Genuss mal anders - Portugal für Zuhause

Essen, wo andere Urlaub machen. Unser Genuss-Kolumnist hat seine alten Fado-Platten rausgeholt und ein Rezept für Bacalhau ausprobiert. Auf diese Weise kann er Portugal ganz ohne Quarantäne erleben.

Stockfisch hängend an einem Holzgestell auf der portugiesischen Insel Madeira Foto: Detlef Feldkamp/dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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„Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln“ gehört zu jenen mundartsprachlichen Bonmots, die in der Corona-Pandemie (nicht immer fröhliche) Urständ feiern. Noch im Mai prophezeiten Gesundheitsminister Jens Spahn und Bundeskanzlerin Angela Merkel relativ unbeschwertes Sommerreisevergnügen für die bevorstehende Saison, wenigstens innerhalb der EU. Und jetzt läuten für eines der beliebtesten Sommer-Sonne-Meer-Urlaubsziele bereits wieder die Alarmglocken, und weitere könnten folgen. Zwar rauschen die Ansteckungszahlen in Deutschland seit Wochen scheinbar unaufhaltsam in den Keller und die Impfkampagne hat endlich mächtig Fahrt aufgenommen. Doch in Portugal – und nicht nur da – ist die Delta-Variante des Virus auf dem Vormarsch

Quarantäne – nein danke

Viele Wissenschaftler stufen sie als extrem gefährlich ein – weil sie die Immunantwort stärker schwächt als andere Varianten, leichter zu übertragen ist und laut ersten Studien in mehr Fällen zu deutlich schwereren Krankheitsverläufen führt, auch bei Jugendlichen. Pauschalangebote für Portugal wurden bereits gecancelt. Wer trotzdem hinfährt, muss nach der Rückkehr in eine 14-tägige Quarantäne – auch, wenn er vollständig geimpft ist. Und in Portugal selbst gelten wieder merkliche Einschränkungen.

Portugiesen sind Kummer gewohnt

Ein harter Schlag für Portugal, und nicht der einzige. Denn jetzt ist auch noch ihre heißgeliebte Nationalmannschaft als Titelverteidiger im Achtelfinale der Fußball-EM gescheitert. Doch die Portugiesen haben bewährte Therapeutika gegen Schmerzen aller Art. Das ist zum einen der Fado, also jene Liedkunst, mit der seit dem 19. Jahrhundert alle großen und kleinen Bekümmernisse besungen werden. Und dann haben sie noch den Bacalhau – eingesalzenen, getrockneten Kabeljau, der in dem iberischen Land bereits seit dem 16. Jahrhundert ein wichtiger Bestandteil der Ernährung war. Ein genusskulturelles Erbe, dass auch heute in unzähligen Varianten gepflegt wird. Überwinden wir also den Frust über geplatzte Urlaubsträume und holen uns Portugal nach Hause. Bacalhau ist unter anderem in iberischen Supermärkten, größeren Fisch- und Feinkostabteilungen und vielen Internet-Shops erhältlich. Und zu gepflegten Fado-Klängen machen wir uns dann an die Zubereitung. Es gibt Bacalhau à Brás, eine sehr verbreitete Variante, die vor allem zum Frühstück und am Mittag angeboten wird.

Unbedingt lange wässern

Zunächst das Vorspiel. Bacalhau mindestens 36 Stunden einweichen, dabei drei- bis viermal das Wasser wechseln. Danach den Fisch in kleinen Stücken von den Gräten zupfen und in etwas Olivenöl mit Knoblauch einlegen. Jetzt werden Kartoffeln geschält und in Stifte geraspelt. Olivenöl in der Pfanne erhitzen, die Kartoffelstifte bei mittlerer Hitze 15 Minuten braten, nach zehn Minuten in dünne Ringe geschnittene Zwiebel dazugeben und anschließend den Fisch für weitere drei bis vier Minuten hinzufügen. Jetzt noch ein paar verquirlte Eier untermischen, mit Pfeffer aus der Mühle würzen und sehr wenig Salz (wenn überhaupt, denn Bacalhau ist ohnehin recht salzig). Wenn die Eier gestockt sind, kommt alles mit ein wenig Petersilie und ein paar schwarzen Oliven auf den Teller. Die Lust auf einen irgendwann bestimmt wieder möglichen Portugal-Urlaub dürfte bei diesem Genuss erheblich steigen.

Bacalhau à Brás

Zutaten für 4 Personen

400 g Stockfisch

500 g vorwiegend festkochende Kartoffeln

4-5 Eierflocken

1-2 milde Speisezwiebeln

Olivenöl

Knoblauch

Pfeffer

Petersilie

schwarze Oliven

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