Erdgas-Pipeline - Routinewartung stoppt Gasfluss über Nord Stream 1

In Zeiten großer Sorge um die Gasversorgung stoppt Russland Lieferungen über eine wichtige Pipeline nach Deutschland wegen einer Routinewartung. Zehn Tage sollen die Arbeiten dauern. Kommt danach wieder Gas an – und vielleicht sogar mehr als zuletzt?

Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) / dpa
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Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland erfolgen seit Montagmorgen keine Lieferungen mehr. Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 ist für lang angekündigte Wartungsarbeiten abgeschaltet worden. Ab 6.00 Uhr hätten keine Lieferkapazitäten mehr zur Verfügung gestanden, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG der Deutschen Presse-Agentur. Auch der tatsächliche Gasfluss sank im Laufe des Vormittags laut Daten der Betreibergesellschaft zusehends ab.

Nach Angaben der Nord Stream AG sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. In diesen zehn Tagen werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert.

Die Abschaltung findet zum Zeitpunkt großer Sorge um die Gasversorgung und einen möglicherweise dauerhaften Lieferstopp statt. Dabei spielt auch die Diskussion über eine Turbine von Siemens Energy eine Rolle, die nach ihrer Wartung nun wieder ausgeliefert werden soll. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte im Juni die Liefermenge durch die Pipeline deutlich gedrosselt und auf die fehlende Turbine verwiesen, die zur Reparatur nach Kanada geschickt worden war.

Die Ukraine protestierte gegen die Lieferung der Nord-Stream-1-Turbine von Kanada

Dem Präsidenten der Bundesnetzagentur Klaus Müller zufolge gibt es unterschiedliche Signale aus Moskau zu künftigen Gaslieferungen durch die Pipeline. Auf der einen Seite gebe es Aussagen von Kreml-Sprechern, man könne in Kombination mit der zugesagten Lieferung der Turbine wieder wesentlich mehr Gas liefern, sagte Müller am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Auf der anderen Seite habe es auch sehr martialische Ansagen gegeben. „Ehrlich gesagt, es weiß keiner“, sagte Müller. Im schlimmsten Fall, wenn Russland die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 auch nach der Wartung der Leitung stoppe, gebe es mehrere Szenarien, in denen Deutschland in eine Gasnotlage rutsche.

Die Ukraine protestierte gegen die geplante Lieferung der gewarteten russischen Nord-Stream-1-Turbine von Kanada nach Deutschland. Man sei „zutiefst enttäuscht“ über die Entscheidung der kanadischen Regierung, in diesem Fall eine Ausnahme von den gegen Russland verhängten Sanktionen zu machen, hieß es in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung von Außen- und Energieministerium in Kiew. Siemens Energy will die in Kanada gewartete Turbine nach eigenen Angaben „so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort“ bringen. Aktuell arbeiteten die Experten des Unternehmens an allen weiteren formalen Genehmigungen und der Logistik. Das Gerät kann angesichts seiner geringen Größe – wenn nötig – auch per Flugzeug transportiert werden.

Mehrere europäische Staaten erhalten bereits kein Gas mehr aus Russland

Nach der Abschaltung von Nord Stream 1 fließt das Gas weiter über das von Russlands Krieg erschütterte Transitland Ukraine nach Europa. Der mögliche Umfang entsprach am Montag nach Angaben des Betreibers des ukrainischen Gastransitnetzes etwa dem der vergangenen Tage. Die über diese Route in Deutschland ankommende Menge russischen Gases war nach Angaben der Bundesnetzagentur allerdings im Juni ebenfalls deutlich zurückgegangen und entsprach schon davor nur einem Bruchteil der über Nord Stream 1 gelieferten Menge. Durch die über Polen verlaufende Jamal-Pipeline kam den Angaben zufolge zuletzt gar kein russisches Gas mehr in Deutschland an.

Mehrere europäische Staaten, die die Regierung in Kiew nach Russlands Angriff unterstützen, erhalten bereits kein Gas mehr aus Russland.

Nach Aussage von Außenministerin Annalena Baerbock wird die Bundesregierung alles dafür tun, dass eine weitere Verknappung russischer Gaslieferungen nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führt. „Wenn wir weniger Energie haben, wenn wir weniger Wärmeversorgung haben, dann werden wir dafür sorgen, dass es gerecht zugehen wird“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag nach einem Treffen mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio.

Quelle: dpa

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