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Chaotisch, laut, gehässig: So fassten die Medien das TV-Duell zusammen / Screenshot

Trump und Biden im TV-Duell - „Gehen Sie nicht mit dem Schwein in den Schlamm!“

Fünf Wochen vor der US-Präsidentenwahl lieferten sich Donald Trump und Joe Biden das erste von drei TV-Duellen. Tenor des Presse-Echos: Was dort am Dienstagabend stattfand, war wohl die chaotischste und giftigste Debatte in der Geschichte der TV-Duelle. Eine Presseschau.

Autoreninfo

Johanna Jürgens hospitiert bei Cicero. Sie studiert Publizistik und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Zuvor arbeitete sie als Redaktionsassistenz beim Inforadio des RBB.

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CNN: „Ein Bärendienst für die Demokratie"

„Das war eine absolut schreckliche Debatte, die absolut nichts dazu beitrug, die Öffentlichkeit über die beiden Kandidaten aufzuklären und darüber, was sie tun würden, wenn sie vier Jahre Zeit hätten, um den Vereinigten Staaten als Präsident zu dienen. Dass so etwas passiert ist, obwohl mehr als 200.000 Amerikaner an Covid-19 gestorben sind und sich die Zahl bis zum 1. Januar verdoppeln könnte, machte die Unseriösität umso auffälliger – und schmerzhafter. Die Debatte war ein Bärendienst für die Demokratie. (…) Trump dominierte die Debatte – aber das lag daran, dass er Biden und Moderator Chris Wallace auf Schritt und Tritt gemobbt, unterbrochen und überredet hat. (…) Wallace, der einer der besten Interviewer im politischen Journalismus ist, verlor innerhalb der ersten fünf Minuten die Kontrolle über die Debatte – und bekam sie nicht annähernd zurück. (…) Biden vergaß die oberste Regel für Debatten mit einem Kandidaten wie Trump: Gehen Sie nicht mit dem Schwein in den Schlamm, weil Sie beide schmutzig werden und das Schwein es mag.“

New York Times: „Natürlich ging es nur um Trump" 

„Präsident Trump hat für die Debatte am Dienstag getan, was er in seinen vier Jahren für das politische Leben des Landes getan hat: So viel tobende Lautstärke, zerstörerische Aufdringlichkeit und völlige Fiktion wie nötig zu liefern, um dem Verlauf der Debatte seinen Willen aufzuzwingen. (...) Als unersättlicher Selbstevangelist und Leugner von Realitäten, die ihm missfallen, lud Herr Trump die Zuschauer am Dienstag ein, seine bevorzugte Version der Ereignisse aus der Trump-Ära anzunehmen – eine Art glücklicher Ort für die Bekehrten, wo seine Regierungszeit makellos war, es reichlich Gewinner gab und das Virus effektiv besiegt wurde. (…) Und Mr. Biden – der Sohn von Scranton (und der Mann von Washington), den selbst Anhänger mehr für seine Absichten als für seine Beredsamkeit bewundern – war der Kandidat, auf den sich die Demokraten auf Gedeih und Verderb einigen konnten. Seine Anekdoten trieben dahin. Er wirkte weniger bewegend als performativ verärgert, als gebe er sein Debüt in einer Off Broadway-Show mit dem Titel ,Come On, Man!'“

Bloomberg: Die Debatte hat nichts verändert 

„Biden gelang es größtenteils, Trumps Fallen auszuweichen. Dabei half, wie schmerzlich offensichtlich Trump sie stellte. (…) Die Kritik der Biden-Kampagne an Trump konzentriert sich hauptsächlich auf dessen Charakter: Er kümmere sich zu sehr um sich selbst und nicht genug um das Land, er sei spaltend und er sei, um es nicht allzu genau zu sagen, ein Idiot. Trump schien oft entschlossen zu sein, Beweise für Bidens Vorwürfe zu liefern. (...)

