Verschärfte Asylverfahren in der EU - Die EU bewahrt Deutschland vor seinem eigenen Asyl-Desaster

Deutschland ist der große Profiteur der Asylverschärfung gegen den Widerstand seiner eigenen Regierung. Wie schon 2016 müssen die anderen EU-Mitgliedstaaten Deutschland vor der verantwortungslosen Gesinnungsethik seiner politischen Klasse bewahren.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Konferenz der EU-Innenminister in Luxemburg, 08.06.2023 / picture alliance
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Die einwanderungspolitische Vernunft hat sich durchgesetzt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gemeinsam entschlossen, eine neue, deutlich restriktivere Asylpraxis einzuführen. Wichtigste Neuerung: Migranten aus als sicher geltenden Ländern sollen künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort soll innerhalb von zwölf Wochen über sie entschieden werden; wer kein Asyl erhält, soll umgehend zurückgeschickt werden. Wohlgemerkt: Das gilt nicht für Asylbewerber aus Ländern mit hohen Anerkennungsquoten, wie Syrien und Afghanistan. Annalena Baerbock wird dadurch auch nicht daran gehindert, weiterhin Afghanen ohne Asylantrag direkt einfliegen zu lassen.

Dennoch: Die Regelung wird mit einiger Wahrscheinlichkeit den Zuzug von Armutsmigranten nach Europa deutlich reduzieren, wenn sie vor Ort an den Außengrenzen konsequent angewendet wird. Und davon profitiert Deutschland in besonderer Weise als besonders von Asylmigration belastetes, in den vergangenen Monaten laut einhelligen Meldungen aus den Kommunen überlastetes Land.

Die deutsche Position innerhalb der EU ist bizarr

Angesichts dieser dramatischen Lage, die zweifellos ein Hauptgrund für die desolaten Umfragewerte der Ampelkoalition und generell das tiefe Krisenempfinden in der Bevölkerung ist, kann man die Position der deutschen Regierung, vor allem der Grünen, in dieser Frage nur bizarr nennen. Ausgerechnet das objektiv am stärksten belastete Land, mit mehr Asylanträgen als beispielsweise das Ankunftsland Italien, hat sich für eine möglichst laxe Konstruktion eingesetzt. Und die Grünen, aber auch Faeser, wollen sich weiter für Lockerungen einsetzen. Grünen-Chefin Ricarda Lang und viele ihrer Parteifreunde sprechen über die Einigung wie über eine Niederlage. In Europas Hauptstädten wird man darüber nur ungläubig den Kopf schütteln.

Wer die deutschen Interessen im Auge hat, kann also nur froh sein, dass Deutschlands Regierung weitgehend isoliert innerhalb der EU dasteht. Deutschland ist jetzt der größte Profiteur einer Regelung, für die sich andere EU-Regierungen viel stärker gemacht haben als die eigene. So wie es auch schon 2016 war, als Österreich und die Balkanstaaten mit Grenzschutzmaßnahmen dafür sorgten, dass der damalige Zustrom deutlich zurückging, und Deutschland mit ihrem verantwortungsethischen Handeln davor bewahrten, Merkels Gesinnungsparole „Wir schaffen das“ bis zum Ende auszutesten.

Und jetzt ist es schon wieder soweit: Die EU-Nachbarn bewahren nicht nur ihre eigenen Länder, sondern auch das widerstrebende Deutschland vor einem selbstverschuldeten Desaster der totalen Überforderung. In bizarrer Weise trifft also auf die Einwanderungspolitik tatsächlich zu, was für die Wirtschafts- und Währungsunion stets behauptet wird, aber wohl eher Autosuggestion ist: Deutschland profitiert von der Union wie kein anderes Land.

 

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Das gilt übrigens nicht nur für die Steuer- und Abgabenzahler, die für die Versorgung hunderttausender Armutsmigranten aufkommen müssen. Es gilt womöglich auch für viele Politiker der Ampel, die sich trotz der für sie verheerenden Umfragewerte und allgemeiner Krisenstimmung im Lande weiterhin als wirklichkeitsentrückte Haltungsabsolutisten gerieren – beziehungsweise, was auf dasselbe hinausläuft, als konsequente Interessenvertreter eines NGO-Soziotops, das seine Existenz auf einen nie versiegenden Strom von Asylzuwanderern und staatlichen Versorgungsleistungen ausgerichtet hat. Mit deren Stimmen kann man zwar manch ein soziales Netzwerk sowie Berlin dominieren, aber keine wichtigen Wahlen gewinnen. Diese europäische Asylverschärfung könnte am Ende sogar denen in Deutschland nutzen, die sie lautstark zu verhindern suchten.

Wenn die neue Asylpraxis schnell eingeführt und im Gegensatz zu bisherigen Regelungen endlich konsequent umgesetzt wird, könnte allein schon die Signalwirkung den Zustrom bald auf ein verkraftbares Maß absenken. Davon werden übrigens diejenigen, die tatsächliche Asylgründe belegen können, in besonderer Weise profitieren. Die Reform wird die Probleme der Zuwanderung nicht sofort in Luft auflösen und den sozialen Frieden nicht sofort sichern. Aber es wird den drohenden Kollaps des deutschen Versorgungsstaates und die Eskalation der inneren Entzweiung des Landes zumindest auf absehbare Zeit etwas entschärfen. Dafür sollte man als Deutscher nicht der eigenen Regierung dankbar sein, sondern den Regierungen unserer Nachbarländer in der EU.

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