Präsidentschaft von Donald Trump - Es war nicht alles schlecht

Trumps Präsidentschaft litt von Anfang an unter Häme und Beleidigungen vieler Medien. Zwar hat der US-Präsident es den Kritikern mit seinem Narzissmus und seiner Ahnungslosigkeit leicht gemacht, doch seine Erfolge sollten nicht unterschätzt werden.

Trump ist keine Lichtgestalt, aber auch nicht das groteske Zerrbild, das gerne gezeichnet wird / dpa
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Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Als am 8. November 2016 Donald John Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, brach für viele Menschen eine Welt zusammen – insbesondere für jene, die sich als linksliberal, modern und irgendwie progressiv empfanden. Auf eine kurze Schockstarre folgte dann eine wütende mediale Dauereruption, die ohne Unterbrechung bis heute anhält. Trump war noch nicht vereidigt, da hatten sich schon die Twitter-Community und die liberalen Leitmedien der westlichen Welt auf den Mann mit den Hochhäusern eingeschossen.

Was wir seitdem erlebt haben, ist beispiellos in der Mediengeschichte der Nachkriegszeit. Nie zuvor haben Medien demokratischer Staaten – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – so undifferenziert, so emotional, so voll Abscheu und arroganter Herablassung über einen Staatsmann eines befreundeten Staates berichtet. Wo nüchterne Berichterstattung gefordert gewesen wäre, erlebte der Hörer, Zuschauer oder Leser erschreckend oft simple Agitation. Kritik mutierte allzu häufig zu blindem Trump-Bashing. Sachliche Analyse und distanzierte Betrachtung wurden ersetzt durch Gehässigkeit, durch Beleidigungen und Häme. Allzu viele Journalisten begriffen ihren Beruf in Sachen Trump als Kampfauftrag, um jede beliebige Handlung oder Äußerung des Präsidenten als menschenverachtend, bösartig oder gemeingefährlich zu entlarven.

Peinlicher Narzissmus

Natürlich hat es Trump seinen Kritikern leicht gemacht. Sein peinlicher Narzissmus, seine Ahnungslosigkeit, seine egomane Impulsivität, sein gefährliches Kokettieren mit Gewalt sind abstoßend und gehören selbstverständlich kritisiert. Doch genau an diesem Punkt hören die meisten Analysen auf – und das ist zu wenig. Denn Trumps Wählerschaft und seine durchaus vorhandenen Erfolge werden damit nicht erklärt, im Gegenteil.

So gehört es zu Trumps Verdiensten, jener Klientel wieder eine politische Heimat gegeben zu haben, die von den Demokraten in den letzten Jahrzehnten fallen gelassen und als „basket of deplorables“ (Hillary Clinton) abgewertet wurde. Entschlossen stellte sich der Milliardär auf die Seiten der konservativen Provinzbevölkerung und gegen die kosmopolitischen Großstadtmilieus. Damit ging er zugleich auf Konfrontationskurs mit dem politischen Establishment auch in der eigenen Partei. Insbesondere sein Antiglobalisierungskurs brachte sowohl die wirtschaftsliberalen Neocons als auch die internationalistische Linke gegen ihn auf. Diesen Zweifrontenkrieg konnte Trump vermutlich nicht gewinnen.

Großspurige ökonomische Versprechungen

Zur nüchternen Bilanz der Präsidentschaft Trumps gehört auch, dass seine defensive Interpretation des amerikanischen Exzeptionalismus und seine Besinnung auf die innere Stärke der USA („America First!“) außenpolitisch mehr bewegt hat als die Aggressivität eines George W. Bush und die Scheinheiligkeit eines Barack Obama. Sowohl die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten als auch die Fortschritte auf der koreanischen Halbinsel sind auf Trumps (in dieser Hinsicht) erstaunlichen Realitätssinn und seinen Verzicht auf jede Form von „Regime Change“ zurückzuführen. Und während bei den Demokraten zunehmend Israelkritiker das Wort führen, ist es Trump gelungen, die Israelfeinde in der arabischen Welt diplomatisch in die Defensive zu bringen – ein erstaunlicher, aber kaum gewürdigter Erfolg.

Sogar Trumps großspurige ökonomische Versprechungen wären ohne die Corona-Pandemie vermutlich halbwegs in Erfüllung gegangen. Wenn auch auf Kosten erheblicher Staatsschulden kamen die USA in seinen ersten drei Regierungsjahren auf ein Wirtschaftswachstum von jeweils deutlich über 2 Prozent und zeigten Chinas aggressiver Wirtschaftspolitik zugleich deutliche Grenzen auf.

Groteskes Zerrbild

Trumps wichtigstes Verdienst ist jedoch, die Arbeiterschaft und damit zugleich die Realität einer Klassengesellschaft wieder auf die politische Bühne gehoben zu haben. Die entscheidenden Machtfragen, das ist dem Außenseitermilliardär zumindest instinktiv klar, sind ökonomischer Natur und nicht etwa ethnischer. Dass ihn das bei den wohlhabenden Salonlinken der Ost- und Westküste nicht beliebt macht, überrascht nicht.

Trump ist keine Lichtgestalt, wie seine Anhänger glauben machen wollen, er ist aber auch nicht das groteske Zerrbild, das auch hierzulande gerne gezeichnet wird. Mit einem Präsidenten Biden würde zwar der Tonfall politischer Kommunikation erheblich kultivierter, was ohne Frage ein Wert an sich ist. Ob die USA und die gesamte Welt darüber hinaus mit dem ehemaligen Senator aus Delaware aber wirklich besser dastehen würden, ist weitaus weniger sicher als manche meinen.

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