22 Fragen und Antworten zum 2:2 - Fast Tschüss Deutschland!

Mit einem uninspirierten 2:2 gegen Ungarn schlittert die DFB-Elf ins EM-Achtelfinale. Wir haben viele Fragen.

Deutschlands Leon Goretzka (2.v.r) feiert das 2:2 / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Holger Schmieder arbeitet als Datenanalyst und Marketingmanager in Berlin.

So erreichen Sie Holger Schmieder:

Anzeige

1. Das Anagramm zum spielbegleitenden Hashtag lautete Hunger – das konnte kein Leckerbissen werden, oder? Das kann man auch anders sehen: vier Tore, viel an Verzweiflung grenzende Spannung beziehungsweise an Spannung grenzende Verzweiflung, virtuose Einwechslungen Löws. Durch ihre Dramatik wurde der Zuschauer für den fehlenden Glanz der Partie entschädigt.

2. Wer spielte warum für Thomas Müller und wie machte der Ersatz-Müller sich? Die deutsche #25 hatte Knieprobleme, während Joachim Löw Leroy Sané einen „guten Trainingsrhythmus“, ja, sogar „alle Möglichkeiten, alle Qualitäten“ attestierte. Im Spiel sollte Sané dieses Vorablob nicht rechtfertigen; kein einziger Sané-Torschuss in Halbzeit Eins.

3. Ohne das Mensch gewordene Radio Thomas Müller gab wer das Sprachrohr auf dem Platz? Antonio Rüdiger hörte ich sehr häufig.

4. Auf wen trifft die DFB-Elf im Achtelfinale, wann findet dieses statt und wer überträgt das Spiel? Joachim Löw und seine 23 Auserwählten treffen am kommenden Dienstag um 18 Uhr auf England. Sie können die Partie bei der ARD verfolgen.

5. Welche Chancen darf sich #DieMannschaft im Achtelfinale der Europameisterschaft ausrechnen? Erwischt die Dreierkette eine gute Tagesform, dann sehe ich die DFB-Auswahl auf Augenhöhe mit dem englischen Team.

6. Wie gut war Gosens dieses Mal? Aktiver als sein ungarisches Pendant Loic Nego, aber zumeist wirkungslos. Nego entscheidend beim Konter zum 0:1 beteiligt. Wurde in der 81. Minute gegen den bislang jüngsten deutschen EM-Spieler ausgewechselt: Jamal Musiala.

7. Man hat in der Vorrunde drei sehr unterschiedliche Auftritte der deutschen Mannschaft gesehen – welcher ist der echte? Tatsächlich hat das Team eine Bilanz von 1-1-1 – ich befürchte, dass wenn man die Intensität aus Spiel 1 und die fehlenden Lösungen im Angriffsspiel gegen Ungarn mixt, erhält man den passenden DFB-EM-Cocktail.

8. Warum trauen sich Fans nach wie vor mit DFB-Trikots aus den 90ern auf die Zuschauerränge? Es muss Liebe sein.

9. War der Regenbogen an oder nicht? Aus. Dafür aber 120 Meter breite Bierwerbung. Und fünf Zentimeter über der Ärmelnaht das Wort „Respect“. Und Soildaritätsbeleuchtungen von vielen anderen Stadien. Mehr zum Regenbogenermittlungsverfahren auf cicero.de, und zwar bei Thomas Dudek und Ulrich Thiele.

10. Leon Goretzka? Wurde in der 57. Minute für einen ungefährlichen Gündoğan eingewechselt. Erlöste dann, verkleidet als Goal-retzka, über vermutlich 25 Millionen Fernsehzuschauer.

11. Vorab: Wie spricht man Szalai richtig aus? ˈsɒlɒi.

12. Beim 0:1 sah man viel in Schwarz gekleidete Abwehrspieler und nur wenige Ungarn – trotzdem hatte 66 Prozent der Dreierkette das Nachsehen gegen Szalai; fehlt da die Klasse in der deutschen Abwehr? Das war eine krude Mischung aus fehlender Zuordnung, eleganter Direktabnahme des Torschützen und Aufheben des Abseits durch Ginter. Ginter hatte dann in Minute 21 die bis dahin beste Torchance der von Joachim Löw Trainierten. Übrigens war es der einzige sehenswert koordinierte Angriff der Ungarn in den ersten 45 Minuten.

13. Hummels & Co. kassierten in allen drei Vorrundenspielen das 0:1 – sind die Gegner zu stark oder ist die Verteidigung nicht wettbewerbsfähig? Weder noch. Man bedenke, dass drei der ersten vier Tore Eigentore waren. Die Ungarn haben ihre beste Chance gut genutzt. Zu behaupten, dass die Mannschaft trotz dreier 0:1 Rückstände nun trotzdem im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft steht, suggeriert eine Widerstandsfähigkeit, die sie nicht hat.

14. Die interessanteste Statistik der ersten Halbzeit? Die Ungarn liefen in Summe 1,9 Kilometer mehr.

15. Ist der Fußball, den die Deutschen spielen, zu berechenbar? Wenn er berechenbar wäre, wären sie in der EM-Qualifikation gescheitert. Mir hat vor allem in den tornahen Aktionen – abgesehen von Goretzkas Ausbruch – die berühmte „letzte Präzision“ gefehlt.

16. Es gab im ersten Durchgang auffallend wenige Spielunterbrechungen – ein Indiz für fehlende Aggressivität der Deutschen? Eher ein Beweis für die fehlende Geschwindigkeit im deutschen Spiel. Zum Beispiel leitete Szalai den Konter, der zu seinem Treffer führte, selbst ein, dabei ist der FSV Mainzler nicht als Top-Sprinter bekannt.

17. Am Beispiel des furchtbaren Eckballs von Sane in der 59. Minute – hatte Löw nicht gezielt Standards üben lassen? Lassen Sie mich in Löw Manier antworten – hier ein fiktives Statement des Bundestrainers: „Standards standen vom ersten Training an im Fokus [...] Das 1:1 von Havertz war enorm wichtig [...] Bei einem intensiven Spiel kann auch mal ein Standard entscheidend sein [...] Natürlich müssen diese Abläufe bei einem Turnier sitzen.“

18. Hatte der dreifache Europameister nach dem 1:2 noch Zugriff aufs Spiel? Ab der 69. Minute war das deutsche Spiel für etwa zwölf Minuten zerfahren, insofern: Nein.

19. Welche Spieler im deutschen Team kann man positiv hervorheben? Goretzka, Rüdiger, Kroos. 

20. Gab es bei diesem Unentschieden Verlierer? Ja, Leroy Sané, an diesem Abend eine irrlichternde Mischung aus Passivität und Bemühtheit.

21. Wie viele Einwechselspieler waren an der Kombination zum 2:2 beteiligt? Alle drei (Musiala, Werner, Goretzka) standen nicht in der Startelf.

22. Noch ein Wort zu Ungarn? Bravo! Dass die Ungarn in der schwierigsten Gruppe zwei Punkte holen – eine kleine Sensation.

 

Vier weitere Artikel zur deutschen Auswahl bei dieser EM finden Sie hier.

Anzeige