Wenn Sie ein Wähler sind, der sich Sorgen über genau die Probleme macht, die Biden in Bezug auf Trump aufwirft, hat der Präsident Sie nicht beruhigt. Wenn Sie ein Wähler sind, der ein klares Gefühl dafür haben möchte, wohin jeder Kandidat das Land bringen möchte, haben Sie Pech gehabt. Keinem dieser Kandidaten geht es tatsächlich um die Politik, das hat sich gezeigt. (…) Wer die Debatte gewonnen hat, hängt davon ab, wo die Kandidaten am Anfang standen. Wenn Biden bequem vorne liegt, wie die Umfragen allgemein zeigen, brauchte Trump die Debatte, um den Kurs des Rennens zu ändern, und das tat sie nicht. (…)
Die erste Begegnung zwischen Joe Biden und Donald Trump änderte nichts, außer die Würde des Landes noch ein wenig weiter zu schmälern.“

HuffPost: Eine Machtdemonstration

„Obwohl Trumps Auftreten typisch für ihn war, ist nicht klar, was der Präsident in der Debatte dafür unternommen hat, die Millionen von vorstädtischen und weiblichen Wählern zu beeinflussen, die sagen, dass sie nach fast vier Jahren im Amt von seinem Verhalten abgeschreckt sind. Eine Präsidentendebatte ins Chaos zu stürzen, wenn Sie in den Umfragen zurückliegen, mag zwar einen Zuckerschub beim ähnlich kämpferischen Fox News auslösen, wird aber wahrscheinlich eine schlechte langfristige Strategie für den amtierenden Präsidenten sein. (…)

Es war jedoch eine treffende Demonstration dessen, wie Trump das Weiße Haus gewann und als Präsident regierte: Indem er ungeschriebene politische Regeln wie den gegenseitigen Respekt für politische Gegner, ignorierte. (…) In einigen seltenen Momenten, in denen Biden zu Wort kam, gelang es ihm, das zu erreichen, was er in seinem Wahlkampf versucht hatte: direkt mit den Wählern zu sprechen. Biden schaute direkt in die Kamera und fragte, wie viele Amerikaner einen freien Platz an ihrem Tisch hätten, nachdem sie einen geliebten Menschen durch die Pandemie verloren hatten. Er fragte die Amerikaner der Arbeiterklasse, wie es ihnen im gegenwärtigen Wirtschaftsklima wirklich gehe. Und in einem letzten Plädoyer forderte er die Amerikaner auf zu wählen, wie auch immer sie sich wohl fühlten."

The Washington Post: Tortenschlacht statt politischer Debatte

„Trumps Strategie war klar: Biden und Debattenmoderator Chris Wallace niederzuwalzen, in der Hoffnung, einen schlechten Moment zu provozieren. Es war die Strategie eines Herausforderers mehr als die eines Amtsinhabers, und sie zeigte, dass Trump seinen Kurs eher ändern muss als Biden. (...) Bidens Strategie war auch klar: an seinen bevorzugten Gesprächsthemen festzuhalten, sich nicht allzu viel zu beteiligen und Trump das zu verweigern, was er wollte. (…) Die Debatte war aus politischer Sicht nicht aufschlussreich, hauptsächlich weil Trump eine Tortenschlacht wollte.

Biden gab es ihm nicht, was die Realität bestätigte, wer dieses Rennen gerade führt. (…) Trumps größte Verantwortung bei den Wahlen ist die Corona-Pandemie, bei der Umfragen regelmäßig zeigen, dass selbst einige seiner Anhänger nicht glauben, dass er gute Arbeit geleistet hat. Trump bot wenig an, um das zu ändern. Und Biden hatte einige seiner stärksten Momente zu diesem Thema. Wallace war in gewisser Weise darauf eingestellt, am Dienstagabend zu scheitern. (..) Es ist unklar, ob ein anderer Moderator in der Lage gewesen wäre, mit dem umzugehen, was da auf ihn geworfen wurde. Aber es war einfach keine gute Debatte.“

The Guardian: Freie Bahn für große Lügen 

„Fünf Wochen vor dem Wahltag liegt Trump in den Umfragen zurück. Inmitten der Vorwürfe, er habe die Pandemie falsch gehandhabt sowie der schädlichen Berichte über seine Finanzen und Kommentaren zum Militär war die Debatte vielleicht Trumps bisher beste Gelegenheit, die Dynamik des Rennens zu verändern, das während eines außergewöhnlich turbulenten Sommers bemerkenswert stetig war. (…) Aber selbst, als Trump versuchte, Biden festzunageln, zertrampelte Trump seine eigene Botschaft mit der erstaunlichen Weigerung, den weißen Nationalismus zu verurteilen und sich zu einem friedlichen Machtwechsel zu verpflichten. (…)

