Brexit - Wir wollen die Kontrolle über unsere Zukunft zurück!

Das Brexit-Chaos entfacht Hoffnung bei den Remain-Aktivisten. Sie fordern ein zweites Referendum. Die junge Britin Nina Parker schildert, warum sie der Meinung ist, dass die Bürger das letzte Wort haben sollten, wenn der Deal auf dem Tisch liegt

Wie wahrscheinlich ist bei einem zweiten Referendum der Verbleib in der EU? / picture alliance
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Autoreninfo

Nina Parker ist eine britische Aktivistin, die sich in verschiedenen Initiativen und Graswurzelbewegungen gegen den Brexit einsetzt. Sie ist Mitbegründerin von „Young Labour for a final Say“ und arbeitet  bei „Best for Britain“.

So erreichen Sie Nina Parker:

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Es war die größte Niederlage für einen Premierminister in der Geschichte Großbritanniens. Der Brexit-Deal von Theresa May und ihrer Regierung wurde vom Parlament mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Seitdem befindet sich unser Parlament in einer Sackgasse. Ob sich nun Mehrheiten jenseits der Grenzen von Koalition und Oppositionen finden werden, ist ungewiss. Es droht nach wie vor der No-Deal. Was also ist jetzt zu tun?

Im Grunde war der abgelehnte Brexit-Deal ein guter erster Schritt zur nächsten Hürde: Die Frist für den inzwischen berühmten Artikel 50 muss verlängert werden. Aus diesem Grund:

Wenn sich weder die Regierung noch das Parlament einigen können, dann sind es wir Bürger, die erneut abstimmen müssen. Wir müssen ein zweites Referendum abhalten können und über unsere Zukunft entscheiden – frei von Falschbehauptungen, illegalen Aktionen, frei von Lügen und und frei von gebrochenen Versprechen. Wenn weder die Regierung einen besseren Deal mit der EU aushandeln kann, noch die Opposition, dann müssen wir – die Bürger – erneut Verantwortung übernehmen dürfen. 

Anti-Brexit-Protest in London

EU schützt Frauen- und Minderheitenrechte

Warum kämpfe gerade ich gegen den Brexit? Weil die Rechte von Frauen und Minderheiten außerhalb der EU gefährdet sind. Darum werde ich weiterkämpfen für ein zweites Referendum, um die Rechte von Frauen, Minderheiten, EU-Bürgern und im Ausland lebenden Briten zu garantieren. Was die EU dazu beigetragen hat, um die Frauenrechte und Gleichheit in Großbritannien zu stärken? Als eine Aktivistin für Frauenrechte werde ich das oft gefragt.

Auf diese Frage antworte ich immer zuerst, dass die „Gleichheit zwischen Mann und Frau“ ein Grundsatz seit der Gründung der EU 1957 ist. Die EU hat außerdem durch ihre Gesetzgebung beispielsweise die Elternzeit für beide Partner ermöglicht, sowie gleiche Bezahlung, Schutz vor Diskriminierung, spezielle Förderung für von Frauen geführte Projekte und Schutz gegen Menschenhandel und Belästigung. Darüber hinaus schützen uns die EU-Gesetze über die Ländergrenzen hinweg. Sie stellen sicher, dass zum Beispiel einstweilige Verfügungen in allen EU-Ländern umgesetzt werden.

Wir könnten unsere Rechte verlieren

Und das Beste daran ist, dass diese Gesetze Frauen schützen und dass jede Regierung der Gegenwart und Zukunft an sie gebunden ist. Kein Staat kann diese Gesetze abschaffen. Polen könnte es versuchen, Ungarn könnte es versuchen. Aber solange sie Teil der EU sind, werden sie scheitern. Es mag vielleicht unrealistisch erscheinen, dass Großbritannien nach einem Brexit all diese Rechte zum Schutz für Frauen und Minderheiten zurücknehmen würde. Fakt aber ist, es wäre möglich. Verlassen wir die EU, verlieren wir auch diesen Schutz. Wir könnten all das neu erstreiten müssen, was längst erstritten ist. Warum? Ich sehe das nicht ein.

Ich gehöre zu den 80 Prozent junger Frauen zwischen 18 und 24 Jahren, die 2016 für den Verbleib gestimmt haben. Wir sind die größte demographische Gruppe, die sich gegen den Brexit positioniert. Inzwischen sind viele weitere junge Frauen wahlberechtigt, die 2016 noch nicht wählen durften. Auch deren Stimme kann jetzt gehört werden. Wir wissen, dass 77 Prozent aller jungen Wähler – Männer und Frauen – in einem zweiten Referendum für den Verbleib in der EU stimmen würden. Unsere Generation will wieder die Kontrolle über die eigene Zukunft übernehmen!

Mehrheit bei erneuter Befragung für den Verbleib

Wir haben Wahlbefragungen durchgeführt, die darauf hindeuten, dass inzwischen zwei Drittel der Wahlkreise in Großbritannien jetzt wieder in der EU bleiben wollen. In 422 von 632 Wahlkreisen in England, Schottland und Wales gibt es jetzt viele Menschen, die für den Verbleib in der EU sind.

Zweieinhalb Jahre hatten die Politiker Zeit, einen Brexit auf den Weg zu bringen. Sie sind damit gescheitert. Die Sackgasse bleibt eine Sackgasse. Der beste Weg nach vorne liegt also darin, den Rückwärtsgang einzulegen, eine Entscheidung zurückzunehmen.

Ich will als Bürger das letzte Wort haben, ob für die konkreten Bedingungen zum Ausscheiden aus der EU und auch für die Option zu bleiben. Ich kämpfe weiter. Ich kämpfe demokratisch, um den Brexit zu stoppen.

Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik, sagen die einen. Die Politik interessiert sich nicht für die jungen Menschen und ihre Anliegen, sagen die anderen. Tatsache ist: Politik wird mehrheitlich von älteren Leuten gemacht und zunehmend auch für ältere Leute, denn die bilden den größten Anteil der Wähler. Mit unserer Serie „Junge Stimmen“ wollen wir darum jenen Gehör verschaffen, die schließlich auch unsere Zukunft sind. Dieser Beitrag macht den Auftakt.

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