Rezept fürs Wochenende - Dieses köstliche Schweinefilet mit Calvadosrahm werden Sie nicht vergessen

Auch unser Genusskolumnist würde gerne wieder mal entspannt verreisen. Und rät dazu, die nervige Pandemie-Zeit auch für die kreative Auffrischung kulinarischer Erinnerungen zu nutzen. In seinem Fall führte dies von der Bretagne über Malta zu Schweinefilet und Calvadosrahm.

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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Kochen entwickelt sich bei mir manchmal intuitiv. Im Weinladen meines Vertrauens in Berlin-Kreuzberg stand eines Tages hinter dem Kassentresen ein großes, bauchiges Glasgefäß mit Abfüllhahn. Die Nachfrage ergab, dass es sich um Calvados handelt, eine direkt importierte Fassabfüllung aus der Normandie. Ein Probeschluck weckte wohlige Erinnerungen an Urlaube an der französischen Atlantikküste, das Getränk wurde also für gut befunden und erstanden.

Französisch-maltesisches Kopfkino

Wie alle Schnäpse fristete auch dieser Calvados bei mir ein wenig beachtetes Nischendasein. Doch dann stieß ich zufällig beim Scrollen in meiner Facebook-Timeline auf ein Foto mit Kommentar, bei dem Calvadosrahm eine Rolle spielte. Erneut machte es klick im Kopf, denn auch das hatte ich in Frankreich mal genossen und in äußerst angenehmer Erinnerung. Virtuell wurde ich diesen tollen Geschmack am Gaumen anschließend überhaupt nicht mehr los. Ich habe allerdings vergessen, wozu diese Soße in der Bretagne gereicht wurde.

Zwar esse ich deutlich mehr Meeresgetier als auf dem Festland lebende Tiere, doch bei Calvadosrahm kommt man wohl an Fleisch nicht vorbei. Meine diesbezüglichen Favoriten, wie etwa Wild und Lamm, erschienen mir wenig zielführend, es sollte was eher zartes und helleres sein sein, etwa Geflügel, Kalb oder Schweinefilet. Ich entschied mich für letzteres, ebenfalls ausgelöst durch eine kulinarische Erinnerung. Denn vor vielen Jahren habe ich auf Malta, beziehungsweise der Nebeninsel Gozo, im immer noch existierenden Restaurant Ta Frenc ein unglaublich gutes Schweinefilet verspeist, zwar nicht in Calvados-, dafür aber in Cognacrahm. Merkwürdigerweise habe ich zuhause aber nie Schweinefilet zubereitet.

Ernährungssoziologe verweist auf „Erinnerungsartefakte“

Der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl kennt das Phänomen. Schmecken ließe sich nicht „auf die sensorischen Eigenschaften des zu verköstigende Produkts oder auf die physiologisch-gustatorischen Anlagen des Essenden reduzieren, sondern spielt sich in einer Kontextsituation ab“. Oftmals werde durch „Erinnerungsartefakte eine geschmackliche Erinnerungskette ausgelöst“. Das könne alles mögliche sein: „Ein altes Urlaubsfoto, ein Bericht im Fernsehen, eine Duftnote in der Markthalle, die Scherbe eines Tellers auf dem Trödelmarkt“. Kofahl nennt dies „Zeitreisen durch kulinarischen Warp-Antrieb“

Na dann mal hurtig los: Warp-Reise mit Schweinefilet in Calvadosrahm. Alles Leckere beginnt bekanntlich mit dem Einkauf. Calvados hatte ich schon und an trockenem Weißwein mangelt es in der Regel nie. Fehlt also noch ein anständiges Schweinefilet, vorzugsweise in Bio- oder vergleichbarer Qualität. Dazu noch kräftige, süß-säuerliche Äpfel, Schalotten und süße Sahne.

Bitte nicht totbraten

Das von den Häuten befreite Schweinefilet verbringt zunächst einige Stunden in einer Marinade aus Honig, Senf, Portwein, Meersalz und etwas Chili. Der Ofen wird auf 100 Grad oder (besser) 90 Grad Umluft vorgeheizt, inklusive einer flachen Schale. Das marinierte Filet auf beiden Seiten jeweils vier Minuten in Butterschmalz (oder Öl) scharf anbraten und anschließend in der Schale oder Form für ca. 45 Minute in den Ofen schieben. Dann sollte die Kerntemperatur von knapp 60 Grad erreicht sein, damit dass Filet gar ist, aber noch einen zartrosa Kern aufweist. Wird es schuhsohlenmäßig durchgebraten, drohen Sanktionen der Geschmackspolizei.

Zeit genug für den Calvadosrahm. Dafür werden süß-säuerliche Äpfel (geschält) und Schalotten fein gewürfelt und in dem Bratensud mit dem Rest der Marinade angeschmort. Mit Weißwein ablöschen und einkochen lassen. Nochmals mit Wein auffüllen und um die Hälfte reduzieren. Jetzt kommt ein  Becher Schlagsahne dazu. Kurz aufkochen und anschließend pürieren. Nochmals erhitzen und dann den Calvados dazugeben, nur noch kurz köcheln lassen. Fertig.

Das Filet aus den Ofen holen, in 2-3 cm dicke Medaillons schneiden und auf flachen Tellern mit dem Calvadosrahm servieren. Dazu Baguette. Oder was anderes. Und den Wein, den man auch zur Reduktion verwendet hat. Darf gerne ein Riesling aus dem Alsace sein. Und hinterher – natürlich – ein Calvados. Spätestens dann wünscht man sich an die französische Atlantikküste

Schweinefilet an Calvadosrahm

Zutaten für vier Personen     

1 großes oder 2 kleine Schweinefilets (ca. 800 Gramm)

Für die Marinade:

1 El Honig
1 El Dijon-Senf
0,1 l Portwein oder Madeira
Meersalz
Chiliflocken

Für den Calvadosrahm:

2-3 Schalotten
2 mittelgroße Äpfel
0,4 l trockener Weißwein
0,2 Liter Schlagsahne
30-40 ml Calvados

Butterschmalz oder neutrales Öl zum Anbraten 
 

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