Moderatoren von Präsidentendebatten betreiben normalerweise keinen Faktencheck der Aussagen der Kandidaten, und Wallace machte frühzeitig klar, dass er dies nicht als seine Rolle ansah. (…) Wie erwartet erhob Trump unbegründete Anschuldigungen gegen Bidens Sohn Hunter im Zusammenhang mit dessen Geschäftsbeziehungen in der Ukraine. Trump wurde angeklagt, weil er Regierungsbeamte in Kiew dazu gedrängt hatte, die Geschäftsbeziehungen der Familie Biden zu untersuchen. Obwohl es keine Anzeichen für ein Fehlverhalten gibt, haben sich die republikanischen Verbündeten des Präsidenten weiterhin auf die konstruierte Kontroverse konzentriert."
 

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Yvonne Stange | Mi., 30. September 2020 - 15:22

... man kann es einfach nicht mehr hören!! Haben wir keine eigenen Probleme!? Der Vergleich mit dem Schwein ist völlig daneben! Obwohl Schweine sehr intelligente, einfühlsame und - man mag es kaum glauben - reinliche Tiere sind!
Trump sei gesagt: "Was stört es die _amerikanische_ Eiche, wenn sich die Wildsau dran schubbert!"
Man könnte bei der Flut von Arikeln mutmaßen, es würde bei uns in Deutschland gewählt, aber da läuft ja alles bestens, oder doch nicht??

würde wohl weitaus wohlwollender von einigen Foristen kommentiert, wäre der Ton, mit dem Trump hier durchaus passend beurteilt wird, ein geneigter.

Man darf sich an die Corona-Pegida-Demo in Berlin erinnern: Der Sturm der Reichstagstreppe wurde ausgelöst durch eine Heilpraktikerin, die der aufgepeitschten Menge "berichtete", Trump sei in der Stadt und würde bei der Einrichtung einer Übergangsregierung aktiv.

Bekanntlich haben die Treppenstürmer ja in diesem Forum durchaus Beifall erhalten.

Romuald Veselic | Mi., 30. September 2020 - 17:14

als politischer Presse Übersicht. Könnte als Anti-Trump Literatur/Pamphlets klassifiziert werden. Ansonsten war das nur Wiederholung dessen, was ich in letzten 4 Jahren über Donald T gehört/gelesen/mitgeteilt bekommen habe. Aus D-Medien & Co. Ergo - Nichts neues in höchstem Gehirn-Waschmaschinen-Schleuderprogramm. Kein Unterschied zu hiesiger taz/Neues Deutschland über AfD, als deutsch-eigener Ersatz-Trump.
Immer das ewiggleiche? Die 100-mal wiederholte Unwahrheit, wird in unseren Zeiten nicht mehr zur Wahrheit. Das ist der Unterschied zu 1933-45 und 1949-89 (DDR).
Ich sehe schon jetzt die D-Medien-Titel am 4. November, der schlechteste Präs und charakterloseste Mensch der Welt, wurde zum 2-mal US President. Wie könnte das passieren? Wie kann man den D-Medien und Nomenklatura sowas antun?

Die Bezeichnung der USA durch Frau Albright stimmt, eigentlich, immer noch. Für Deutschland und Europa jedenfalls. Deshalb ist es nicht gleichgültig wer im Weißen Haus sitzt, und wie man mit der Administration gemeinsame Interessen nach vorne bringen kann. Egal ob Nato, WHO, eine Position zu China, oder gar eine Befriedung im Mittleren Osten. Die EU mit USA wären nämlich ein Wirtschaftsblock der den Chinesen wirtschaftlich und damit geopolitisch den Marsch blasen könnte, nur dass Trump und seine wirtschafts- und handelspolitischen Berater dies nicht als relevant gesehen haben. Die deutsche Anteilnahme an den US-Wahlen erscheint deshalb mehr als legitim. Es ist ja auch nicht alles oberflächlich.

ich habe andere Sichtweise/Empfinden der gleichen Problematik, als Sie.
Die Wahrnehmung ist individuell. Ich sehe die Ansatzpunkte anders und anderswo. Es gibt unterschiedliche Prioritäten: Refugees first, Landung auf dem Mars first, Feierabend first, etc...
Sie wissen, glaube ich, dass ich renitent gegen Belehrungen aus Deutschland o. Luxemburg bin. D ist kein moralischer Maßstab für mich. Ich entschuldige mich dafür. Das Gute aus D, kann das Schlechteste, in einem anderen Land sein. Ein Aspekt der Relativitätstheorie.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 30. September 2020 - 18:05

