Proteste gegen die Corona-Maßnahmen / dpa

Demonstrationen gegen den Shutdown - Wer hinter den Corona-Protesten in den USA steckt

In den USA regt sich Protest gegen die Vorsichtsmaßnahmen in der Corona-Krise. Was nach spontanen Demonstrationen aussieht, hat einen politischen Hintergrund. Denn Corona gefährdet nicht nur die Menschen, sondern auch Trumps Macht.

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Heftige Szenen spielten sich in den letzten Wochen in vielen mittelwestlichen Staaten der USA ab: Amerikaner protestierten gegen die Corona-Quarantäne. Fast alle weiß, darunter viele Trumphut-Träger, auch Männer, die Waffen über der Schulter tragen oder die Konföderiertenfahne wehen ließen.

Allerdings auch solche, die Guy-Fawkes-Masken trugen oder die Hauben der unterdrückten Frauen in Margaret Atwoods Roman „Der Report der Magd“. Man sah Schilder, „Mein Körper – mein Risiko“, eigentlich ein feministischer Slogan. Manche verglichen sich gar mit Rosa Parks, die schwarze Aktivistin, die die Aufhebung der Rassentrennung in Bussen und Bahnen erzwang.

Corona als Ausdruck übertriebener Hysterie

Die Demonstranten blockieren Kliniken, protestieren vor Gouverneurspalästen und hupen in Autoschlangen. Sie tragen keine Schutzmasken und rücken anderen aggressiv auf die Pelle. Sie wollen, dass das Land wieder geöffnet wird – Restaurants, Friseure, Schulen, Geschäfte, Postämter.

Sie halten die Maßnahmen gegen Corona für den Ausdruck übertriebener Hysterie. Sie lassen sich nicht von Ärzten oder Krankenschwestern beeindrucken, die mit ihnen reden, weil sie die für „Crisis Actors“, Schauspieler im Dienst der Globalisierung halten, sie fordern, dass Trump seinen Gesundheitsberater Dr. Anthony Fauci feuert und sie hoffen, Gott werde Christen davor schützen, zu erkranken. Aber sind das wirklich spontane Proteste?

Netzwerke rechter Gruppen

Nicht unbedingt. Natürlich sind auch die Demonstranten keine bezahlten Schauspieler, aber sie sind mehr lautstark denn zahlreich. Denn es gibt ein Netzwerk von rechten Gruppen, das diese Proteste bewirbt, amplifiziert und befeuert.

Zu diesem gehören Wirtschaftsliberale und Republikaner, Vertreter von rechten Medien wie Fox News, vor allem aber viele der Leute, die bereits die rechtspopulistische Tea Party unterstützt haben, in deren Windschatten Trump ins Weiße Haus gesegelt ist.

„Convention of States“

Im Zentrum steht laut Washington Post ein Dachverband, der sich „Convention of States“ nennt und von republikanischen Großspendern finanziert wird. Die „Convention“ wurde demnach 2015 gegründet, ursprünglich, um den Einfluss der föderalen Regierung zurückzudrängen.

Die Anschubfinanzierung lieferte Robert Mercer, ein Hedgefonds-Manager, der mit seiner Tochter Rebekah auch Trumps Wahlkampf gesponsert hat (Rebekah hatte Trump ihre Freundin Kellyann Conway als PR-Beraterin empfohlen). Präsident ist Mark Meckler, ein Kalifornier, der zu Obama-Zeiten die „Tea Party Patriots“ gegründet hatte, das organisatorische Rückgrat der Tea Party.

Verbündete im Weißen Haus

Zu den Freunden der „Convention“ im Weißen Haus zählen Ken Cuccinelli, der für Immigration zuständig ist und Wohnungsminister Ben Carson, aber auch Ron deSantis, der Gouverneur von Florida. DeSantis weigerte sich lange, die Strände von Florida zu schließen.

