Holzkreuze auf einer Kundgebung in Bern gegen Christenverfolgung / picture alliance

Keine Frauenrechte ohne Religionsfreiheit - Die Bundesregierung vernachlässigt religiöse Frauen

Der weltweite Kampf für Religionsfreiheit erhält in Deutschland immer weniger politische Aufmerksamkeit. Dabei sind gerade Frauen zunehmend gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Wo bleibt hier die „feministische Außenpolitik“?

Autoreninfo

Richard Ottinger ist Referent für internationalen Religionsdialog in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad Adenauer Stiftung.

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Religionsfreiheit steht weltweit zunehmend unter Druck. Muslime und Christen in Asien sind gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt, während Atheisten in vielen islamischen Ländern verfolgt werden und indigene Religionsgemeinschaften in Lateinamerika unter Einschüchterungsversuchen leiden. Frauen und Mädchen sind von diesen Menschenrechtsverletzungen besonders betroffen. Ein besonders grausames Beispiel ist Maira Shahbaz, die im Alter von 14 Jahren in Pakistan entführt, gefoltert und vergewaltigt wurde. Mit Videoaufnahmen der Taten wurde sie zur Aufgabe ihres Glaubens und zur Konversion gezwungen. Maira und ihre Familie konnten fliehen und halten sich seitdem versteckt. 

Seit Langem berichten verschiedene NGOs wie zum Beispiel das Hilfswerk Open Doors oder die päpstliche Stiftung Aid to the Church von Entführungen, sexueller Ausbeutung und Zwangskonversionen von Frauen unter Todesdrohungen. Trotz dieser alarmierenden Lage scheint das Problem in der Bundesregierung noch nicht angekommen zu sein. Dies ist umso besorgniserregender, da die Regierung eine wertegeleitete und feministische Außenpolitik fordert. In den kürzlich veröffentlichten zehn Leitlinien des Auswärtigen Amtes wird zwar eine solche Politik dargelegt, jedoch ohne das Thema der Religionsfreiheit zu erwähnen. Droht dieses wichtige Menschenrecht in Deutschland ins politische Abseits zu geraten? 

Ideologisch motiviertes Ausblenden von Religion

Der weltweite Kampf für Religionsfreiheit erhält in Deutschland immer weniger politische Aufmerksamkeit. Dies liegt an zwei Entwicklungen: Erstens hat der Einsatz für Religionsfreiheit ein parteiübergreifendes Personalproblem. Für die Generationen Y und Z ist das Thema keine Herzensangelegenheit. Hier stehen Klima- und Gerechtigkeitsfragen im Vordergrund. Gleichzeitig scheiden immer mehr Personen, die sich für das Menschenrecht Religionsfreiheit einsetzen, aus der aktiven Politik aus. Volker Kauder und Heribert Hirte beendeten ihr parlamentarisches Wirken 2021. Stefan Ruppert von der FDP verließ bereits 2020 und Volker Beck von den Grünen 2017 den Bundestag. Bei SPD und Linkspartei gilt Religionspolitik schon seit Längerem als Orchideenfach. 

 

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Zweitens ist das Interesse der aktuellen Bundesregierung an religiösen Themen sehr gering. Insbesondere die Bundesaußenministerin betont immer wieder, „den Genderblick in den Köpfen verankern“ (Annalena Baerbock) zu wollen. Allerdings scheint die Bundesregierung dem Irrtum aufzusitzen, dass Feminismus ein wesenhaft säkulares Projekt ist und sich Emanzipation und Religion grundsätzlich ausschließen.

Dieses offenbar ideologisch motivierte Ausblenden von Religion könnte erklären, weshalb wachsende Angriffe auf die Religionsfreiheit von Frauen kontinuierlich von der Regierung übersehen werden und warum kein substanzieller Einsatz für Religionsfreiheit in ihrer politischen Arbeit erkennbar ist (s. auch Iran). Obwohl das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit neu besetzt wurde, ist es weder mit angemessener personeller Ausstattung noch einem entsprechenden Budget versehen.

