AKK und die Meinungsfreiheit - Wirre Gedanken einer Wahlverliererin

Annegret Kramp-Karrenbauer denkt öffentlich darüber nach, „klare Meinungsmache vor einer Wahl“ zukünftig einzuschränken. Das ist ein Appell wider die Meinungsfreiheit und der Vorsitzenden einer demokratischen Partei unwürdig

Hat AKK die Putzfrau Gretel, ihr Alter Ego im Karneval, nicht hinter sich lassen können? / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Schlecht geschlafen? Kann passieren nach so einer Wahlschlappe. Etwas von der Rolle, übermüdet und verzweifelt? Alles menschlich. Aber dann sollte man weite Bögen um Ansammlungen von Mikrofonen und Kameras machen und sich nicht vor sie stellen und wirre Gedanken in sie hineinreden.

Die CDU Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am heutigen Montag nach Gremiensitzungen der CDU mit Bezug auf das verhängnisvolle Youtube-Video gegen die Parteien der Großen Koalition und die AfD: Wenn 70 Zeitungsredaktionen vor einer Wahl dazu aufriefen, nicht CDU oder SPD zu wählen, würde dies als „klare Meinungsmache vor einer Wahl“ eingestuft. Man müsse daher darüber reden: „Was sind Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten auch für den digitalen Bereich?“ In der Debatte müssten auch die Auswirkungen auf die Demokratie eine Rolle spielen. 

Ohne Logik und Stringenz

Verzeihung, werte Frau Vorsitzende, aber an diesen Bemerkungen stimmt gar nichts. Sie entbehren von Anfang bis Ende jeder Logik und Stringenz. „Klare Meinungsmache vor einer Wahl“, das soll nicht gehen? Aber natürlich geht das! Im Prinzip könnten sich natürlich auch 70 Zeitungsredaktionen vor einer Wahl davon abraten, diese oder jene Partei zu wählen. Nur, weil das so direkt in Deutschland (im Unterschied etwa zu Großbritannien) nicht gemacht wird, heißt das nicht, dass es in diesem „analogen Bereich“ diese Möglichkeit nicht gäbe. Doch. Es gibt sie. Jeden Tag. Vor Wahlen ebenso wie nach Wahlen. Immer. Möglicherweise nicht im Saarland. Im Rest der Republik schon. 

Die Trennung von analogem und digitalem Bereich, Totholz hier und Netz dort, ist obendrein kompletter Unfug, weil die Zeitungen ihre Inhalte längst auch digital verbreiten. Der eigentliche Klops aber ist der unausgesprochene, aber insinuierte Appell, unbotmäßigen Youtubern mit einem Millionenpublikum vor Wahlen die Meinungsfreiheit einzuschränken. 

Der Unsinn muss von der Welt

AKK hat schon manches Mal nicht genau gewusst, in welcher Rolle sie steckt. Den schnippische Satz, sie habe da mal durchgezählt, es sei kein Platz frei im Kabinett, gemünzt auf die Ministergelüste ihres Widersachers Friedrich Merz, hätte Putzfrau Gretel, ihr Alter Ego aus dem Karneval, sagen können. Aber nicht eine frisch gewählte Parteivorsitzende. Der lockere Spruch hatte einen enorm hohen politischen Preis bei dessen Anhängern. 

Aber diese Aussage ist von anderer Qualität. Das ist nicht eine unangebrachte kesse Lippe. Das ist großer Unsinn. Er muss aus der Welt geschaffen werden. Schnell. Umfassend. Und von ihr persönlich. 

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