Corona-Infektion von Trump, Bolsonaro, Johnson - Das politische Virus

Johnson, Bolsonaro und jetzt Trump: Das Corona-Virus hat unter den poltischen Führern der Welt drei seiner größten Verharmloser erwischt. Der Brite und der Brasilianer sind unterschiedlich mit der Erkrankung und den persönlichen Lehren umgegangen. Wie wird das bei Trump sein?

US-Präsident Trump in einem Konferenzraum des Walter-Reed-Hospitals / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Häme und Schadenfreude verbieten sich, wenn ein Mensch schwer erkrankt ist. Jedem Menschen gebühren die besten Genesungswünsche und Mitgefühl, auch dann, wenn diese Person selbst diese elementaren Grundlagen menschlichen Zusammenseins permanent missachtet. 

Die Covid-19-Erkrankung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump hält die Welt in Bann, hat die Börsen wackeln lassen und viele Reaktionen heraufbeschworen, die gegen den Anstand und die Menschenwürde verstoßen. Jenseits dessen ist aber klar, dass Trumps Infektion mit dem Corona-Virus einen immensen politischen Impact hat. Trump gehört jetzt weltweit zu den großen drei unter den Staats- und Regierungschefs, die sich der Seuche und ihrem Verursacher verächtlich bis ignorant gegenüber gezeigt und die kurz oder lang daran erkrankt sind. 

Johnsons Grenzerfahrung 

Der erste in der Reihe war der britische Premier Boris Johnson. In einem Krankenhaus hatte er noch Hände Covid-19-Kranker geschüttelt und damit jene verhöhnt, die auf die Gefährlichkeit der Krankheit hingewiesen hatten. Kurze Zeit darauf erkrankte er schwer. Zwei Tage und Nächte lang, sagte er hinterher, hätte es in beide Richtungen ausgehen können. Sprich: Der Tod klopfte an seine Tür. Er macht seither einen anderen Eindruck. Einige Zeit (eigentlich bis heute) sah und sieht er jedenfalls von Ferne noch nicht wie der Alte aus. Und seine Politik und seine Rhetorik haben sich der Grenzerfahrung angepasst. 

Der zweite Corona-Verharmloser, den es erwischte, war der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Ihm war ein milder Verlauf beschert, was ihn in die Lage versetzte, seine bisherige Haltung bestätigt zu sehen: Seht her, ein echter Kerl wie ich, der isst so ein Virus zum Frühstück und steht mittags schon wieder in alter Kraft da. 

Spitzenplätze in den traurigen Top Ten

Allen drei Ländern, den USA, Großbritannien und Brasilien ist gemeinsam, dass sie ganz vordere Plätze in den traurigen Top Ten der am meisten betroffenen Länder einnehmen, sowohl was die Ansteckungen als auch was die Todesfälle heruntergebrochen auf die Bevölkerungszahl angeht.

Deutschland mit einer Kanzlerin, die nach persönlichkeitsbedingtem anfänglichen Abwarten die Sache mehr oder minder Hand in Hand mit den Ministerpräsidenten der Länder in die Hand genommen hat, steht da vergleichsweise strahlend da. Ein vergleichsweise exzellentes Gesundheitssystem und eine föderal funktionierende Verwaltung in Gestalt des Robert-Koch-Institutes an der Spitze und der Gesundheitsämter in der Fläche tun ein übriges.

Korrelation erlaubt

Es erscheint also zulässig, eine Korrelation zwischen der Einstellung der politischen Führung gegenüber dem Virus und dessen Ausbreitung in dem jeweiligen Land zu sehen. Und klar ist auch, dass die jeweilige Performance Auswirkungen auf die Wählergunst hat. Da hierzulande das Corona-Management in den Händen der Kanzlerin des Gesundheitsministers und der besonders betroffenen Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen liegt, profitiert vor allem die Union in den Umfragen. 

In den USA geht es nicht nur um Umfragen. Die Wahlen stehen unmittelbar bevor. Es ist derzeit offen, ob der Mitleideffekt mit dem erkrankten Präsidenten den Ausschlag geben wird oder der Umstand, dass die von ihm kleingeredete Pandemie (im ersten TV-Duell verhöhnte er seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden dafür, dass dieser permanent Maske trägt) nun auf den Präsentierteller der Präsidentschaftswahlen gekommen ist. 

Lebenskrisen lehren Demut

Die für die USA und auch die Welt aber tieferliegende politische Frage ist die: Wird Covid-19 bei Trump wie bei Johnson bewusstseinsbildend wirken und damit zu einer Änderung möglicherweise seiner ganzen sozial inkompatiblen Persönlichkeit führen? Oder wird es ausgehen wie bei Bolsonaro, sowohl was den Verlauf der Krankheit als auch den Lerneffekt anlangt? 

Der Welt und den USA wäre die erste Variante zu wünschen. Weil noch lange nicht ausgemacht ist, dass Trump verliert. Und/oder im Falle einer knappen Wahlniederlage diese auch anerkennt. Lebenskrisen, dazu gehen auch schwere Krankheiten, lehren oft Demut. Bei Donald Trump fällt es (auch angesichts seiner Spritztour vor dem Krankenhaus) zugegeben schwer, daran zu glauben. Aber ausgeschlossen ist es nicht.    

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