Wohin mit Ihrem Geld? - Rendite statt Träumereien

Der Ukraine-Krieg hat am globalen Markt für Lebensmittel bereits für große Verwerfungen gesorgt. Die Landwirtschaft der Zukunft wird anders aussehen als hierzulande erträumt. Daran muss sich auch die persönliche Geldanlage anpassen, schreibt unser Finanzkolumnist Daniel Stelter.

Der ökologischen Landwirtschaft gehört nicht die Zukunft / dpa
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Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Bei der Geldanlage geht es nicht darum, sich wie Pippi Langstrumpf die Welt zu machen, wie sie einem gefällt, sondern darum, das Ersparte zu erhalten und zu vermehren. Jüngstes Beispiel ist die sehr schlechte Performance von Aktien grüner Energiefirmen, während die Anbieter fossiler Energie sich gegenüber 2020 im Durchschnitt verdreifacht haben. Es genügt eben nicht, sich einen Umstieg in der Energieversorgung zu wünschen. Er muss realisiert werden, und das benötigt Zeit. Zeit, in der wir noch lange die fossilen Energien nutzen werden.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine erleben wir auch auf anderem Gebiet einen Konflikt zwischen Wunsch und Realität. Russland (18 Prozent) und die Ukraine (8 Prozent) stehen für ein Viertel der weltweiten Exporte von Weizen und spielen auch bei anderen Getreidesorten eine entscheidende Rolle auf den Weltmärkten. Angesichts von Krieg, Zerstörung und Sanktionen müssen wir davon ausgehen, dass ein wesentlicher Teil dieser Exporte in diesem Jahr nicht erfolgt.

Fast alle fordern noch ökologische Landwirtschaft 

Nicht verwunderlich, dass die Preise für Getreide deutlich gestiegen sind. Die EU muss entschlossen handeln, um eine massive soziale Destabilisierung vor unserer Haustür zu vermeiden. Konkret, alles Erdenkliche tun, um die eigene Produktion von Nahrungsmitteln zu steigern. Stillgelegte Flächen müssen reaktiviert und vorhandene Flächen auf maximalen Ertrag ausgerichtet werden. Wer da wie Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) betont, man dürfte „erste Schritte“ der europäischen Agrarpolitik hin zur Förderung einer klima- und umweltschonenden Landwirtschaft nicht zurückdrehen, stellt das ferne Ziel des Klimaschutzes über das unmittelbare Ziel der Verhinderung von Hunger und sozialen Unruhen in den ärmsten Ländern der Welt.

Noch fordern laut Bundesumwelt­amt 92 Prozent der Deutschen eine „stärkere Förderung des Ausbaus der ökologischen Landwirtschaft“, was mit weniger Fläche, einem geringeren Einsatz an Pflanzenschutzmitteln und folglich einer Reduktion der Produktion gleichzusetzen ist. Zum Ausgleich fordert eine immer größere Gruppe der Bevölkerung die Reduktion oder gar den Verzicht auf den Konsum von Fleisch.

In die Zukunft investieren

Das Erschreckende an diesen Überlegungen ist, dass die Probleme der Welternährung völlig ausgeblendet werden. Schon vor dem Krieg in der Ukraine war die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln unzureichend. Hier die Produktion auf sehr guten Böden, wie wir sie in Deutschland haben, zu kürzen, ist, vorsichtig formuliert, egoistisch. Die These des Fleischverzichts verkennt derweil, dass der Mensch nur einen Bruchteil der Biomasse, die wir jedes Jahr erzeugen, auch essen kann. Pro Kilo veganes Lebensmittel fallen vier Kilo solcher nicht nutzbarer Biomasse an. Nur Tiere können diese verwerten und wir deren Fleisch, Eier und Milch essen und die Ausscheidungen als Dünger nutzen.

Die Zukunft der Landwirtschaft wird eine andere sein, als Bürger und Politik hierzulande sie sich vorstellen. Genome-Editing wird die Resistenz von Pflanzen gegen Hitze und Wassermangel erhöhen und die Produktivität steigern. Daten werden noch mehr als heute Saat, Bewirtschaftung und Ernte effizienter gestalten. Neue Verfahren werden den klimaschädlichen Methanausstoß von Wiederkäuern reduzieren, während diese in CO2-Senken Gras fressen und nebenher Fleisch und Dünger erzeugen. Wie bei der Energiewende liegt die Zukunft nicht in einer Rückkehr in die Vergangenheit. Zumindest außerhalb Deutschlands nicht.

Naturgemäß sind die Aktien der Unternehmen, die an Lösungen für unsere weltweiten Ernährungsanforderungen arbeiten, bereits deutlich gestiegen. Es dürfte sich dennoch lohnen, in den kommenden Monaten eine Position aufzubauen, und das aktuelle, eher negative Marktumfeld dürfte dabei helfen. Verlassen wir uns nicht auf die Träumer, sondern gehen wir mit jenen, die handeln.

 

Dieser Text stammt aus der Juli-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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