Das Integrationsmärchen - Rassismus-Keule als Mittel zur Einschüchterung

Die Debatte um Rassismus in Deutschland geht am Kern vorbei. Warum werden die Themen Migration und Zuwanderung ausgeklammert? Weil sich so leichter Schuldgefühle erzeugen lassen und linke Politik durchsetzen lässt?

Was niemand sehen will: Der Großteil der Berliner Drogenhändler stammt aus Afrika / dpa
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Autoreninfo

Wolfgang Bok war Chefredakteur und Ressortleiter in Stuttgart und Heilbronn sowie Direktor bei der Berliner Agentur Scholz & Friends. Der promovierte Politologe lehrt an der Hochschule Heilbronn Strategische Kommunikation.

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Deutschland hat wahrlich genug Probleme: fast acht Millionen Menschen in Kurzarbeit, rasant steigende Arbeitslosigkeit. Zigtausende Existenzen, die vor dem Ruin stehen oder bereits zerstört sind. Gigantische Schulden- und Haftungsberge. Die Angst vor einer zweiten Corona-Welle. Spannungen in der EU, deren Ratspräsidentschaft Berlin ab Juli übernimmt. Und ein gefährlich anschwellender Konflikt mit den USA.

Doch das politisch-mediale Deutschland diskutiert mit Inbrunst über „latenten Rassismus“, indem Einzelfälle zur Systemfrage aufgebauscht werden. Die Tötung eines Schwarzen durch einen weißen US-Polizisten treibt Tausende auf die Straße, als würden auch hier Menschen aus anderen Kulturkreisen massenhaft diskriminiert. 

Globale Proteste für ein amerikanisches Problem

Gewiss: Für nicht wenige ist dies ein willkommener Anlass, mal wieder gegen das System, von dem man sich gerne aushalten lässt, zu demonstrieren. Auch verschafft es ein Wohlgefühl, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen und sich mit vermeintlich Unterdrückten gemein zu machen, ohne persönliche Opfer zu bringen. Also werden alle Widrigkeiten – Trump, Rechtspopulismus, Ungerechtigkeit und die Plagen des Kapitalismus – in einen Topf gerührt, um lautstark Klage zu führen. Selbst die scheidende CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer schwimmt auf der Zeitgeistwoge und attestiert der eigenen Wählerschaft rassistische Überheblichkeit – wohl um Kritik an den teuren EU-Hilfen für Italien oder Spanien zu unterbinden. So weit, so vorhersehbar. 

Doch es geht um mehr. Wenn Saskia Esken der Polizei „systematischen Rassismus“ unterstellt, dann ist das nicht nur Anbiederung an die Antifa-Szene, für die sie offen Sympathien bezeugt. Denn selbst der Co-Vorsitzenden der Noch-Volkspartei SPD dürfte nicht entgangen sein, dass Polizisten neben Ärzten das höchste Ansehen in der Bevölkerung genießen. Sie in einen Topf mit den gefürchteten Cops der USA zu werfen, geht selbst vielen Genossen zu weit. 

Generalverdacht gegen Berliner Polizei

Wenn die herbe Schwäbin dennoch die – später etwas relativierte – Rassismuskeule schwingt, dann weil sie den rot-rot-grünen Senat in Berlin zum Vorbild nimmt: Mit dem Generalverdacht sollen Polizisten eingeschüchtert werden. Denn wer bei Kontrollen und Strafverfolgungen notfalls beweisen muss, nicht diskriminierend vorgegangen zu sein, lässt den problematischen Einsatz eben lieber. 

Kurzum: Wo nicht mehr genügend Strafverfolgung betrieben wird, werden auch weniger Straftaten registriert. Dass sich arabische Clans wenig um die Gesetze dieses Landes kümmern, lässt sich selbst in den offiziellen Lageberichten nicht verschweigen. Eben so wenig die Tatsache, dass Migranten überproportional von Sozialleistungen abhängen und mitnichten die erhofften Fachkräfte sind. 

Ein verzerrtes Bild von gelungener Migration

Diese negativen Seiten der Zuwanderung stören das Bild der multikulturellen Gesellschaft, die harmonisch zusammenlebt. Daher soll am besten schon die Benennung der importierten Probleme als Diskriminierung geahndet werden. Im Pressekodex (Artikel 12.1) verpflichten sich die Medien, Nationalität oder Ethnie nur dann zu nennen, wenn diese ursächlich für gravierendes Fehlverhalten ist. Also am besten gar nicht. Stattdessen berichten Journalisten lieber von gelungener Integration. Über den einen von hundert Syrern, der erfolgreich eine Bäckerlehre absolviert. Oder den Muslim aus Afghanistan, der sich im katholischen Pflegeheim rührend um die Alten kümmert. So wird die Ausnahme zur Regel erhoben. 

Selbst die FAZ, die unter ihrem Mitherausgeber Berthold Kohler erkennbar das Image des Konservativen abstreifen will, lässt ihren Stuttgarter Korrespondenten betroffen fragen: Was macht der „Alltagsrassismus“ mit Menschen, deren Haut nicht weiß genug ist? Zu Wort kommen ein Bariton, ein Krebsforscher, eine Kulturantropologin und ein Hauptkommissar. Also Leute, die einen ehrenwerten Platz in dieser Gesellschaft gefunden haben und wohl von den allermeisten Einheimischen als Bereicherung angesehen werden. Wenn sie dennoch unter Misstrauen oder gar Ablehnung zu leiden haben, dann weil sie mit denen auf eine Stufe gestellt werden, die als Migranten in Deutschland eher auf der problematischen Seite verortet werden.

Hilfsbedürftige suchen Schutz in Deutschland

Von 2015 bis 2019 sind 7,14 Millionen Fremde nach Deutschland zugezogen, 4,64 Millionen haben das Land verlassen; Darunter auffallend viele Akademiker und begehrte Fachkräfte, derweil vor allem Hilfsbedürftige zu uns kommen. Ökonomisch betrachtet. Das belastet also eher die Sozialsysteme und führt daher zu Spannungen. Entsprechend werden Ausländer leichtfertig gleichgesetzt mit Armut, Problemen, Kriminalität. Deshalb selektieren klassische Einwanderungsländer wie Kanada oder Australien streng nach Qualifikation und Nutzen für das Land. Auch der Antisemitismus, dessen Anwachsen mit Sorge verfolgt werden muss, ist in weiten Teilen importiert. Junge Migranten aus der arabischen Welt bringen den Judenhass mit, der ihnen Zuhause eingetrichtert wird und kultivieren ihn hier in ihrer Community, in die sie sich zurückziehen.  

Wer also Rassismus und Diskriminierung bekämpfen will, darf diese Ursachen nicht ausblenden. Bereits die Benennung der Probleme unter Generalverdacht zu stellen, schafft böses Blut. Darunter haben dann diejenigen besonders zu leiden, die sich vorbildlich integriert haben. Sie sollten bei ihren berechtigten Klagen bedenken, vor welchen Karren sie sich spannen lassen. Die Verfechter offener Grenzen und einer Zuwanderung sind nicht ihre Verbündeten. Ganz im Gegenteil.
 

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