Staatsschulden wegen Coronakrise - Wenn die Rechnung kommt

Es ist nicht falsch, dass die Regierung jetzt Schulden aufnimmt, um das Land gegen die Coronakrise zu wappnen. Doch die Rechnung wird kommen. Und sie kann nicht nur auf die Bürger abgewälzt werden. Die Erhöhung von Diäten und des Rundfunkbeitrags sollten ebenfalls hinterfragt werden.

Es ist vermutlich richtig, wenn Finanzmister Olaf Scholz sagt: Jetzt lieber nicht kleckern, sondern klotzen / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Freunde feiner HiFi-Anlagen kennen die Bedeutung eines guten, großen Kondensators. Bauartbedingt benötigen leistungsarme, aber besonders wohlklingende Röhrenverstärker enorme Kondensatoren, die die nötigen Watt für die Leistungsspitzen in Ausnahmesituationen wie zum Beispiel bei plötzlichen Paukenschlägen bereithalten. 

Der Staat als Kondensator

Der Staat ist auch ein großer Kondensator. Wenn ein plötzlicher Paukenschlag wie eine Pandemie große Leistung, in diesem Fall enorme Geldsummen erfordert, dann stellt er dieses Geld der nationalen Volkswirtschaft zur Verfügung. Der Haushalt des kommenden Jahres besteht bei knapp 500 Milliarden Euro Gesamtumfang zu 180 Milliarden Euro aus Schulden. Bei Corona ist nichts mehr wie zuvor. Die Schwarze Null war gestern und die Schuldenbremse ebenso. 

Es ist vermutlich richtig, wenn Finanzmister Olaf Scholz sagt: Jetzt lieber nicht kleckern, sondern klotzen. Wer kleckert, zahlt am Ende drauf, sagt er. Scholz agiert dabei wie seinerzeit EZB-Chef Mario Draghi. Seine Dicke Bertha heißt Wumms. Sein „Whatever it takes“: „Wir können uns das leisten.“ 

Die Nullrunde bei der Rente ist ein Wetterleuchten

Korrekt hieße der Satz: Wir, die Regierung, legen das Geld jetzt mal aus, aber wir müssen es den Banken zurückzahlen, und daher müssen wir es uns bei euch, den Bürgern wiederholen, nach und nach. Ein Kondensator wird wie ein Akku vom Verstärker im Normalbetrieb auch permanent aufgeladen - für den nächsten Paukenschlag. 

Die ersten Hinweise darauf sind schon da. Bis auf eine kleine weitere Angleichung Ost wird es bei den Renten nächstes Jahr eine Nullrunde geben, und die Idee eines Corona-Soli beflügelt vor allem die Gedanken der Sozialdemokraten. 

Die Corona-Kamellen-Kanone

Damit es da keine Missverständnisse gibt: Das Grundmuster, jetzt mit vollen Händen auszugeben, ist nicht falsch und niemandem vorzuwerfen. Es sollte nur ehrlich dazu sagt werden, dass das Geld alsbald auch wieder eingesammelt werden muss. Der Staat, das sind wir. Alle. Nicht nur die von der Regierung. Wenn also der Staat jetzt Corona-Hilfen ausgibt, dann sind es alle Bürger, in deren Namen das passiert. Und vor allem: Auf deren Kosten.   

Die politische Kunst wird darin bestehen, die Corona-Kamellen-Kanone rechtzeitig wieder abzustellen, bevor sich alle an die Gratis-Bonbons gewöhnt haben. Und die Kunst wird wählerseitig darin bestehen, ein waches und kritisches Auge darauf zu haben, welche zusätzlichen Abgaben möglicherweise eine Neigung zum ewigen Bestand haben könnten. Soli zum Beispiel hört sich toll an. Wer ist schon gegen Solidarität? Aber es darf daran erinnert werden, dass der letzte Soli seit nunmehr 30 Jahren besteht und jetzt erst stufenweise beendet wird. 

Wenn nichts mehr ist, wie es war

Zudem sollte die Politik sich gut überlegen, wie sie die Operation Klingelbeutel so flankiert, dass die Bereitschaft mitzumachen, gesteigert wird. Wenn nichts mehr so ist, wie es war, keine Schwarze Null, keine Schuldenbremse, wenn also alles im Licht von Corona auf den Prüfstand muss: Wie wäre es dann, nicht nur dieses Jahr die Diätenerhöhung ausgesetzt zu haben, sondern für die nächsten zehn Jahre gleich mit? Und auch eine Gebührenerhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk könnten sich die Landesregierungen, die sich schon darauf verständigt haben, im Lichte von Corona neu bewerten und vorläufig aussetzen.

Denn es ist völlig einsehbar, das derzeit Gastronomen und Künstler und alle, die das Virus existenziell mit voller Wucht trifft, die Hilfe des Staates erhalten. Bei einem jetzt schon üppig ausgestatteten und nie auf Effizienz getrimmten öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht das im Vergleich nicht so dringend notwendig aus, um es ganz dezent zu formulieren. 

Eine Frage der neuen Prioritäten

Nebenbei könnte so die sachsen-anhaltinische CDU aus dem Zustand der Ächtung innerhalb der CDU-Landesverbände entlassen werden, in den sie wegen gemeinsamer Sache mit der AfD im Widerstand gegen die Gebührenerhöhung geraten ist. Wenn bei Corona alles ganz neu gedacht, bewertet und entschieden werden muss, dann könnte dazu ja auch mal die Überlegung zählen, dass ein Ziel nicht per se und zwingend falsch sein muss, nur, weil es die AfD verfolgt. Wenn hier etwas falsch ist, dann eine zusätzliche Belastung der Bürger für eine Einrichtung, die vergleichsweise immun dagegen ist, vom Virus in seiner Existenz hinweggerafft zu werden.

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