Hendrik Wüst soll Armin Laschet in NRW nachfolgen - Stau als Chance

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst soll Armin Laschet als Ministerpräsident und CDU-Landesparteichef beerben. „Ein Macher“ nach den Worten von Unions-Kanzlerkandidat Laschet. Wüst soll voraussichtlich am 27. Oktober im Landtag zum Regierungschef gewählt werden. Es wäre eine Karriere, die so nicht absehbar war.

Ministerpräsident Armin Laschet hat Verkehrsminister Hendrik Wüst für das Amt des NRW-Ministerpräsidenten und CDU-Landesvorsitzenden vorgeschlagen / dpa
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Autoreninfo

Stefan Laurin ist freier Journalist und Herausgeber des Blogs Ruhrbarone. 2020 erschien sein Buch „Beten Sie für uns!: Der Untergang der SPD“.

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Nach wie vor ist NRW das Stauland Nummer eins. Nirgendwo sonst haben Autofahrer in Deutschland so viel Gelegenheit, stehend die Landschaft zu genießen, wie an Rhein und Ruhr. Dabei war nach dem Wahlkampf 2017 neben der Schul- und Sicherheitspolitik der rot-grünen Landesregierung Nordrhein-Westfalens gerade der desolate Zustand der Autobahnen einer der wichtigsten Gründe für den Sieg von CDU und FDP.

Doch trotz aller Versprechen hat sich die Lage nicht verbessert. Und so ist es kein Wunder, dass sich die Opposition im Landtag wieder auf NRWs Verkehrsminister Hendrik Wüst einschoss. Genüsslich zitierte sie aus einer ADAC-Staustudie, nach der „Nordrhein-Westfalen, schon heute das Bundesland mit den häufigsten und längsten Staus“, auch künftig mit Abstand von Staus „am stärksten betroffen sein“ wird. Kein Tag für Wüst, um zu glänzen. Zwar verwies er darauf, dass es 4 Prozent weniger Staus gäbe und dass die Landesregierung dabei sei, die Versäumnisse der Vorgängerregierung im Straßenbau abzuarbeiten. Eine „Operation am offenen Herzen“ sei das, sagte Wüst. Das führe erst einmal zu weiteren Staus, bevor es dann aber wirklich besser werde.

Ein Lücke namens Laschet?

Verkehrsminister Nordrhein-Westfalens zu sein, ist kein Spaß und gilt eigentlich nicht unbedingt als Karrieresprungbrett, geschweige denn als optimale Position, um Ministerpräsident zu werden. Bislang ist das zumindest niemandem geglückt. Doch ausgerechnet Wüst, so scheint es derzeit, könnte unverhofft infrage kommen.

Dabei galt es vielen nicht als Sympathiebeweis von Armin Laschet, Wüst ausgerechnet zum Verkehrsminister zu machen. Doch Wüst hält sich erstaunlich gut. Sein Ministerium ist bislang skandalfrei; als der vorhergesagte Schleudersitz hat sich sein Posten nicht erwiesen.

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Der Macht der eher ländlich geprägten CDU hat Wüst es zu verdanken, dass er überhaupt Minister wurde – und seinem Netzwerk. 2010 nämlich wäre seine Politikerkarriere fast beendet gewesen: Als Generalsekretär der CDU in NRW war Wüst dafür verantwortlich, dass Unternehmen am Rand des CDU-Parteitags Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers buchen konnten. Unter dem Motto „Rent a Rüttgers“ skandalisierte die rot-grüne Opposition genüsslich diesen Fauxpas. Auch dass Wüst im damals beginnenden Landtagswahlkampf die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft bei Auftritten beobachten ließ, um Patzer von ihr publik zu machen, gehörte sich seinerzeit zumindest noch nicht. Wüst musste drei Monate vor der Wahl von seinem Posten zurücktreten, blieb aber im Landtag und wurde Geschäftsführer der NRW-Filiale des Zeitungsverlegerverbands.

Konkurrentin ist kaltgestellt

Der 46-jährige Wüst gilt als moderater Konservativer. Die Zeiten, in denen er als Redner im Landtag durch Aggressivität auffiel, sind lange vorbei. Wüst ist, seit er Minister wurde, verbindlicher im Auftreten und ein Sachpolitiker, der auf Anfrage stolz auf die Summen hinweist, die sein Ministerium im Kampf gegen den Stau ausgibt: „2019 flossen 1,47 Milliarden Euro in Autobahnen und Bundesstraßen und fast 257 Millionen in Landesstraßen. Das sind Rekordinvestitionen.“ Die Frage, wie er seine Chancen einschätzt, Nachfolger von Armin Laschet zu werden, beantwortet Wüst knapp: „Wir haben einen Ministerpräsidenten, der sehr erfolgreich arbeitet und einen tollen Job macht.“ Er muss das sagen.

Aber mit Laschets Kanzlerkandidatur sind Wüsts Chancen beträchtlich gestiegen. Denn seine eigentliche Konkurrentin um diesen Posten ist kaltgestellt: CDU-Heimatministerin Ina Scharrenbach galt vielen in der mittelfristigen Personalplanung der NRW-Union eigentlich als Laschets Nachfolgerin. Doch Scharrenbach ist nicht Mitglied des Landtags. Das allerdings muss sein, wer in NRW Ministerpräsident werden will. Die nächsten Landtagswahlen finden in NRW erst 2022 statt.

Als Vorsitzender der einflussreichen Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU NRW gilt Wüst als ausgewiesener Wirtschaftsexperte. In einem Bundesland, das vom Strukturwandel auch weiterhin stark betroffen sein wird, ein weiterer Punkt für Wüst. So jedenfalls könnte die CDU die nächste Wahl gegen SPD und Grüne noch ein weiteres Mal gewinnen.

Aktualisiert am 6. Oktober 2021.

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