Hurra 2022 - Mit Rosenkohl, Lammfleisch und Granatapfel

Auch unser Genusskolumnist hat für das neue Jahr einen guten Vorsatz. Nämlich den, keinen guten Vorsatz zu haben, was seine Genussgewohnheiten betrifft. Und deswegen geht er gleich zum Start in die Vollen.

Rosenkohl gibt es auch in Bio-Qualität, wie hier auf dem Biohof Bursch in Nordrhein-Westfalen. / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Irgendwie haben wir dieses schräge Jahr hinter uns gebracht. Samt Bundestagswahl, vergeigter Fußball-EM, Flutkatastrophe an der Ahr und natürlich der alles überschattenden Corona-Pandemie und den damit verbundenen Verwerfungen im persönlichen und gesellschaftlichen Leben. Die meisten Menschen haben sich ein- bis dreimal impfen lassen, sei es mit Überzeugung, Einsicht oder zähneknirschender Kapitulation vor dem wachsenden Druck. Wir waren vielen Schwankungen ausgesetzt, zwischen Hoffnung bis hin zur Euphorie, dass es bald vorbei sein werde, und Enttäuschung und Entsetzen darüber, dass es eben noch nicht vorbei ist. Trotzdem haben wir auch im vergangenen Jahr (hoffentlich) irgendwie gelacht, gefeiert und gut gegessen. Und so wollen wir es auch im neuen Jahr halten.

Schrille Töne von Cem Özdemir

Das meint auch der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Schluss mit den Ramschpreisen für Lebensmittel, lautet seine Losung für das kommende Jahr. Alles soll hochwertiger, ökologischer, gesünder und vor allem teurer werden, auch Grundnahrungsmittel. Und wer sich dann Fleisch, Milch und „korrektes“ Gemüse nicht mehr leisten kann, könne ja auf Kaviar und Champagner umsteigen. Oder zur Tafel für die Armen gehen. Das sagt er natürlich nicht, wohlwissend, dass das vermutlich nicht so gut ankäme, wie das Beispiel der französischen Königin Marie Antoinette gezeigt hat. Aber vielleicht denkt er es ein bisschen.

Wider die „Bionaden-Bourgeoisie“

Der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl hat nichts dagegen einzuwenden, die Standards in der Lebensmittelproduktion zu erhöhen. Aber „es sieht nur gerade nicht so aus, als würde die nun endlich an die Macht gelangte Bionaden-Bourgeoisie mitbedenken, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung nicht deswegen nicht an der Feinkosttheke einkauft, weil es ihm vor guter Wurst ekelt. Sondern sie kaufen ihr Essen günstig ein, weil die Miet- und Energiekosten das bisschen, was im Portemonnaie zu finden ist, schon größtenteils aufzehren“. Wer faire Preise für Dinge des alltäglichen Lebens will, „sollte auch faire Einkommensverteilungen organisieren und nicht die Hälfte der Bevölkerung auf Diät setzen“, so Kofahl auf Cicero-Anfrage.

Des Weiteren hoffe er, „dass das diätische Hineinregieren in die Kochtöpfe der einfachen Menschen endlich aufhört“. Er unterstütze zwar die auch in dieser Kolumne gepflegte Idee einer „Genusspolizei, die regelmäßig neueste kulinarische Rezepte und Fatwas publiziert, aber das reicht dann auch“. Der Rest der ernährungskulturellen Entwicklung solle „demokratisch lustorientiert und nicht moralisch lustfeindlich ablaufen“, so sein Credo für 2022.

„Choux de Bruxelles“ klingt besser als Rosenkohl

Genauso machen wir es, und stürzen uns nach den Weihnachts- und Silvesterschlemmereien in die Schatzkammer des regionalen und saisonalen Wintergemüses. Da kommt man am Rosenkohl wohl kaum vorbei, auch wenn die vorherrschenden phantasie- und geschmacklosen Darreichungen wenig überzeugen. Und wem der Name zu profan klingt, der nennt ihn einfach wie in Frankreich „Choux de Bruxelles“, das wirkt dann etwas mondäner. Da ich seit einigen Wochen auf dem Granatapfel-Trip bin und zudem großer Fan von Lammfleisch, sind das diesmal meine Partner für „Choux de Bruxelles“.

Bitte exakte Reihenfolge beachten!

Los geht’s. Von den Kohlröschen den Strunk und die Außenblätter großzügig entfernen und dann 10-12 Minuten in kochendem Salzwasser bissfest garen, abtropfen und beiseite stellen. Zwiebel, Knoblauch und Ingwer schälen und hacken, Granatapfelkerne aus der Frucht pulen. Mageres Lammfleisch (z.B. ausgelöster Rücken) in drei Zentimeter breite Stücke schneiden und in Olivenöl  5 Minuten braten, dabei einmal wenden, salzen und pfeffern. Anschließen herausnehmen. In dem Bratensatz werden dann Zwiebel, Knoblauch und Ingwer angedünstet. Dann scharfe Paprikapaste (Harissa) einrühren und mit Lammfond (aus dem Glas) und etwas Sherry ablöschen. Alles fleißig rühren. Wer’s mag, kann das noch mit Speisestärke binden, muss aber nicht sein.

Und jetzt das Finale: Rosenkohl, Fleisch und Granatapfelkerne vorsichtig unterheben und ein paar Minuten erhitzen. Frisch gehackte Petersilie drüberstreuen. Fertig. Dazu gibt’s Basmatireis. Und wenn das Jahr 2022 kulinarisch so weitergeht, dann wird es ein richtig gutes Jahr.

 

Rosenkohl mit Lammfleisch und Granatapfel

Zutaten für 4 Personen

800 g Rosenkohl
400 g mageres Lammfleisch
1 Granatapfel
1 Gemüsezwiebel
300 ml Lammfond (aus dem Glas)
100 ml trockener Sherry
1 Teelöffel Harissa
1kl. Bund Petersilie
Knoblauch, Ingwer, Olivenöl, Salz, Pfeffer

 

 

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