Obst- und Gemüsesaft - Bitte nur frisch gepresst!

Unser Genusskolumnist ist seit über 25 Jahren bekennender Saft-„Junkie“. Am besten jeden Morgen, aber nur frisch gepresst. Wie es dazu kam und wie man mit der richtigen Presse das Beste aus Obst und Gemüse herausholen kann, erzählt er hier.

Ein frisch gepresster Saft am Morgen darf nicht fehlen. Ob als klassische Mischung aus Apfel und Birne, oder eine exotischere Kombination aus Mango, Papaya und Limette. / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Seit rund 25 Jahren bin ich Saft-Junkie. Diese offensichtlich unheilbare Sucht entwickelte sich bei einer mehrwöchigen Fahrradtour durch Malaysia, wo auch bei den marodesten Imbiss-Bretterbuden in eher abgelegenen Gegenden auf Eines Verlass war: Das Vorhandensein einer elektrischen Saftpresse, mit der in Sekundenschnelle köstlichste Erfrischungen produziert werden konnten. Die Auswahl war meistens bombastisch. Ananas, Mango, Litschi, Papaya, Sternfrucht, Rambutan, Melone, Brotfrüchte und Zitrusfrüchte wanderten geschält und manchmal auch entkernt in diese großen, lauten Höllenmaschinen. Entweder sortenrein oder in allen erdenklichen Kombinationen.

Nie wieder abgefüllten Fruchtsaft

Nach meiner Rückkehr nach Berlin merkte ich sehr schnell, dass nach diesem Erweckungserlebnis normale, abgefüllte Säfte für mich nicht mehr genießbar waren. Frisch ist frisch, und abgefüllt ist eben nicht frisch. Auch der teuerste und laut Werbung vermeintlich „naturbelassene“ Saft aus dem Bioladen muss vor der Abfüllung aufwändig behandelt werden, entweder durch klassische Pasteurisierung oder moderne, etwas schonendere Verfahren.

Keime und Mikroorganismen müssen vor der Endabfüllung zerstört werden, um eine Gärung zu verhindern und den Saft haltbar zu machen. Das wirkt sich nicht nur auf den Geschmack aus. Auch einige Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, Mineralien und Ballaststoffe werden bei der Haltbarmachung größtenteils zerstört. Von Scheußlichkeiten wie „Fruchtnektar“, „hergestellt aus Fruchtsaft-Konzentrat“ oder „Fruchtsaftgetränk“ ganz zu schweigen. Die stehen schon lange auf der Verbotsliste der Geschmackspolizei, denn sie haben mit Fruchtsaft ungefähr so viel zu tun wie ein Fischstäbchen mit einem frisch gebratenen Zanderfilet.

Zitruspresse ist arg limitiert

Der häuslichen Saftbereitung waren früher enge Grenzen gesetzt. Besonders Kleingärtner besaßen in der Regel einen klobigen Dampfentsafter. Auch heute  sind diese Geräte noch erhältlich. Aber auch die basieren auf starker Erhitzung der Früchte, was Geschmack und Inhaltsstoffe entsprechend verändert. Ansonsten gab es eigentlich nur die Zitruspresse, zunächst mechanisch und später auch elektrisch. Doch die Möglichkeiten sind arg limitiert, denn außer Orangen und Pampelmusen kann man mit etwas Übung bestenfalls noch (nicht allzu harte) Ananas oder Granatäpfel entsaften.

Moderne Entsafter, bei denen Obst oder Gemüse mittels einer sehr schnell rotierenden Zentrifuge mit etwa 10.000 Umdrehungen pro Minute durch ein feines Sieb gepresst werden, begegneten mir nach meiner Erinnerung erstmals in einem libanesischen Falafel-Imbiss in Berlin, wo frischer Möhrensaft zum Standard gehörte. Die Idee, so was für den eigenen Haushalt zu beschaffen, war damals noch ziemlich weit weg. Doch nach dem Malaysia-Trip war das unausweichlich. Und seitdem nehme ich an fast jedem Morgen einen frisch gepressten Saft zu mir. Wohlgemerkt: Saft, und nicht diesen „Smoothies“  genannten Lifestyle-Schnickschnack.

Frischer Saft – Eldorado für Entdecker

Wie viele Sorten Obst und Gemüse ich seitdem durch die Zentrifuge gejagt habe und wie viele Kombinationen ich ausprobiert habe, weiß ich nicht. Es begann mit Äpfeln, Birnen und Möhren, später kamen Sellerie und Rote Beete dazu, manchmal auch ein Stück Ingwer, als Aroma-Kick. Es folgten weichere Sorten wie Pfirsiche, Aprikosen, Mirabellen und Pflaumen, auch befördert durch mein Gartengrundstück und dessen Umfeld in Brandenburg. Und natürlich exotische Früchte, wie ich sie in Malaysia als frische Säfte genießen konnte. Schließlich erste Experimente mit Gemüsesäften, mit Tomaten, Paprika, Spinat. Natürlich gab es auch grauenvolle Flops, etwa mit Rhabarber, Quitten oder Hagebutten.

Slow Juicer  – der nächste Quantensprung

Irgendwann war mein erster Entsafter durch, beim nächsten achtete ich dann auf verschiedene Geschwindigkeitsstufen, weil aus weichen Früchten bei hohen Drehzahlen eher Mus als Saft rausgepresst wird. Und ein Problem tauchte regelmäßig immer wieder auf, nämlich die bei manchen Sorten sehr starke Schaumbildung. Auch die Saftausbeute ist oftmals ziemlich bescheiden. Schließlich lernte ich dann, dass die Zentrifugen auch nicht gerade schonend mit Vitaminen und anderen wertvollen Inhaltsstoffen umgehen – wenn auch immer noch besser als bei jedem abgefüllten Saft.

Also jetzt – mein Entsafter war erneut durch – der nächste Quantensprung. Bye, Bye Zentrifuge, hallo Pressschnecke, mit ganz niedrigen Drehzahlen (35-50 Umdrehungen pro Minute) Im Zeitalter der epidemischen Verbreitung von Anglizismen werden die als „Slow Juicer“  bezeichnet. Höhere Ausbeute, feinere Konsistenz, keine Schaumbildung , besserer Geschmack – was will man mehr! Und so kann ich mein Leben als Saft-Junkie jetzt noch genussvoller fortsetzen ...


Frisch gepresste Obst- und Gemüsesäfte

Einige Kombinationsvorschläge

Apfel/Knollensellerie

Apfel/Birne/Rote Beete

Apfel/Möhren/Ingwer

Pfirsich/Mirabelle/Pflaume

Ananas/Granatapfel

Melone/Grapefruit

Mango/Papaya/Limette

Tomate/Spinat/(wenig) Knoblauch

Tomate/Paprika/Staudensellerie

Hier finden Sie weitere Rezepte von Rainer Balcerowiak.

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