Private Altersvorsorge - Wo bleibt die Reform der Riester-Rente?

Nach 20 Jahren Riester-Rente ist vielen klar, diese Form der privaten Altersvorsorge rentiert sich nicht. Längst bräuchte es eine Reform, Verbraucherschützer fordern einen Systemwechsel. Doch die Regierung scheint das Vorhaben klammheimlich zu beerdigen – auf Kosten heutiger und künftiger Rentner.

Klamme Rente trotz Riester? / dpa
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Autoreninfo

Jan Schulte, Jahrgang 1994, studierte Volkswirtschaftslehre und Sozialwissenschaften an der Universität zu Köln und besuchte die  Kölner Journalistenschule. Er ist Mitgründer des Wirtschaftsjournalistenbüros dreimaldrei.

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Eigentlich wollten Union und SPD in dieser Legislaturperiode die Riester-Rente reformieren. Doch daraus wird nichts. Wie zuerst die Bild-Zeitung berichtete, ist die Reform der staatlichen Unterstützung zur privaten Altersvorsorge nicht mehr auf der Liste der geplanten Gesetzesvorhaben bis zur Bundestagswahl. Das zuständige Bundesfinanzministerium möchte den Bericht gegenüber Cicero weder bestätigen noch dementieren. Die Bundesregierung befinde sich im Austausch mit Anbieterverbänden, Verbraucherschützern und Sozialpartnern, teilt eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Nach Informationen von Cicero sind es aber vor allem die Koalitionspartner, die in ihren Vorstellungen über eine Neugestaltung zu weit auseinander liegen.

Dabei wäre eine Reform dringend notwendig. Denn in Ihrer aktuellen Ausgestaltung ist die Riester-Rente sowohl für Anbieter als auch für Sparer oft viel zu unattraktiv. Wer mit Riester fürs Alter vorsorgen möchte, bekommt derzeit Zuschüsse und Steuervorteile. So gibt der Staat eine jährliche Zulage von 175 Euro und weite 300 Euro pro Kind, falls es nach dem 01. Januar 2008 geboren wurde. Berufseinsteiger, die vor ihrem 25. Lebensjahr mit dem Riestern beginnen, erhalten weitere 200 Euro als einmaligen Bonus. Zudem lassen sich die eingezahlten Beiträge und die staatlichen Zulagen als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer geltend machen. Die spätere Auszahlung wiederum müssen die Riester-Rentner aber dann versteuern.

Riester rentiert sich nicht

Der Grund, warum diese Förderung trotzdem für Sparer und Anbieter oft unattraktiv ist, liegt in den Details. Der Bund der Versicherten etwa stört sich vor allem an den Auszahlungsmodalitäten für die Sparer, wenn sie in den Ruhestand eintreten. „Der Verrentungszwang macht viel kaputt“, sagt Axel Kleinlein, Vorsitzender des Bundes der Versicherten, zu Cicero. Was er meint: Sparer können sich ihr mit Riester gefördertes Angespartes nicht auf einmal auszahlen. Lediglich 30 Prozent können sie auf einmal entgegennehmen, der Rest wird monatlich ausgezahlt. „Das ist der Kardinalfehler der Riester-Rente: Warum soll der 67-Jährige entmündigt werden und darf nicht selbst entscheiden, wann er wie viel von seinem Geld haben möchte?“, sagt Kleinlein. „Eine Reform wäre außerordentlich wichtig gewesen. Das Thema private Altersvorsorge hat die Politik damit wieder um vier Jahre aufgeschoben.“

Auch die Verbraucherzentrale hält Riester in seiner aktuellen Form für nicht sinnvoll. Die Produkte, die mit Riester gefördert werden, seien insgesamt viel zu unrentierlich, um damit ausreichende Vorsorge ergänzend zur gesetzlichen Rente leisten zu können, sagt Dorothea Mohn, Leiterin des Finanzmarkt-Teams vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (Vzbv). Der Grund dafür liege vor allem in der schlechten Kapitalanlage. Versicherer können das über Riester bei Ihnen angelegte Geld nicht gewinnbringender anlegen, weil sie das Kapital garantieren müssen. „Diese Sicherheit klingt gut, konterkariert aber eine vernünftige Anlage“, sagt Mohn.

„Wir brauchen einen Systemwechsel“

Geht es nach dem Vzbv, reicht eine Reform der Riester-Rente nicht mal aus. „Die vergangenen 20 Jahre haben gezeigt, dass das Riester-Regime untauglich ist“, sagt Mohn. „Wir brauchen vielmehr einen Systemwechsel. Ein Neuanfang, mit dem sichergestellt wird, dass Sparbemühungen in Rendite und später in hohen Renten münden.“

Auch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) sieht dringend Handlungsbedarf. „Unser Rentensystem ist nicht mehr im Gleichgewicht“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Deshalb brauchen wir eine einfachere geförderte Altersvorsorge mit flexibleren Garantien, die Sicherheit mit Chancen am Kapitalmarkt kombiniert.“

Alexander Kihm, Geschäftsführer von Raisin Pension, rechnet damit, dass Anbieter mit Verweis auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage versuchen werden, ihre Riester-Kunden nun loszuwerden. Das könnte all diejenigen Sparer, die derzeit noch auf Riester setzen, hart treffen. „Seitens der Politik zeigt die aufgeschobene Reform einmal mehr das fehlende Verständnis für private Vorsorge und kapitalmarktbasierte Lösungen bei einer gleichzeitig immer größer werdenden gesetzlichen Rentenlücke. Das ist schon nahezu fahrlässig“, sagt er. Seiner Meinung nach wäre es das beste, wenn Kunden selbst entscheiden könnten, ob und in welcher Höhe sie überhaupt eine Mindestzusage in Form einer Kapitalgarantie wollen.

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