Präsidentschaftswahl in Frankreich - Emmanuel Macron wiedergewählt

Amtsinhaber Emmanuel Macron ist Hochrechnungen zufolge mit knapp 60 Prozent der Stimmen als französischer Präsident wiedergewählt worden. Demnach setzte er sich deutlich gegen die rechtsnationale EU-Kritikerin Marine Le Pen durch. Macron kam auf etwa 58 bis 58,2 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 41,8 bis 42 Prozent.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach seiner Ansprache zur Wiederwahl am Sonntagabend / picture alliance
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Der Liberale Emmanuel Macron ist als französischer Präsident wiedergewählt worden. Laut Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend setzte er sich deutlich gegen die rechtsnationale EU-Kritikerin Marine Le Pen durch. Laut den Sendern France 2 und TF1 kam Macron auf etwa 58 bis 58,2 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 41,8 bis 42 Prozent.

Macrons Sieg ist vor allem als Niederlage Le Pens zu verstehen. Denn viele Franzosen waren mit seiner ersten Amtszeit unzufrieden. Etliche Parteien hatten nach der ersten Wahlrunde dazu aufgerufen, eine Mauer gegen Rechts zu bauen und eine Präsidentin Le Pen, die trotz betont gemäßigteren Auftretens weiterhin extrem rechte Positionen vertritt, durch eine Stimme für Macron zu verhindern. Diese Dynamik hatte es bereits 2017 gegeben, als Le Pen und Macron sich erstmals in der Stichwahl gegenüberstanden, sowie 2002, als Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen krachend gegen den Konservativen Jacques Chirac verlor.

Der 44-Jährige Macron profitierte außerdem angesichts des Ukraine-Krieges von Wünschen in der Bevölkerung nach Stabilität und einer gemäßigten Politik. Zudem hat er klare Erfolge am Arbeitsmarkt sowie einen robusten Durchstart der französischen Wirtschaft nach der Coronakrise vorzuweisen.

„Kommenden Jahre werden schwierig sein“

„Ich bin mir bewusst, dass mich dieses Votum für die kommenden Jahre verpflichtet“, sagte Macron am Sonntagabend vor einer Menschenmenge vor dem Eiffelturm in Paris. „Die kommenden Jahre werden sicherlich schwierig sein, aber sie werden historisch sein, und gemeinsam müssen wir sie für die neuen Generationen schreiben“, so der 44-Jährige.

„Sie haben sich für ein humanistisches, republikanisches, soziales und ökologisches Projekt entschieden, das auf Arbeit und Kreativität beruht, ein Projekt zur Befreiung unserer akademischen, kulturellen und unternehmerischen Kräfte“, betonte Macron. „Diese neue Ära wird nicht die Kontinuität der zu Ende gehenden fünf Regierungsjahre sein.“ Der Präsident fuhr fort: „Wir werden anspruchsvoll und ehrgeizig sein müssen. Wir haben so viel zu tun, und der Krieg in der Ukraine ist da, um uns daran zu erinnern, dass wir uns in tragischen Zeiten befinden, in denen Frankreich seinen Weg finden muss.“

Der Wahlsieg Macrons dürfte eine große Erleichterung für Deutschland und Europa sein, auch wenn der charismatische Liberale bei weitem nicht überall der Wunschpartner ist. Seine Widersacherin wollte sich von der seit Jahrzehnten engen Zusammenarbeit mit Deutschland lossagen. Die europaskeptische Nationalistin Le Pen strebte zudem danach, den Einfluss der Europäischen Union in Frankreich entscheidend einzudämmen, und hätte in Brüssel etliche Vorhaben aus Eigeninteressen ausbremsen können. Der Pro-Europäer Macron hingegen gilt im Tandem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Europa als treibende Kraft.

Nähe Le Pens zu Putin

Auch Le Pens Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin schürte in der aktuell eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland Sorgen. Befürchtet wurde, dass die feste Pro-Ukraine-Front des Westens unter Le Pen bröckeln könnte. Immerhin stellte sie bereits wieder eine Kooperation mit Russland nach dem Krieg in Aussicht und kündigte an, Frankreich aus der Kommandostruktur des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato auslösen zu wollen. Macron gilt im Gegensatz dazu als einer der wichtigsten westlichen Vermittler in dem Krieg. Immer wieder telefoniert er mit Putin.

