Marsch durch die Institutionen vollzieht sich auf einem aus Staatsknete kunstvoll arrangierten roten Teppich.

Nur zur Erinnerung: Erst im Mai vorigen Jahres haben Greenpeace-„Aktivisten“ im niedersächsischen Emden in einem Verladehafen mehrere hundert Schlüssel von Neuwagen der Marke VW „entwendet“, um diese später auf einem Gletscher in den bayerischen Alpen zu deponieren. Die Täter sprachen von einem „Signal“ gegen die „Klimazerstörung“, die Polizei hingegen von Hausfriedensbruch und besonders schwerem Diebstahl. Eine „gewiefte Aktion“ twitterte damals übrigens der öffentlich-rechtliche Norddeutsche Rundfunk, bevor er diesen Tweet nach Protesten dann doch lieber schnell wieder löschte.

Debatte über Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Was Greenpeace jedoch nicht davon abhielt, wenig später mit einer neuen Aktion auf sich aufmerksam zu machen, die nach übereinstimmender Meinung sämtlicher Beobachter Menschenleben massiv in Gefahr brachte: Während der Fußball-Europameisterschaft im Juni flog ein Greenpeace-„Aktivist“ mit einem Motorgleitschirm über die Münchener Allianz-Arena, in die er aus luftiger Höhe einen mit Parolen beschrifteten Latex-Ball abwerfen wollte. Er verfing sich jedoch im Blitzableiter, verlor die Kontrolle und wäre um Haaresbreite auf die Tribüne gestürzt. Zwei Menschen wurden verletzt, der damalige Sprecher der Bundesregierung zeigte sich entsetzt über „eine unverantwortliche Aktion, die Menschen in große Gefahr gebracht hat“ – und es entbrannte eine Debatte darüber, ob Greenpeace die Gemeinnützigkeit entzogen werden solle.

Doch statt eines Entzugs der Gemeinnützigkeit darf Greenpeace nun mit seinem Spitzenpersonal direkt ins Auswärtige Amt einmarschieren und wohl bald auch am Kabinettstisch Platz nehmen. Da sage noch jemand, Gewalt führe nicht weiter und mit krimineller Energie erreiche man seine Ziele nicht. In Deutschland ist mittlerweile alles möglich, und wo der Staat sich wehrhaft zeigen müsste, bietet er sich als Beihelfer an. Was das für das Rechtsempfinden der Bevölkerung bedeutet, darüber braucht gar nicht groß spekuliert zu werden. Von heute an gilt: Solange Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit hehren moralischen oder ökologischen Zielen verbrämt werden können, ist alles erlaubt.

Wie jedoch die vermeintliche Rechtsstaatspartei namens FDP ein derart schamloses und zersetzendes Treiben in einer Bundesregierung mittragen kann, bleibt vorerst deren Geheimnis. Gut enden kann das alles nicht.

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