Wohin mit Ihrem Geld? - Worst Case

Kriege haben katastrophale Folgen; auch für die Wirtschaft. Unser Finanzkolumnist Daniel Stelter wagt einen Blick in die Vergangenheit und sieht dabei düstere Vorzeichen für die heutige Zeit. Alle Zeichen stehen auf höhere Inflation, Aktien und Immobilien werden real an Wert verlieren.

Keine sichere Altersvorsorge mehr: Immobilienbesitz / dpa
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Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Vergangenen Monat habe ich aufgezeigt, wie die Notenbanken sich und uns in eine Sackgasse manövriert haben und vor der schwierigen Aufgabe stehen, die Inflation zu verhindern, ohne das Kartenhaus aus Schulden und Vermögensblasen zum Einsturz zu bringen. Seit dem 24. Februar ist klar, worauf es hinausläuft: nachhaltig höhere Inflation.

Kriege gehen immer mit höheren Inflationsraten einher. Für den Krieg in der Ukraine, begonnen von der globalen Rohstoff-Supermacht Russland, trifft dies besonders zu. Allein die EU bezog 26 Prozent des Öls und 40 Prozent des Erdgases von Russland. Auch zwei Drittel der importierten Kohle stammen aus Russland. Kein Wunder, dass die Preise explodieren. 

Die Reserven gehen zur Neige

Steigende Energiepreise schlagen direkt auf die Inflationsraten durch. Noch mehr gilt das für Nahrungsmittel. Rund 33 Prozent der weltweiten Exporte von Gerste stammen aus Russland und der Ukraine, 29 Prozent des Weizens, 19 Prozent des Maises sowie 80 Prozent des Sonnenblumenöls. Die Lagerbestände waren schon vor dem Krieg weltweit gering, weshalb das World Food Programme vor einer Hungerkrise warnte. Diese wird durch den Krieg noch akuter, und die Preise werden entsprechend massiv steigen. Schon jetzt ist der Preis von Weizen auf Rekordhoch. Dass China vorgesorgt hat und mehr als 50 Prozent der Vorräte hält, wird das Problem für den Rest der Welt verschärfen. Direkt vor unserer Haustür, im Nahen Osten, stehen erneut erhebliche Unruhen bevor. 

Kein gutes Umfeld für Investitionen. Die am besten vergleichbare Periode sind die siebziger Jahre. 1973 kam es innerhalb weniger Wochen zu einer Vervierfachung des Ölpreises, was Wirtschaft und Börsen in die Knie zwang. Die Notenbanken, vor allem die US-Fed, hatten über Jahre hinweg steigende Inflationsraten als vorübergehend angesehen und waren angesichts des Ölpreisschocks nicht bereit, gegenzusteuern.

Schlechte Vorzeichen

Business Week titelte 1979: ­„Death of Equities – How inflation is destroying the stock market“. Seit 1968 hatten Aktien nur 3,1 Prozent pro Jahr erbracht, während der Verbraucherpreisindex um 6,5 Prozent stieg. Was unterstreicht, dass Aktien keineswegs den Inflationsschutz bieten, der ihnen zugeschrieben wird. Gold stieg im selben Zeitraum um 19,4 Prozent pro Jahr, Diamanten um 11,8 und Einfamilienhäuser um 9,6 Prozent.

Heute befinden wir uns in einer noch schwierigeren Lage. Die Vermögensmärkte sind deutlich höher bewertet. Das normalisierte Kurs-Gewinn-Verhältnis der US-Börse lag 1968 bei etwas über 20, jetzt liegt es bei rund 35. Der Wert von Immobilien war relativ zum Welt-Bruttoinlandsprodukt noch nie so hoch wie derzeit. Die Verschuldung eilt von einem Rekord zum nächsten.

Wertverlust steht bevor

Wollen die Notenbanken in diesem Umfeld die Inflation bekämpfen, können sie es nur um den Preis einer heftigen Rezession und eines Kollapses an den Vermögensmärkten. Tun sie es nicht, wird der von ihnen geschaffene Liquiditätsüberhang die Inflation weiter befeuern. Gleichzeitig wird das Wachstum der Wirtschaft enttäuschen. Staatliche Ausgabenprogramme gehen zulasten des Konsums. Höhere Preise für Nahrung und Energie dämpfen die Nachfrage privater Haushalte. Die Margen der Unternehmen sinken, weil sie gestiegene Kosten nicht in vollem Umfang über höhere Preise weitergeben können.

Realer Vermögenserhalt ist noch schwerer als vor 50 Jahren. Aktien, aber auch Immobilien werden real an Wert verlieren. Anleihen, Sparbuch und Lebensversicherung stehen vor massiven Wertverlusten. Der Staat wird die Abgaben- und Steuerlast weiter erhöhen. Gewinne versprechen Rohstoffe und die Aktien von Nahrungsmittel-, Bergbau- und Energieunternehmen. Doch auch hier werden die Schwankungen enorm sein. 

Trösten wir uns damit, dass es noch schlimmer kommen könnte, sollte sich der Krieg weiter ausweiten. Und hoffen darauf, dass es dazu nicht kommt.

 

Dieser Text stammt aus der April-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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