Bereits 2017 standen der damalige Politjungstar Macron und die Rechte Le Pen einander in der Stichwahl um die Präsidentschaft gegenüber. Damals war Le Pen ihrem Kontrahenten aber viel deutlicher unterlegen - sie holte nur ein Drittel der Stimmen. Le Pen bemühte sich im jüngsten Wahlkampf nun um ein gemäßigtes Auftreten und gilt mittlerweile auch in Teilen der bürgerlichen Rechten als wählbar. Der Frust über Macrons Amtszeit und seinen mitunter als arrogant empfundenen Politikstil kamen ihr zugute.

Macron, der im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt setzte, hatte 2017 mit seiner Bewegung La République en Marche den Einzug in den Élyséepalast geschafft. Damals ein eher linker Kandidat, vertritt er mittlerweile verstärkt liberal-konservative Themen. Bevor er Präsident wurde, arbeitete der Nordfranzose als Investmentbanker, beriet den sozialistischen Präsidenten François Hollande und war unter diesem von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister.

Macrons Wiederwahl ist auch historisch gesehen nicht selbstverständlich: Seit Gründung der fünften Republik 1958 traten vor ihm nur drei Präsidenten eine zwei Amtszeit an, zuletzt der Konservative Jacques Chirac (1995 bis 2007). Der Konservative Nicolas Sarkozy scheiterte 2012 in seinem zweiten Anlauf auf das Präsidentenamt.

Der französische Staatschef hat weitreichende Machtbefugnisse und amtiert fünf Jahre. Etwa 48,7 Millionen Französinnen und Franzosen waren zur Wahl eingeschrieben. In der ersten Runde vor zwei Wochen traten zwölf Kandidatinnen und Kandidaten an. Die traditionellen Volksparteien der Sozialisten und Republikaner fuhren historisch schlechte Ergebnisse ein.

Für die Geschicke Frankreichs wird es nun entscheidend sein, ob Macron bei den im Juni anstehenden Parlamentswahlen ebenfalls auf eine Mehrheit kommt. Geschieht dies nicht, müsste er einen Regierungschef aus dem Mehrheitslager benennen. Seine Macht wäre dann deutlich geschwächt, und das Treffen politischer Entscheidungen würde entscheidend schwieriger. Während Macron in der Stichwahl noch auf die Unterstützung linker Parteien und der Konservativen zählen konnte, verfolgen diese für die Parlamentswahl eigene Interessen. Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, der bei den Präsidentschaftswahlen auf Platz drei landete, hofft, mit einem Wahlsieg der Linken im Juni Premierminister zu werden. Auch die Rechten dürften versuchen, durch das Parlament an Macht zu gewinnen.

Glückwünsche aus Deutschland

Deutsche Spitzenpolitiker der Ampel-Koalition und der Union haben dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Wiederwahl gratuliert - und teilweise ihre Erleichterung kundgetan. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sprach am Sonntagabend auf Twitter von einer „guten Nachricht für Europa und für die Fortsetzung der Deutsch-Französischen Freundschaft“. „Sicher fällt gerade nicht nur mir ein Stein vom Herzen“, twitterte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).

Der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach von einer „Richtungswahl“. „Es ging um grundsätzliche Wertefragen“, schrieb er ebenfalls auf Twitter. „Entschieden haben sich die Französinnen und Franzosen für Macron. Damit ist das vereinte Europa die größte Gewinnerin dieser Wahl.“ CDU-Chef Friedrich Merz erklärte auf dem gleichen Wege, auch Europa habe heute gewonnen. „Jetzt ist ein neuer Anlauf für deutsch-französische Zusammenarbeit möglich und nötig!“

Grünen-Chef Omid Nouripour kombinierte seine Gratulation an Macron mit der Einschätzung, die „Normalisierung extremistischer Diskurse“ im französischen Wahlkampf sei eine Mahnung. „Es gilt, mit aller Kraft für Demokratie & Freiheit einzutreten und unsere europäischen Werte zu verteidigen.“

Der SPD-Parteivorstand schrieb auf Twitter: „Frankreich hat eine Wahl getroffen. Für Europa und für den Zusammenhalt.“

CSU-Chef Markus Söder bewertete Macrons Sieg als „gutes Signal für Europa“. „Einigkeit und Zusammenhalt sind gerade in der jetzigen Zeit besonders wichtig. Europa funktioniert nur gemeinsam“, schrieb der bayerische Ministerpräsident bei Twitter. dpa

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