Verpampen verboten - Knackiger Weißkrautsalat

Unser Genusskolumnist könnte natürlich auch im Januar Tomaten, Spargel oder frische Paprika kaufen. Aber er besinnt sich lieber auf klassisches Wintergemüse, hat einen Weißkohl erworben und einen Weißkrautsalat zubereitet.

Am besten regional: Weißkohl aus Brandenburg / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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In einem konsumglobalisierten Land wie Deutschland gibt es eigentlich fast alle Lebensmittel zu jeder Jahreszeit. Spargel, Paprika, Erdbeeren und Weintrauben im Januar sind ebenso erhältlich wie Rosenkohl und Steckrüben im Hochsommer. Dennoch scheinen sich Rudimente saisonaler Esskultur erhalten zu haben. Wer derzeit einkaufen geht, erlebt mitunter eine Art visuellen Weißkohl-Overkill. Überall stapeln sich die großen Köpfe und harren ihrer Verwendung. Viele Sorten werden erst spät im Herbst geerntet und lassen sich zudem hervorragend lagern.

Weißkohl als kulinarische Allzweckwaffe

Für die winterliche Vitaminversorgung war Weißkohl früher nahezu unentbehrlich, was auch den Siegeszug des Sauerkrauts erklärt, der lange Zeit beliebtesten Methode der Verarbeitung und Lagerung. Dank der milchsauren Vergärung werden ihm sagenhafte gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das ebenfalls vergorene koreanische Nationalgericht Kimchi, bei dessen Zubereitung der in Asien übliche Chinakohl auch durch Weißkohl ersetzt werden kann. Doch Weißkohl ist viel mehr als Sauerkraut. Man kann ihn für Rouladen verwenden, schmoren, braten oder als Suppengrundlage.

Aber das alles lassen wir heute mal beiseite und begnügen uns mit einem ganz einfachen, klassischen Krautsalat. Das klingt jetzt arg profan, aber für die Geschmackspolizei ist Krautsalat aufgrund verbreiteter inakzeptabler Varianten ständig Grund für Ermittlungen und den Erlass von Fatwas. So ist seine Verpampung mit Mayonnaise („Cole Slaw“ u.ä.) ebenso VERBOTEN wie der Genuss von abgepacktem Krautsalat, der eigentlich immer ziemlich penetrant nach Konservierungsmitteln riecht und schmeckt. Die beliebte Ausrede, man habe „einfach keine Zeit“ für die häusliche Zubereitung, wird in diesem Fall keinesfalls akzeptiert.

Lobeshymne vom Ernährungssoziologen

Auch der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl ist bekennender Weißkohl-Fan. Der sei nicht nur „geschmacklich ziemlich unterschätzt. Gerade wir in deutschen Landen sollten eigentlich wissen, was wir im Kohl hatten und haben. Er brachte so manchen durch einen allzu harten Winter, und mit Zitrone angemacht kann er sogar eine erfreulich erfrischende Note an den gedeckten Tisch bringen“. Bei der Entwürdigung von Weißkohl ist Kofahl besonders „Farmersalat“ ein Dorn im Auge. Und vertritt die interessante These, „dass dessen vermeintliche Existenz nur ein Gerücht ist, welches misslaunige Aliens aus dem Gammaquadranten über die Erde in Umlauf gebracht haben. Alles andere wäre geschmacklich doch wohl absurd“.

Richtig! Also zurück zu unserem Weißkrautsalat. Als Zutaten werden außer Weißkohl nur Salz, Pfeffer, Kümmel, Weißweinessig und neutrales Speiseöl akzeptiert. Zucker muss nun wirklich nicht sein, aber als Essig kann man gerne einen Condimento bianco nehmen, dem ja etwas süßer Traubenmost beigemischt ist. Ausgelassener Bauchspeck wird als weitere Zutat geduldet.

Nicht matschig werden lassen

Los geht’s. Den Strunk und die äußeren Blätter großzügig entfernen. Den Kohl vierteln und mit der groben Raspelscheibe oder mit dem Küchenmesser in feine kurze Streifen schneiden. Jetzt kommt die erste Glaubensfrage: Blanchieren oder nicht? Natürlich mundet der später marinierte Weißkohl auch roh, aber ich tendiere zum Blanchieren, weil er dann schlicht besser verdaulich ist und man den Rest problemlos einfrieren kann. Drei Minuten in sprudelnd kochendem Salzwasser reichen. Damit er nicht matschig wird, mit kaltem Wasser abschrecken, am besten noch Eiswürfel dazu. Gut abtropfen lassen und in eine Schüssel geben. Dann wird die Marinade aus Salz, Pfeffer, Essig und Öl untergerührt. Nicht zu viel, das Kraut darf auf keinen Fall „schwimmen“ Und natürlich Kümmel, den man unbedingt – Achtung: Geheimtipp! – vorher trocken in der Pfanne anrösten sollte, damit er sein Aroma entfaltet. Vor dem Verzehr mindestens eine halbe Stunde ziehen lassen.

Weißkrautsalat eignet sich vor allem als sehr vielfältig einsetzbare Beilage, von der Grillwurst über den Schweinebraten bis zum Zanderfilet. Oder auch als Teil einer Brotzeit. Und vieles andere mehr. Und schmeckt im Winter einfach besser als Tomaten oder Spargel.

 

Weißkrautsalat

Zutaten für 4 Personen

1 Weißkohl

Weißweinessig (am besten Condimento)

Sonnenblumen- oder Rapsöl

Salz, Pfeffer, Kümmelsamen (nicht gemahlen)

optional: Geräucherter Bauchspeck

 

 

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