Gouverneur von New York - Wird Andrew Cuomo doch noch Präsidentschaftskandidat?

Als Gouverneur des Bundesstaats New York macht Andrew Cuomo in der Corona-Krise eine gute Figur – es ist gut möglich, dass er doch noch Präsidentschaftskandidat wird. Die Frage wäre dann nur: Wem täten die Demokraten damit einen Gefallen?

Andrew Cuomo: steile Lernkurve, guter Krisenmanager, Überraschungskandidat? / Sonia Moskowitz
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Andreas Backhaus studierte Volkswirtschaftslehre in Deutschland, Polen und Frankreich. 2018 wurde er an der LMU München promoviert. Er arbeitet in der europäischen Politikberatung

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Zusammen mit dem Bundesstaat New York ist auch dessen Gouverneur Andrew Cuomo infolge der Corona-Pandemie ins Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit gerückt. Dem in seiner dritten Amtszeit stehenden Cuomo hat sein medienwirksames Agieren in den besonders kritischen Apriltagen höchste Beliebtheitswerte unter den New Yorkern beschert – wobei sein Krisenmanagement medial als größtmöglicher Kontrast zu jenem des amerikanischen Präsidenten aufgebaut wird. Tatsächlich hatte aber auch Cuomo zunächst nur zögerlich auf die Bedrohung durch das Virus reagiert.

Noch am 18. März hatte Cuomo erklärt, er werde „niemals“ eine Anordnung zum sogenannten „shelter in place“ erlassen, weil Angst und Panik, die durch eine Quarantäne verursacht würden, ein größeres Problem seien als das Virus selbst. Nur zwei Tage später erließ er eine „Bleibt zu Hause“-Anordnung und verkündete: „Wir stehen nun alle unter Quarantäne!“ Doch wie so oft ist während einer Krise nicht der Start entscheidend, sondern die Lernkurve eines Politikers, anhand derer die Öffentlichkeit ihn beurteilt. Und Cuomo hat gelernt, die New Yorker mit einer Kombination aus Wir-Gefühl, Anteilnahme, Dankbarkeit sowie der Anerkennung von Wissenschaft und Expertise durch die Krise zu führen, was eine Wirkung über den Bundesstaat hinaus entfaltet hat.

Ein „Dark Horse“-Kandidat?

Weil erfolgreiche Krisenmanager immer eine Projektionsfläche für die Hoffnungen der Menschen sind, scheinen sie zumindest zeitweise über ihre bisherigen Grenzen hinauszuwachsen – weshalb sie sich automatisch für höhere Ämter empfehlen. Dementsprechend regt sich die Gerüchteküche, ob Cuomo als unerwarteter „Dark Horse“-Kandidat für die Demokraten in der Präsidentschaftswahl 2020 ins Rennen gehen könnte.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Name Cuomo in Verbindung mit einer Präsidentschaftskandidatur genannt wird: Andrew Cuomos Vater Mario war zwölf Jahre lang ebenfalls Gouverneur des Bundesstaats New York und haderte 1991/1992 lange mit der Entscheidung, in den Vorwahlkampf der Demokratischen Partei einzusteigen. Cuomo Senior schloss eine Kandidatur nie aus, erklärte sie aber letztendlich nicht, was ihm den Beinamen „Hamlet auf dem Hudson“ einbrachte.

Bisher bemüht sich sein Sohn Andrew, präsidentielle Ambitionen früher und deutlicher zurückzuweisen, anstatt sie anzudeuten: Im Interview mit seinem Bruder Chris, seines Zeichens Moderator beim Sender CNN, bekannte Andrew Cuomo, derzeit nicht darüber nachzudenken, sich als Kandidat zu bewerben – und dass er solche Gedanken auch für die Zukunft ausschließe. Solche Aussagen sind aber erfahrungsgemäß relativierbar, insbesondere dann, wenn die Wähler es wünschen sollten.

Kopfzerbrechen bei den Demokraten

Eigentlich gilt es als gesetzt, dass bei dem in den August verschobenen Parteitag Joe Biden als Präsidentschaftskandidat nominiert wird. Allerdings leidet Bidens Wahlkampf aktuell ungleich stärker unter den Corona-Einschränkungen als der Donald Trumps, da Bidens Live-streams aus seinem Wohnhaus nicht mit den täglichen Pressekonferenzen des Präsidenten mithalten können. Zudem macht sich Unruhe darüber breit, ob der 77-jährige Biden den Belastungen eines Präsidentschaftswahlkampfs gewachsen sein wird. Diese Unruhe wird kräftig von den Republikanern und ihnen nahestehenden Medien geschürt – aber sollte es offensichtlich werden, dass Biden nicht antreten kann, könnte Andrew Cuomo doch noch ins Spiel kommen.

Zwar lautet ein von Analysten gegen Cuomo genanntes Argument derzeit noch, dass dieser bereits seine Unterstützung für Biden erklärt habe und dem ehemaligen Vizepräsidenten für eine Gegenkandidatur politisch zu nahe stehe. Doch genau darin könnte Cuomos Weg zur Kandidatur liegen: Beim „progressiven“ Flügel der Partei ist er ebenso unbeliebt wie Biden; außerdem hat Cuomo bewiesen, dass er produktive Partnerschaften mit politischen Gegnern aufbauen kann – wie derzeit zu Trump oder zu seinem häufigen Widersacher in New York, Bürgermeister Bill de Blasio. Sollten die Demokraten Joe Biden also doch noch zum Verzicht auf die Kandidatur bewegen wollen, würde dieser Schritt weniger drastisch erscheinen, wenn der den Stab an einen Verbündeten weiterreicht anstatt an einen Gegner.

Trump hat bereits erklärt, er würde lieber gegen Cuomo als gegen Biden antreten – was der typischen Verwirrungstaktik des Präsidenten entspricht: Die Demokraten sollen sich den Kopf darüber zerbrechen, ob sie ihm mit der Nominierung Cuomos wirklich einen Gefallen tun würden, oder ob er sie von der Nominierung eines aussichtsreicheren Gegners abbringen will. Dieses Kopfzerbrechen dürfte bis zum Nominierungsparteitag weitergehen.

Dieser Text stammt aus der Mai-Ausgabe von Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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