Wohin mit Ihrem Geld? - Langfristig denken

An den Finanzmärkten war es in den letzten Jahren leicht, viel Geld zu verdienen. Doch wird das so bleiben? Unser Finanzkolumnist Daniel Stelter erklärt, mit welcher Strategie Sie für alle Eventualitäten am besten gerüstet sind.

Die aktuelle Stimmung an den Finanzmärkten erinnert an die 1920er-Jahre, beobachtet Daniel Stelter
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Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Niemand kann wissen, was das kommende Jahr an den Finanzmärkten bringt. Die regelmäßig zum Jahreswechsel gemachten Vorhersagen ersetzen nur den Zufall durch den Irrtum. Wer auffallen will, macht besonders optimistische oder pessimistische Prognosen – in der Gewissheit, dass diese ein Jahr später ohnehin vergessen sind. Sparen wir uns also diese Übung und versuchen, langfristig zu denken.

Die Ausgangslage ist hinlänglich bekannt und schwierig: Alle Vermögenswerte, die einen stabilen und nachhaltigen Cashflow versprechen, sind angesichts des Tiefstzins-Umfelds hoch bewertet. Nichts anderes steht hinter den luftigen Bewertungen der dominierenden IT-Konzerne. Weit in der Zukunft liegende Erträge werden heute schon hoch bewertet, wovon gerade auch Start-ups profitieren, deren Gewinnschwelle weit in der Ferne liegt, so sie denn jemals erreicht wird. Man denke nur an die gerade gehypten Lieferdienste. 

Kann es so weitergehen?

Aktien, Immobilien, Private Equity, Venture Fonds – sie alle profitieren von diesem Umfeld. Die Frage ist nur: Bleibt uns das Umfeld erhalten? Optimisten – wenn wir sie mal so nennen wollen – verweisen auf die Rekordschulden der Welt und das immer noch unbefriedigende Wirtschaftswachstum und erklären das Zinsumfeld für nachhaltig, weil „alternativlos“. Pessimisten verweisen auf anziehende Inflationsraten und den demografischen Wandel, die, allen Interventionen der Notenbanken zum Trotz, steigende Nominalzinsen zur Folge haben könnten und damit das Ende der Party. Denn klar ist: So deutlich können die Cashflows nicht über die Erwartungen wachsen, um die Wirkung steigender Zinsen zu kompensieren. Viel eher dürften höhere Zinsen zusätzlich die Erträge schmälern. 

Was also tun? Technologische Innovationen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotik, Energie, autonomes Fahren, Cloud Computing, Chipherstellung, Biochemie und Fintech (um nur einige zu nennen) erinnern an die 1920er-Jahre, als Radio, Telefon, Autos und Haushaltsgeräte den Lebensstandard der breiten Bevölkerung deutlich erhöhten, zu erheblichen Produktivitätszuwächsen führten und den Impuls für mehrere Jahrzehnte hohen Wirtschaftswachstums gaben. Allerdings verbunden mit einem schuldenfinanzierten Exzess, der die Weltwirtschaftskrise auslöste.

Was sich bewährt hat

Der Unterschied zu damals: Die Börsen sind schon so hoch bewertet wie Ende der 1920er-Jahre. Wer heute investiert, muss damit rechnen, dass es zu einer deutlichen Korrektur kommt. Selbst wenn nicht, dürfte mit einem einfachen Indexinvestment in den kommenden Jahren real nicht viel zu verdienen sein. Trotzdem wird es am Ende des Jahrzehnts Gewinner geben, die deutlich besser abschneiden. Dies dürften Vertreter der neuen Industrien sein und Regionen der Welt, die sich offen für neue Technologien und Innovationen zeigen. Hier gezielt über Zeit unter Ausnutzung von Kursschwächen Positionen aufzubauen, dürfte sich lohnen.

Verabschieden wir uns von überzogenen Renditeerwartungen, bleiben bei einer regionalen Diversifizierung und schichten im Zuge der kommenden Jahre von Index und alten Industrien um in Richtung auf die neuen Branchen und Technologien. Mit Blick auf die Unsicherheiten spricht viel für eine höhere Liquidität, um bei Rückschlägen entsprechend handlungsfähig zu sein. Keine überraschenden Empfehlungen, aber nicht selten fährt man mit dem Bewährten besser.

 

Dieser Text stammt aus der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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