Die Convention engagiert sich vor allem in Staaten wie Michigan und Ohio, die bei der US-Wahl an die Demokraten gehen könnten. Doch auch Texas ist ein Schwerpunkt. Hier agiert die von der Ölindustrie finanzierte Texas Public Policy Foundation.

Alte Bekannte aus Tea-Party-Zeiten

Die „Convention“ ist ihrerseits eine Unterorganisation der „Citizens for Self-Governance“, deren Gründung ebenfalls von den Mercers mit einer halben Million Dollar finanziert wurde. Auch dort sind alte Bekannte aus Tea-Party-Zeiten.

Vorsitzender ist Eric O’Keefe, der frühere Wahlkampfleiter des Chemieerben David Koch, der – mittlerweile verstorbene – Pate der Tea Party, der 1980 versucht hatte, Präsident zu werden. O’Keefe, ein Investor aus Wisconsin und ein Hans Dampf in allen organisatorischen Gassen, die „Freedom“ im Schilde führen, betrat die politische Arena, um ObamaCare zu bekämpfen.

Anzeigen auf Facebook und eigene Websites

Wie Trump wettert er aber auch gegen die „fat cats”, die Funktionäre in Washington, die herrschende Elite, gegen die er den normalen Bürger verteidigen will. Auch andere Koch-finanzierte Gruppen wie FreedomWorks oder Americans for Prosperity unterstützen die „Convention of States“.

Diese Organisationen finanzieren beispielsweise Anzeigen auf Facebook, die zu zivilem Ungehorsam auffordern und dazu, nicht zu Hause zu bleiben. Sie rufen Websites ins Leben, um die „Convention of States“ in einzelnen Staaten zu vernetzen, organisieren Umfragen, die die Bewegung stärker aussehen lassen als sie ist, starten Petitionen und produzieren Videos, die die Konsequenzen des Shutdowns in düsteren Farben malen und in denen Demonstrationen von einem Dutzend Bürger so wirken, als seien es hunderte.

Organisatoren in sicheren Villen

Sie treten bei Fox News auf, und der Sender berichtet ausgiebig über die Demonstrationen. Persönlich sind diese Agitatoren allerdings durchaus vorsichtig, sich nicht anzustecken. Republikanische Politiker, die ihren Staat öffnen wollen, stimmen selbst von zu Hause aus ab; rechte Talkradiohosts lassen keine Studiogäste mehr ein, in den Bürogebäuden der Mercers und Kochs herrschen die gleichen Quarantänestandards wie überall.

„Die Leute, die diese Organisationen führen, sitzen sicher in ihren Villen, ohne in Gefahr zu sein, sich zu infizieren, aber sie wollen die Arbeiter wieder in die Fabriken schicken“, sagt Carl Rosen, der Präsident der Elektroarbeitergewerkschaft UE. Dass die Proteste gegen den Shutdown vornehmlich in ländlichen Gegenden stattfinden, hat Gründe.

„Wir gegen die“

Suburbs sind weit weniger betroffen als Großstädte wie New York oder Detroit mit ihrem hohen Anteil von Afro-Amerikanern und Einwanderern. „Viele dort denken wohl, das ist ein Problem für urbane Menschen, die nach Europa oder China fliegen, nicht für sie“, sagt die Harvard-Professorin Theda Skocpol, die ein Buch über die Tea Party geschrieben hat. „Aber sie sehen Corona auf alle Fälle als eine politische Bedrohung für Trump, der für sie ein wichtiges Symbol ist“.

Deswegen gehen sie auf die Straße. Trump wiederum unterstützt seine Anhänger mit Tweets wie „Liberate Wisconsin“ oder „Liberate Michigan“, die sich gegen die demokratischen Regierungen der Staaten richten. Der Präsident, so kommentierte es die New York Times, habe eben ein großes Talent, gemeinsame nationale Erfahrungen einer Krise entgegen der amerikanischen Tradition in „Wir gegen die“-Ereignisse zu verwandeln.