Ohne Religionsfreiheit sind Frauenrechte nicht zu haben

In Hinblick auf eine wertebasierte Politik gibt es drei Handlungsfelder, die angegangen werden müssen, um die Religionsfreiheit zu stärken: Erstens müssen Verbündete der kommenden Generationen im Einsatz für Religionsfreiheit durch gezielte On- und Offline-Kampagnen gewonnen werden. Diese Bemühungen um den Nachwuchs müssen die Verbindung zwischen Religionsfreiheit und den in der jüngeren Generation bereits beliebten Themen der Geschlechter- und Klimagerechtigkeit betonen. 

Zweitens benötigt das Engagement für Religionsfreiheit eine andere institutionelle Gewichtung, an deren Anfang eine personelle und finanzielle Aufwertung sowie Erhaltung des Amtes des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit jenseits von Legislaturperioden steht. Der Erfolg dieser Arbeit hängt entscheidend von regelmäßigen Reisen in Krisengebiete und dem Aufbau und der Pflege von Netzwerken ab. Wie auf der letzten „International Ministerial Conference on Freedom of Religion or Belief“ zu beobachten war, machen die zwischen zivilgesellschaftlichen und politischen Akteuren entstandenen Koalitionen im Kampf für weltweite Religionsfreiheit Hoffnung. Deutschland sollte sich endlich diesen Initiativen verbindlich anschließen.

Drittens muss Religionsfreiheit verstärkt als Querschnittsthema begriffen und entsprechend institutionell abgebildet werden, da nachweislich die Angriffe gegen das Menschenrecht Religionsfreiheit zunehmend gleichzeitig Frauenrechte, aber auch andere Menschenrechte betreffen.

Den eigenen Anspruch, im Sinne einer „Feministischen Außenpolitik“ zu handeln, sollte die Bundesregierung als Gelegenheit begreifen, beim Thema Menschenrechte auch die intersektionalen Verbindungen zwischen Frauenrechten und Religionsfreiheit zu beachten. Am Anfang dieses Umdenkens muss die Einsicht stehen: Ohne Religionsfreiheit sind Frauenrechte nicht zu haben.

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Karl-Heinz Weiß | Do., 4. Mai 2023 - 14:59

Aus welchen Gründen das Interesse an Fragen der Religionsfreiheit immer mehr erlahmt ? Sämtliche Religionen erfüllen ihre Vorbildfunktion in keiner Weise: katholische Kirche (Frauenteilhabe), evangelische Kirche (versteht sich überwiegend als politische Bewegung), russisch-orthodoxe Kirche (Kreuzzugsmentalität), ultraorthodoxe Juden (biblisch begründete Siedlungspolitik) usw.
Viele jahrzehntelang engagierte Christinnen verabschieden sich von den institutionellen Kirchen und bilden regional verankerte Netzwerke. Urkirche als Vorbild, diesmal unter weiblicher Leitung ?

Albert Josef Schultheis | Do., 4. Mai 2023 - 17:39

Das leuchtende Banner: "wertegeleitete und feministische Außenpolitik" unseres feschen Außen:Milchmädchens sagt konkret was sie meint: Die Außen:Politik ist nicht gemacht für Frauen und Mädchen sondern für Feminist:Innen. Wie wir bereits erfahren haben, gehören dazu nicht alle Feminist:Innen! Die "TERFs" gehören da zB nicht dazu. Diese sollen diskriminiert werden. Außerdem ist die Außen:Politik "werte-geleitet" und nicht "unwerte-geleitet"! Werte sind Grün, Islam, Opfer, Schwarz, migrantisch, palästinensisch, sozialistisch, ukrainisch - Unwerte sind Rechts, Täter, weiß, schon-länger-hier-lebend, Religion (außer der Klima-Sekte), Nazi, katholisch, jüdisch, jesidisch, russisch.
Wenn Mädchen und Frauen auf der Unwerte-Seite stehen - sorry, dann ist die "wertegeleitete und feministische Außenpolitik" für sie eher lebensgefährlich. Siehe Kriminalstatistik Deutschland.

