Affenpocken in Deutschland - Es juckt schon wieder

Nun ist auch in Deutschland erstmals ein Fall der gewöhnlich harmlos verlaufenden Affenpocken nachgewiesen worden: Auch die Zahl der weltweit erfassten Fälle steigt weiter an. Während Gesundheitsminister Karl Lauterbach die wachsende Bedeutung von Pandemien unterstreicht, schießen die Aktienkurse eines dänisch-deutschen Impfstoffherstellers in die Höhe.

Affen und Menschen gelten eigentlich nur als Fehlwirte der sogenannten Affenpocken / dpa
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In immer mehr Ländern der Welt werden derzeit die eigentlich sehr selten auftretenden Affenpocken nachgewiesen. Nach Infektionen in den USA, Spanien, Portugal, Großbritannien, Schweden und Frankreich ist nun auch erstmals ein Fall in Deutschland bestätigt worden. Nach Meldungen des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr in München seien die Affenpocken gestern das erste Mal bei einem Patienten nachgewiesen worden, der zuvor charakteristische Hautveränderungen gezeigt habe.

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis Affenpocken auch in Deutschland nachgewiesen werden“, teilte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach daraufhin mit. Durch die Meldungen aus anderen Ländern seien Ärzte und Patienten in Deutschland sensibilisiert. „Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass das Virus nicht so leicht übertragbar ist und dass dieser Ausbruch eingegrenzt werden kann. Wir werden jetzt das Virus genauer analysieren und prüfen, ob es sich um eine ansteckendere Variante handelt“, so Lauterbach, der zudem via Twitter bekanntgab, dass WHO und RKI seit Wochen bereits ein Übungsszenario zu einem Ausbruch fiktiver „Leopardenpocken“ vorbereitet hätten, den die G-7 Gesundheitsminister just am letzten Donnerstag, dem Tag also des erstmaligen Auftretens der Affenpocken in Deutschland, simuliert hätten. Das zeige, welche Bedeutung Pandemien aktuell bekämen, so Karl Lauterbach via Twitter.

In welchem Umfang sich der aus Afrika stammende Erreger derzeit verbreitet, ist unklar. Gesundheitsbehörden zufolge verursacht das Virus meist nur milde Symptome wie Hautausschlag im Gesicht, an den Händen oder der Mundschleimhaut sowie Juckreiz und Schmerzen. Das Krankheitsbild verschwindet in der Regel nach geraumer Zeit von alleine. Norbert Brockmeyer, Präsident der Gesellschaft für sexuell übertragbare Infektionen, geht davon aus, dass das Virus seit einer Weile bereits unbemerkt im Umlauf war und dass nun durch die gestiegene Aufmerksamkeit mit vermehrten Nachweisen zu rechnen sei. Ein Großteil oder womöglich sogar alle bisherigen Fälle beträfen Männer, vielfach hatten sie den Angaben zufolge sexuelle Kontakte zu anderen Männern.

Impfstoff für ein nicht näher genanntes europäisches Land

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bereits am Mittwoch zu einer rigorosen Nachverfolgung aller Kontakte von Betroffenen aufgerufen. Kliniken und Bevölkerung müssten für die Symptome sensibilisiert werden. „Die Affenpocken werden gut kontrollierbar sein", so Experte Brockmeyer gegenüber der Deutschen Presseagentur. Dennoch sei es leider so, dass es in Deutschland eine große Population gebe, die nicht gegen Pocken geimpft worden sei - insbesondere im sexuell aktiven Alter. Das Potenzial an Infektionen durch den Erreger sei damit deutlich größer als etwa noch vor 20 Jahren. Je nach weiterer Entwicklung müsse man daher Pockenimpfungen in Erwägung ziehen. Vermutlich ist es so, dass eine normale Pockenimpfung auch eine Kreuzimmunität hervorruft.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) verzeichnet als einzigen derzeit zugelassenen Impfstoff gegen Pocken den Mono-Impfstoff Imvanex des dänisch-deutschen Herstellers Ba­va­ri­an Nor­dic. An der Kopenhagener Börse gab es bereits am Donnerstag einen Kurssprung um rund 30 Prozent. Das Unternehmen soll gestern einen Vertrag mit einem nicht näher genannten europäischen Land für die Lieferung eines Impfstoffs geschlossen haben. Am heutigen Freitag setzte sich die Entwicklung rasant fort. Die Papiere des 1994 gegründeten Pharmaunternehmens werden derzeit stark nachgefragt. 

dpa/Cicero-Redaktion

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