Ich habe bereits geschrieben, so etwas tue ich mir nicht an. Leider fehlt es dem Artikel an der ein oder anderen Stelle an der neutralen Tonalität. Wenn sich diese beiden Herren auf dieses Niveau geben haben, kann das doch nicht wirklich verwundern. Gerade dieser Wahlkampf wurde doch von beiden Seiten derart unter der Gürtellinie geführt und vor allem von den Medien entsprechend begleitet, da wurde geliefert, was jeder ohnehin gerade von Trump glaubt.
In Amerika hat sich in den letzten Jahren doch kaum politische Qualität durchgesetzt, sondern wer das meiste Geld hat und die größten "Schweinereien" des jeweiligen Gegners ausgraben kann.
Mir ist die US-Wal egal. Für mich sind die Zustände in DE wichtig. Nehme den Artikel zur Kenntnis und werde ihn gleich wieder vergessen.

Ich schließe mich Ihren Worten an.
Für mich sind in allererster Linie auch die Zustände in Deutschland wichtig.
Um d i e s e und um deren weitere Entwicklung sollten wir uns noch viel interessierter und kritischer kümmern.
Was in den USA geschieht, darauf haben wir keinen Einfluß - und das ist auch gut so.

Jost Bender | Mi., 30. September 2020 - 19:35

/ den kleinen, internationalen 'Pressespiegel'!
Solche Zusammenfassungen sind ein - leicht unterschätzer - aber sehr informativer Leserservice... habe ich wieder gerne (& mit Interesse) gelesen ...

Bernd Muhlack | Mi., 30. September 2020 - 19:56

Es gibt im Prinzip nur noch zwei Themen:
Corona und Trump/US-Wahl.

Morgen Abend ist bei Frau Illner sicherlich wieder Trump-Bashing angesagt.
Die Krönung der Gästeliste ist jedoch Claus Kleber.

Ca veut dire: in einem ZDF-Talkgespräch wird der Anchorman des ZDF-heute-journals sitzen!
Man sollte Marietta Slomka noch draufpacken, wegen der Quote, nicht wahr?

Trump oder Biden?
Haben die US-Boys keine Jüngeren?
Jesus hatte gar zwölf Jünger!

Hätten die Demokraten Michelle Obama aufgestellt wäre mMn der Drops gelutscht!

God bless America
the land of the free and the home of the brave

Marianne Bernstein | Mi., 30. September 2020 - 22:22

Was soll man denn von den Medien erwarten? Sie "berichten" vom Fernsehduell wir sie schon bisher über Trump berichtet haben. Man kann sich die Berichte also komplett sparen.

anton stögerer | Do., 1. Oktober 2020 - 06:56

Für mich-Evolutionäre Geisterfahrer

Denen jeglicher Draht zur Natur fehlt.
Und Aktiv die Zerstörung letzter unberührter Natur vorantreiben.

Christoph Kuhlmann | Do., 1. Oktober 2020 - 07:01

Konsensphrasen ab. Das zumindest hat Trump in den USA abgeschafft. Aber um welchen Preis? "Die erste Begegnung zwischen Joe Biden und Donald Trump änderte nichts, außer die Würde des Landes noch ein wenig weiter zu schmälern.“ Ja stimmt, aber hat der War against Terrorism die Würde des Landes nicht ebenfalls geschmälert oder der Zerfall ganzer Regionen in denen es aussieht wie nach dem Krieg. Nicht das Trump daran viel geändert hätte. Er hat drei Jahre Wachstum mit drei Billionen neuer Schulden erkauft und den Reichen des Landes ein enormes Steuergeschenk gemacht. Die versprochene Infrastruktur wurde ebenso wenig gebaut wie die Mauer nach Mexiko und die Börsenkurse sind wichtiger als die Zahl der Covid 19 Opfer. Gut Biden wären halt offene Grenzen wichtiger gewesen. Also ich schaue mir diese Debatten in der deutschen Politik auch nicht an. A) unterbrechen sich die Leute ständig und b) haben einfach zu viele Politiker ein Problem damit Inhalte zu formulieren anstatt bewährter Phrasen.