Brigitte Miller | Do., 4. Mai 2023 - 19:06

für mich neuer Aspekt, aber ein folgerichtiger.

Thorwald Franke | Do., 4. Mai 2023 - 20:46

Diese Analyse ist unzureichend. Religion wird keineswegs völlig ausgeblendet. Sie wird vielmehr selektiv wahrgenommen.

Die Diskriminierung von Rohinga und Uiguren wird z.B. wahrgenommen. Auch der Hinu-Nationalismus wird wahrgenommen ... und abgelehnt. Andere Täter und Opfer mit religiösen Haupt- oder Nebenmotiven werden jedoch ausgeblendet. Übrigens auch im Inland. Religiöse Frauen leiden auch in Deutschland.

Es geht also nicht um Religion an sich. Man könnte meinen, es sei pro Islam und gegen Christentum. Aber nein. Deutlich zu sehen an christlichen Befreiungstheologen. Die werden unterstützt.

Was ist denn dann der Kern?

Es geht darum, alles, was als Links wahrgenommen wird, oder als Feind eines gemeinsamen Feindes, zu unterstützen, und alles, was als Rechts wahrgenommen wird, oder als Freund eines Feindes, abzulehnen. Das ist die zutreffende Analyse. Die Politik ist schlicht einseitig. Plump einseitig. Das gilt es herauszustellen.

Keppelen Juliana | Fr., 5. Mai 2023 - 09:05

macht nicht noch ein weiteres Fass auf, jetzt mit religiösen Frauen. Was kommt als nächstes ein Fass für religiöse rothaarige Frauen oder religiöse Transfrauen usw., usw.

Alexander Brand | Fr., 5. Mai 2023 - 10:29

Staatsreligion, nämlich die der linksfaschistoiden Grünsekte und wie alle Sekten, beansprucht die Grünsekte für sich den EINZIGEN Weg zur Wahrheit und zur Erlösung zu kennen. Die umfassende und ausschließliche Begründung ihrer Heilslehre liegt in ihrer Heilslehre selbst.

Das Dogma der Grünsekte steht über und vor allem anderen und somit natürlich auch über bzw. vor den (berechtigten) Interessen und dem Schutz von Frauen (Menschen) anderer aber vor allem der christlichen Religion.

Das versteht sich doch eigentlich von selbst!

Zu den für die Grünsekte relevanten/irrelevanten Werte siehe bitte Beitrag von Herrn Albert Josef Schultheis.

Gunther Freiherr von Künsberg | Fr., 5. Mai 2023 - 13:58

Diplomatie bedeutet mit friedlichen Mitteln, insbesondere mit der Kunst des Verhandelns internationale Beziehungen zu regeln. Das Gegenteil davon ist Krieg.
Feminismus bedeutet gegen Diskriminierung von Frauen zu kämpfen. Unsere Außenministerin sollte in 1. Linie die BRD vertreten und nicht die Frauen dieser Welt. Dem Autor ist recht zu geben, dass Frauenrechte und Religionsfreiheit oft nur zusammen gedacht werden können. (Z. B. Iran). Wer aber Diplomatie unter der Prämisse des Feminismus versucht, der lässt viele Grundregeln der Diplomatie außer 8. Eine solche Diplomatie muss zwangsläufig scheitern und Schaden anrichten.
Ich empfehle unserer feministisch denkenden Außenministerin ihre diplomatischen feministischen Anstrengungen dort zu aktivieren bzw. auszutoben, wo Frauen überhaupt keine Rechte haben, d.h. im Vatikan. Die Weltgeschichte wäre sicher anders verlaufen, währen dort in den letzten Jahrhunderten auch Frauen mit Gestaltungsmöglichkeiten gewesen.