Foxconn-Gründer Terry Gou - Ein Trump aus Taiwan

Foxconn-Gründer Terry Gou will Präsident von Taiwan werden. Der superreiche Geschäftsmann wirbt damit, die Beziehungen zum chinesischen Festland zu verbessern, und Frieden für Jahrzehnte zu garantieren. China selbst ist gegenüber Gou eher reserviert.

Terry Gou will Präsident werden / dpa
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Felix Lill ist als Journalist und Autor spezialisiert auf Ostasien.

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Terry Gou ist kein Typ von falscher Bescheidenheit: „Wenn Sie mir vier Jahre Zeit geben“, versprach er im August vor einer größeren Menschenmenge, „dann garantiere ich, dass über die nächsten 50 Jahre Frieden auf der Taiwanstraße herrschen wird“. Als der 73-Jährige diese Zuversicht von einem Rednerpult aus in die Welt rief, verkündete er damit auch: Er, Terry Gou, einer der profiliertesten Unternehmer Taiwans, will Präsident werden.

Tatsächlich könnte er bei der im Januar anstehenden Wahl ein ernst zu nehmender Kandidat sein. Immerhin ist der Konflikt, der sich auf beiden Seiten der als Taiwanstraße bekannten Meerenge abspielt, nicht nur von großer geopolitischer Bedeutung, sondern für Taiwan gar existenziell: Die Insel mit ihren 26 Millionen Einwohnern wird von Festlandchina reklamiert; immer wieder droht Peking indirekt mit einer Invasion. Die Mehrheit in Taiwan aber will nicht unter fremder Dominanz leben. Die Lage ist ernst. Und Terry Gou behauptet, die Lösung zu haben. Oder eher: die Lösung zu sein. 

Abgrenzung gegenüber China

Gou ist Gründer des Konzerns Foxconn, dem wichtigsten Fertiger von iPhones und vielen anderen Elektroprodukten, die er nicht zuletzt auf dem chinesischen Festland zusammenbauen lässt. Als Arbeitgeber von Hunderttausenden Menschen in China steht der Multimilliardär Gou wie kein anderer Taiwaner für die Verflechtung von Festlandchina und Taiwan. Und Gou wünscht sich noch viel mehr Geschäfte, auch damit ein möglicher kriegerischer Konflikt unmöglich werde. Ein neuerlicher Kriegsausbruch wird seit Jahrzehnten befürchtet. 
 

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Zum Ende des Chinesischen Bürgerkriegs 1949 hatten sich die unterlegenen Nationalisten nach Taiwan zurückgezogen, während die siegreichen Kommunisten das Festland kontrollierten. Allerdings haben beide Parteien immer beansprucht, ganz China zu regieren. In Peking ist man davon bis heute nicht abgerückt. In Taiwan, wo die Nationale Volkspartei (KMT) bis in die 1980er Jahre diktatorisch an der Macht war, hat man die Idee einer Rückeroberung des Festlands aufgegeben.

Aber die Frage, wie man sich zu seinem bevölkerungsmäßig, ökonomisch und auch militärisch übermächtigen Nachbarn positionieren soll, prägt die Debatten bis heute. Die scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen, die nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten darf, steht mit ihrer Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) für eine möglichst deutliche Abgrenzung gegenüber China. Die KMT kritisiert die DPP dafür, den Konflikt mit Peking unnötig angeheizt zu haben. Terry Gou würde dem zustimmen, hält aber auch die KMT in dieser Sache für inkompetent: Er könne es besser.

Durch seinen Werdegang im Vorteil

In seiner Heimat wird Gou auch als „Taiwans Trump“ bezeichnet, denn wie der amerikanische Ex-Präsident sieht er sich durch seinen Werdegang im Vorteil: „Ich bin ein Unternehmer mit fast fünf Jahrzehnten praktischer Erfahrung. Wer sonst wäre besser geeignet, Taiwans politische Sphäre zu leiten?“ Hier hat Gou einen Punkt: Durch Pekings Blockadepolitik in internationalen Organisationen ist Taiwan nämlich formal von kaum einem Staat anerkannt, wodurch Taiwans Präsidenten auch keine Staatsbesuche genießen können. Gou aber kennt viele Staats­chefs gut – als mächtiger Unternehmer. 

Für Gou ist es das zweite Mal, dass er nach dem höchsten politischen Amt greift. Bereits 2019, als er als Chef von Foxconn zurückgetreten war, hatte er sich um eine Kandidatur für die KMT beworben – ohne Erfolg. So versucht Gou es nun als unabhängiger Kandidat. Als Favorit gilt allerdings der DPP-Kandidat Lai Ching-te, der die bisherige Politik fortführen würde. Die Zuschreibung „Taiwans Trump“ ist eben nicht unbedingt ein Kompliment. Viele in Taiwan halten den Politiker Gou für weniger kompetent als dieser sich selbst.

Dabei stehen nicht nur die Umfragen gegen ihn. Auch China, das Gou angeblich besser versteht als die etablierten Parteien, zeigt sich eher reserviert. Im Sommer tönte Gou noch, er ließe sich von Peking nichts sagen; immerhin ist er dort einer der größten Investoren. Doch womöglich stießen Gous Äußerungen, mit denen er auch eine politische Marschrichtung Taiwans unter seiner Präsidentschaft andeutete, bei der chinesischen Führung sauer auf: Ende Oktober wurde bekannt, dass sich chinesische Steuerbehörden die Bücher von Foxconn nun genauer ansehen. Mehrere Beobachter interpretieren das als Revanche gegenüber Gous forschen Äußerungen.

Das Risiko, sich zu verzocken

Hat Gou sich verhoben? Schlimmstenfalls verliert er nicht nur die Präsidentschaftswahl in der Heimat, sondern auch seine Stellung als Unternehmer, der in Festlandchina Unsummen an Geld verdient hat. Der Aktienwert von Foxconn brach auf die Nachricht der Ermittlungen hin schon ein. Seitdem wurde es dann auch um seine Wahlkampagne stiller. Aber so ist das als Investor: Das Risiko, sich zu verzocken, bleibt immer.
 

 

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