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Heinz Maier | Mo., 27. April 2020 - 19:19

Frau Schweitzer lässt nach meinem Empfinden nicht den geringsten Zweifel darüber aufkommen, auf welcher Seite sie steht. Trump ist also ins Weiße Haus gesegelt. Also quasi nicht demokratisch gewählt, sondern an den wirklich demokratischen Amerikanern vorbei, ins Weiße Haus gelangt.
Und seine quasi kriminellen Anhänger verlangen im Stil der deutschen Antifa, das Land wieder zu öffnen.
Aber stellt sich den die Frage der Öffnung , des wie und wann, nicht auch gerade hier bei uns? Und ist
die Methode des Umgangs mit dem Corona Virus
nicht auch in Europa umstritten. Schweden z.B.
geht damit anders um. Zweifel sind angebracht.
Trump Bashing nicht.

D. Gabs | Mo., 27. April 2020 - 20:37

Antwort auf von Heinz Maier

welche sozialen Gruppen Trump unterstützen. Davon gibt es noch mehr, wie etwa religiöse Gruppen, die behaupten, man müsse das Virus demütig als Gottesprüfung hinnehmen. Trump wird für den Wahlkampf ein Problem haben: Es wird mehr nicht mehr genügen, gegen die Ungereimtheiten der Wirtschaftsglobalisierung aufzutrumpfen und die Sorgen der Bürger emotional aufzugreifen; die Realität ist inzwischen komplexer geworden. Die Frage ist, ob Trump da mental mitkommt.

Gerhard Lenz | Mo., 27. April 2020 - 20:55

Antwort auf von Heinz Maier

Wohl kaum. Schweden hat weitaus mehr Tote (auch im Verhältnis), als die skandinavischen Nachbarn. Das schwedische Modell ist kein bewusster Kompromiss, sondern eher das Ergebnis ängstlichen Lavirens. Das Prinzip der Herdenimmunität wurde mit katastrophalem Ausgang in GB ausprobiert - die Briten sind drauf und dran, im europäischen Vergleich den Spitzenplatz bei den Todesopfern einzunehmen.
Donald Trump ist mittlerweile dermassen offensichtlich durchgeknallt, dass er in Deutschland nur in der AfD und am rechte Rand bejubelt wird. Zuerst weltgrößter Verharmloser, dann weltgrößter Ankläger (China, Europa, Migranten, die WHO, die Demokraten waren es...), dann weltbester Mediziner (zuerst wurde von ihm das Malariamittel Hydroxychloroquin als Wundermittel angepriesen, dann das Injizieren von Desinfektonsmitteln, oder das Behandeln mit Licht und Wärme..). Fordert heute die Rücknahme von Beschränkungen, um morgen den Staaten die Entscheidung zu darüber zu überlassen....und übermorgen...

Gerhard Lenz | Mo., 27. April 2020 - 20:55

Antwort auf von Heinz Maier

...Anhänger aufzuhetzen, sie sollten ihre Staaten "befreien"...("Free Michigan!"). Verteidigt in dem Zusammenhang das "Tragen von Waffen". Wahrscheinlich will er Covid-19 mit "rauchenden Colts" bekämpfen.

Kurz: Der Mann ist einfach nur unfassbar "peinlich", was ja nicht weiter schlimm, sondern durchaus belustigend wäre, hätte er nicht den mächtigsten Posten der Welt inne.

Aber letztendlich interessiert ihn das alles nicht: Trump hat nur ein politisches Ziel - seine Wiederwahl.

Weswegen er sich konstant selbst als "besten Präsidenten in der US-Geschichte" feiert.

Dumm nur: die Wirtschaft lahmt, seine Strategie, sich als "Belohnung" für das angebliche US-Jobwunder wählen zu lassen, geht wahrscheinlich nicht auf. Und Corona kann er nicht einfach "wegtwittern". Das US-Gesundheitssystem liegt dank Trump in Scherben, die Verbündeten sind infolge Trump'scher Rundumschläge ausser GB alle auf Distanz - nur zum nordkoreanischen Diktator bestehen "interessante" Kontakte..

Ob DAS reicht?

