Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
picture alliance

Politik-Clownerien - Banker-Boni und Leistungsschutzrecht sind Unsinn

Hat Steinbrück untertrieben? Sind in der Politik nur noch populistische Clowns unterwegs? Die Entscheidung für das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die Kappung der Banker-Boni legt diesen Schluss zumindest nahe

Autoreninfo

Til Knipper leitet das Cicero-Ressort Kapital. Vorher arbeitete er als Finanzredakteur beim Handelsblatt.

So erreichen Sie Til Knipper:

Gewinner der Woche sind: die Rechtsanwälte, naja und die Clowns und die Oscar-Gewinner. Aber bleiben wir bei den Anwälten, denen ohne eigenes Zutun sowohl vom Bundestag als auch vom Europaparlament für die kommenden Jahre neue lukrative Beschäftigungsbereiche zugeschustert wurden. In Berlin verabschiedeten die Parlamentarier zu diesem Zweck das Gesetz zum sogenannten Leistungsschutzrecht für Presseverleger. In Brüssel einigten sich EU-Abgeordnete mit der derzeit amtierenden irischen Ratspräsidentschaft auf eine Begrenzung der Banker-Boni.

Man kann jetzt lange darüber diskutieren, welche der beiden Regelungen überflüssiger ist, fest steht aber, dass der beabsichtigte Gesetzeszweck in beiden Fällen nicht erreicht werden wird.

Was wollten die deutschen Presseverleger noch mal mit dem von ihnen mit großem Lobbyeinsatz vorangetriebenen Leistungsschutzrecht erreichen? Springer, Burda und Co. forderten, dass Suchmaschinenbetreiber ihnen eine Gebühr dafür bezahlen, dass die Internetnutzer die Nachrichtenseiten eben dieser Verlage mithilfe der Suchmaschinen finden können. Das klingt nicht nur absurd, es ist auch so. Anders gesagt: Statt sich ein tragfähiges Geschäftsmodell für Onlinejournalismus auszudenken, wollten die deutschen Verleger lieber per Gesetz an den Gewinnen von Google beteiligt werden. [gallery:Ein unsterblicher Clown und die verdiente Ruhe – Die Karikaturen der Woche]

Ihr Argument dafür lautet: Der US-Konzern verdient als Nachrichten-Aggregator mit seinem Service Google-News  mit den teuer produzierten Inhalten der Verlage sein Geld. Die Argumentation hat nur eine Haken: Sie ist falsch. Google verdient sein Geld zwar vor allen Dingen mit Onlinewerbung, aber Google News ist werbefrei in Deutschland. Hinzukommt, dass die Suchmaschine den deutschen Nachrichtenseiten mehr als die Hälfte des Traffics beschert, man daher auch sagen könnte, dass die Verlage am Service von Google verdienen und nicht umgekehrt. Außerdem kann jeder Betreiber einer Internetseite mit einfachen Programmbefehlen festlegen, was von seinem Angebot bei Google gelistet werden soll und was nicht.

Der größte Hohn der jetzt verabschiedeten Form des Gesetzes ist aber, dass Google voraussichtlich gar nicht zahlen muss. In einer kurzfristig eingefügten Veränderung heißt es nämlich, dass „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ der Presseerzeugnisse  auch weiterhin von jedermann öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen. Nichts anderes macht Google in seinen Ergebnislisten und bei Google-News.

Aber an dieser Stelle treten jetzt die Anwälte auf den Plan, die sich berufen fühlen könnten für alle möglichen Internetseitenbetreiber Gebühren einzufordern, weil nicht mal die Befürworter innerhalb der schwarz-gelben Koalition sagen können, was „kleinste Textauschnitte“ wirklich sind. Klären müssen das am Ende die Gerichte. Muss Google also doch zahlen? Das ist sehr unwahrscheinlich, weil der Suchmaschinenbetreiber dann eher Google News in Deutschland nicht mehr anbieten wird als für den eigenen Service Gebühren zu entrichten. Dann guckten die Verleger in die Röhre, weil die Hälfte ihrer Leser nicht mehr zu ihnen fände.

Besonders traurig wird dieser Irrsinn dadurch, dass die meisten Abgeordneten in der Regierungskoalition keine Ahnung von der Materie hatten, über die sie da abstimmten. Anders ist die Aussage von Unionsfraktionsvize Günter Krings in der parlamentarischen Debatte am Freitag nicht zu verstehen: „Wir stehen dazu, dass ein freies Internet einen verbindlichen Rechtsrahmen braucht und dass es ohne das neue Gesetz keine Rechtssicherheit für künftige Bezahlschranken geben wird.“

Das heißt also laut Krings, dass man bisher gegen den Willen der Presseverleger deren Bezahlschranken auf deren Nachrichtenseiten mithilfe von Google News überwinden konnte. Bitte, lieber Herr Krings, erklären Sie mir, wie das geht!!! Und liebe Verleger, wenn das Newsaggregieren so lukrativ ist, macht es doch selbst oder produziert so interessante Inhalte, dass die Nutzer auch bereit sind, dafür zu bezahlen. Das wäre die unternehmerische Antwort auf neue Konkurrenz im Netz. Stattdessen den Gesetzgeber anzurufen und sinnlose Regeln zu fordern, ist ärmlich.[gallery:Ein unsterblicher Clown und die verdiente Ruhe – Die Karikaturen der Woche]

Die Stichworte „sinnlose Regeln“ bringen uns direkt zur Kappung der Bankerboni. Wenn es nach dem Willen der Europaabgeordneten geht, sollen Banker in Zukunft „nur“ noch einen Bonus erhalten dürfen, der maximal so hoch ist, wie ihr Grundgehalt. Mit Zustimmung der Aktionäre der Bank darf der Bonus aber auch doppelt so hoch sein.

Hohe Boni hatten dazu geführt, dass unkalkulierbare Risiken eingegangen wurden, die am Ende beinahe zum Zusammenbruch des Finanzsystems geführt haben, der nur mit massivem Einsatz von Steuergeldern verhindert werden konnte. Selbst wenn man dieser Kausalkette folgt, greift die neue europäische Bonusregel viel zu kurz. Sie verletzt die Vertragsfreiheit, die auch Banken beim Aushandeln der Gehälter mit ihrem Führungspersonal genießen, worüber sich dann wieder die Anwälte freuen können.

Sie löst aber auch überhaupt nicht das eigentliche Problem und wird nur zwei Konsequenzen haben: erstens steigen die Festgehälter der Banker in Europa und zweitens reibt sich die Konkurrenz in den USA und Asien die Hände, die Abwanderungswilligen weiterhin unbegrenzte Gehälter bezahlen kann. Viel wichtiger wäre es daher, international einheitliche Regeln zu schaffen, die es ermöglichen, dass Großbanken in Zukunft Pleite gehen können, ohne das gesamte System zu gefährden. Dann kann man es getrost den Aktionären überlassen, ob sie Gehaltsexzesse, wie sie in der Vergangenheit üblich waren, weiter akzeptieren wollen.

Fazit: Müssen wir am Ende doch erkennen, dass Peer Steinbrück in gewisser Weise recht hat und es zu viele populistische Clowns in der Politik gibt? Nein, Steinbrück hat fast nie recht, aber damit Sie mal trotzdem etwas zu lachen haben, erzähle ich Ihnen am Ende noch meinen aktuellen Lieblingswitz: Treffen sich zwei Freunde, sagt der eine: „Du, ich habe einen Tinnitus.“ „Was echt?!“ „Ja, aber nicht auf den Ohren, sondern auf den Augen: Ich sehe überall nur Pfeifen.“ 

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.