Fischsuppe - Keine Angst vor großen Namen: Bouillabaisse

In einem kleinen Mittagsbistro hat unser Genusskolumnist mal wieder eine großartige Bouillabaisse gegessen. Das bestärkte ihn in seinem Plan, endlich mal selber eine zu kochen.

Original Marseiller Bouillabaisse / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Es gibt Gerichte, die bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben und mich immer wieder zum Schwärmen bringen. Dennoch habe ich sie noch nie zubereitet. Sei es aus Respekt vor dem großen Namen oder aus mangelndem Zutrauen zu meinen Fähigkeiten als ambitionierter Hobbykoch. Dazu gehört die Bouillabaisse, also jene reichhaltige Fischsuppe, die zu den großen Monumenten der französischen Genusskultur gehört.

„Die“ klassische, originale, quasi amtliche Bouillabaisse gibt es nicht. Der Koch und Kulinar-Ethnologe Raimond Oliver verortet ihren Ursprung im katalanischen Viertel von Marseille im 16. Jahrhundert, als Arme-Leute-Gericht, bei dem Seefische in Meerwasser gekocht wurden, verfeinert mit allerlei Gemüsen und Gewürzen. Den Katalanen gebührt das Verdienst, Safran nach Marseille gebracht zu haben. Doch im Laufe der Zeit entwickelten sich immer neue Varianten, darunter äußerst edle, bei denen Langusten und Edelfisch wie Wolfsbarsch verwendet wurden. Zwar gilt die Region um Marseille nach wie vor als Bouillabaisse-Mekka, doch diese Art Fischsuppe findet man auch in anderen Küstenregionen, etwa in Spanien und Portugal.

Ohne Safran geht es nicht

Allerdings gibt es einige Zutaten, die man als „klassisch“ ansehen kann. Dazu gehören Karkassen und Filets von Mittelmeerfischen, Zwiebeln, Knoblauch, Suppengemüse, Tomaten bzw. Tomatenmark, Fenchel, Möhre, Staudensellerie, Olivenöl, Weißwein, Noilly Prat oder Pastis sowie diverse Kräuter und Gewürze, darunter unbedingt Safranfäden. Optional auch noch Muscheln und Garnelen.

Da läuft einem schon beim Schreiben das Wasser im Mund zusammen. Doch vor der erstmaligen Zubereitung brauchte ich einen aktuellen Benchmark, denn ich war lange nicht mehr in Frankreich. In Berlin und zudem für mich gut erreichbar bietet sich da das „Frischeparadies“ an. Ein gehobener Feinkostmarkt mit einem ebenfalls gehobenen Mittags-Bistro, in dem der mit überzeugenden Referenzen ausgestattete Chefkoch Régis Louviot für eine kleine, sehr feine, französisch inspirierte Karte verantwortlich zeichnet. Und seine Bouillabaisse ist längst nicht mehr nur ein „Geheimtipp“. Der Clou dabei: Nach dem Essen kann man direkt in den Markt gehen und die notwendigen Zutaten für den Selbstversuch erwerben.

Fischkarkassen bringen die Würze

Gesagt, getan. Die Bouillabaisse war eine Offenbarung, und der Markt bietet alles, was man braucht. Und am nächsten Tag wurde zur Tat geschritten. In guten Fischabteilungen erhält man Fischabschnitte und -karkassen für die Fischbouillon. Alles, also auch Köpfe und Gräten, wird verwendet, aber die Kiemen sollte man rausschneiden, weil die schleimen. Dazu kauft man noch verschiedene Filets für die Einlage. Es sollten Mittelmeer- oder mindestens Seefische sein, z.B. Rotbarbe, Knurrhahn, Dorade, Merlan, Wolfsbarsch.

Los geht’s. Für den Ansatz Lauch, Möhren, Sellerie und Zwiebeln putzen und klein schneiden. (Fenchel lass ich weg, kann ich nicht leiden.) Knoblauch nur halbieren, Kerbel und Basilikum grob hacken. In einem hohen Topf Olivenöl erhitzen, Zwiebeln und Knoblauch bei mittlerer Hitze anbraten. Hitze reduzieren, Gemüse und Kräuter zugeben, ca. 10 Minuten dünsten.

Lange köcheln lassen

Dann die Karkassen und Abschnitte dazu und ein paar Minuten mitdünsten. Wein und Anisschnaps oder Nouilly Prat zugeben, mit kaltem Wasser auffüllen, zugedeckt aufkochen und bei milder Hitze 30 Minuten köcheln lassen. Anschließend durch ein Sieb drücken, gerne kräftig. Den Fonds kocht man dann um die Hälfte ein, ab und zu Schaum entfernen. Safran am besten mit den Fingern in etwas warmem Wasser zerreiben und in den köchelnden Fonds einrühren. Jetzt noch die Fischfilets auf der Haut anbraten, einmal wenden und zugedeckt kurz ziehen lassen. Dann in vorgewärmten tiefen Tellern mit der kurz aufgeschäumten Suppe servieren. Dazu Baguette und einen passenden Weißwein. Und wenn wir schon am Mittelmeer sind, dann natürlich einen Picpoul de Pinet. Aber ein guter trockener Mosel-Riesling geht natürlich auch

Natürlich wird sich unter Verweis auf diverse „Originalrezepte“ jetzt sofort Protest erheben. Das mache man eigentlich doch ganz anders. Ja, es geht auch anders, aber so hier beschrieben geht es auch. Sogar ohne Fenchel (der eigentlich tatsächlich dazugehört). Und jetzt ab in den Fischladen und dann in die Küche – das Mittelmeer ruft.

 

Bouillabaisse

Zutaten für 4 Personen

1 kg Fischkarkassen und Abschnitte

800 g Fischfilets von Mittelmeerfischen (z.B. Rotbarbe, Petersfisch, Dorade, Knurrhahn u.a.)

1 Suppengrün (Lauch, Möhren, Sellerie)

optional: 1 Knolle Fenchel

2 Zwiebeln

4 Knoblauchzehen

0,3 g Safran (maximal)

0,3 l trockener Weißwein

50 ml Pastis oder Nouilly Prat

1 EL Tomatenmark

Olivenöl

Meersalz, Pfeffer, Kerbel, Piment d’Espelette

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