Merkels Kabinett - In Schach gehalten

Angela Merkels neues Kabinett zeigt, wie geschickt die Kanzlerin ihren Machterhalt organisiert. Wie auf dem Schachbrett ordnet sie Jens Spahn, Julia Klöckner und Anja Karliczek den Ministerien zu. Gefahren für sich hat sie so vorerst gebannt

Schachbrett neu geordnet: Angela Merkel hat ihre Minister bekanntgegeben / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Macht kann sie. Mit Politik ist es vor allem unter Zeitdruck manchmal so eine Sache. Aber Macht kann sie. Nichts macht ihr so viel Freude, als Personen wie Figuren auf einem Schachbrett zu bewegen. Ein Beispiel ihrer strategischen Kunst hat Angela Merkel vor Beginn des heutigen Sonderparteitags abgegeben. Eine Ministerriege, die allen an sie gestellten Erfordernissen und Erwartungen gerecht wird. Und zugleich keine Gefahr für sie erwachsen lässt. (Zur Bildergalerie der möglichen neuen und alten CDU Minister)

Gesundheitsminister Jens Spahn

Paradefall dieser Kunst ist die Benennung von Jens Spahn als Gesundheitsminister. Man hätte gewappnet sein können. Spahn, einsamer Streiter gegen die Kanzlerin in der aktiven CDU, hatte sich zuletzt in einer Talkshow schon warmgesungen für den Merkel-Chor. Markus Lanz, der Moderator, konnte machen, was er wollte. Spahn funktionierte nicht mehr als Kakophoner. Seiner Kehle entkamen nur Wohllaute über die Kanzlerparteichefin. Spahn übte schon als Ministeraspirant. Und das für einen Posten, der dummerweise so gar keine Beinfreiheit lässt.

Entweder ein Gesundheitsminister legt sich mit den vermachteten Strukturen der Branche aus Pharma- und Ärztelobby an. Dann hat er keine Zeit für Machtspiele. Oder er legt den Kopf in die Furche wie sein Vorgänger Hermann Gröhe, dann hat er kein Format für Machtspiele. Spahn hat nicht den Hauch einer Chance, diesem Dilemma zu entkommen. Die Kanzlerin hält auf diese Weise Jens Spahn geschickt in Schach. Die Redewendung meint beim Schachspiel, dem gegnerischen König sämtliche Auswege zu versperren, um ihn schließlich schachmatt zu setzen.

Jens Spahn hat nicht geschafft, wie eigentlich vorgesehen, diesem vergifteten Angebot zu widerstehen. Man kann von einer Volmerisierung des Jens Spahn sprechen. Ludger Volmer war bei den Grünen mal einer, der Joschka Fischer sogar dann widersprochen hatte, wenn Fischer sagte: Ich heiße Joschka Fischer. Dann hat ihn Fischer in seinem Auswärtigen Amt zu Staatsminister gemacht. Und Ruhe war im Karton.

Von der Leyen bleibt, Karliczek und Klöckner kommen

Ursula von der Leyen bleibt Verteidigungsministerin, obwohl das Friendly Fire aus der Truppe zu diesem Zeitpunkt das verhindern wollte. Sie ist für Merkel in dieser Form praktisch, aber nicht mehr gefährlich. Eine Verwalterin einer Trümmertruppe, über die die Nato lacht. Keine Position, aus der heraus man einen Angriff starten könnte.

Dann eine junge Bildungsministerin, bei deren Namen man zweimal nachschauen muss, wie er sich schreibt, weil er erstens kompliziert geschrieben ist und Anja Karliczek zweitens noch nie von sich hat reden machen. Sie ist Frauen- und Jugendquote in einem. Doppelter Nutzen. Kein Schaden.

Schließlich Julia Klöckner, der Merkels Flüchtlings-Blackout und ihr eigenes Rumeiern in der Frage einen sicheren Sieg bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz gekostet hat. Jetzt ist sie Landwirtschaftsministerin. Das ist fast so schön wie Ministerpräsidentin im schönsten und sinnenfrohesten Bundesland Deutschlands. Und als frühere Weinkönigin ist ihr das Sujet vertraut.

Merkel und die CDU werden profitieren

Angela Merkel hat mit Bedacht ihre Kür der Ministerinnen und Minister in die Zeit gelegt, in der die SPD noch nicht mal weiß, ob sie Minister in dieses Kabinett entsenden möchte. Das wirkt bedacht, sieht nach Ordnung und Stabilität aus und wird deshalb Punkte bringen in den nächsten Umfragen.

Die beiden treuen Knappen Herrmann Gröhe (Gesundheit) und Thomas de Maiziere (Innen) hat Merkel fallen lassen. Einfach so. Auch das gehört zu ihrer Machtkunst. Loyalität nutzen, sich aber davon nicht abhängig machen.

Jens Spahn sollten die beiden eine Mahnung sein. Jedenfalls, wenn er noch was vorhat.

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