Kai-Oliver Hügle | Di., 28. April 2020 - 07:07

Antwort auf von Heinz Maier

Schweitzer setzt sich kritisch mit Trump auseinander so wie Kissler, Grau und Schwennicke sich kritisch mit Merkel auseinandersetzen. Nennt sich journalistischer Kommentar.
Aus der Formulierung "ins Weiße Haus gesegelt" zu schließen, die Autorin halte die Wahl Trumps für undemokratisch oder illegitim, entbehrt jeder Grundlage.
Ja, auch hierzulande ist die Diskussion über die Öffnung voll im Gang. Im Unterschied zu den USA jedoch ist mir in Europa kein Land bekannt, in dem der Regierungschef öffentlich darüber spekuliert hätte, ob die Injektion von Desinfektionsmitteln eine Option im Kampf gegen Corona darstellen könnte, und im Unterschied zu Trump unterstützt z. B. Merkel nicht ein Netzwerk, das aus christlichen Fundamentalisten u. a. Spinnern besteht, welche von Leuten finanziert werden, die gut darauf achten, sich nicht zu infizieren; die also die Warnungen jener Experten ernstnehmen, die sie - aus politischen und finanziellen Interessen - diskreditieren lassen.
Tu felix Germania!

Nee, Merkel wird in der Tat nicht von einem „Netzwerk fundamentalistischer Spinner“ unterstützt. Nur von einem harmlosen Kaffekränzchen, in dem sich ein paar nette Ladys namens Friede Springer, Maria Furtwängler-Burda, Anne Will, Miriam Meckel und Liz Mohn versammeln.

Christian van der Ploeg | Di., 28. April 2020 - 13:10

Zu Schweden: meistens heißt es ja, es ist zu früh, abschließende Beurteilungen abzugeben, und hinter wissen wir mehr. Vielleicht sterben dort zur Zeit mehr Menschen als in Deutschland. Aber vielleicht erlangen die Schweden dadurch die viel diskutierte Herdenimmunität und wenn es tatsächlich zu einer zweiten Welle kommen sollte (Gott bewahre), stehen sie vielleicht besser da als wir.
Was die Bewegung in den USA angeht, sind da sicher viele tendenziell merkwürdige Personen dabei, zumindest aus deutscher Perspektive, auch einige, die ihre eigene Agenda haben. Aber eben auch viele, die sich nicht ihre Freiheit nehmen lassen wollen, oder einfach um Job und Überleben kämpfen.
Dass eine Bewegung von einigen Medien gehypt wird, Fotos es so aussehen lassen, als wären einige Dutzend einige Hunderte und die eigene Agenda knallhart durchgepeitscht wird, kennen wir von Fridays for Future bereits. Da bitte auch mal sokonsquent die Hintermänner durchleuchten.

Michael Sachs | Di., 28. April 2020 - 14:47

Ich sehe das Ganze vollkommen anders da ich überwiegend in Asien lebe, alle Asiatischen Staaten haben im Prinzip das Corondesaster fast unbeschadet überlebt, das beginnt mit Hongkong, geht weiter mit Taiwan dann Südkorea, Malaysia Singapur von Cambodia Laos rede ich nicht da die kommunistisch sind u. man ihnen nichts glauben kann, die haben Null Tode aber selbst Australien hat den asiatischen Weg gewählt u. hat 80 Tode, man sieht man ist der Sache nicht hilflos ausgeliefert man muß es nur richtig angehen. Alle diese Staaten haben lange bevor der Virus weltweit verbreitet wurde Vorsorge getroffen, Taiwann hat im Januar Einreise aus China verboten, alle die einreisten wurden untersucht getestet kamen in Qurantäne alle die mit ihnen Kontakt hatten wurden gezielt isoliert, jeder, es wurden strengste Sicherheitsmaßnahmen eingeführt mit fantastischen Erfolg Thailand hat 50 Tode, Australien 80 Hongkong noch weniger auch Taiwan ist gering betroffen fast alle asiatischen Länder sind Coronafrei.