Rücktritt von Kramp-Karrenbauer - Sie hatte keine Chance

Annegret Kramp-Karrenbauer hatte einst Mut bewiesen, als sie den CDU-Parteivorsitz übernahm. Doch eine wirkliche Chance hat sie nie gehabt: Ihre Partei hatte sich schon längst in zwei Lager gespalten und echte Unterstützung durch Merkel hatte sie nie.

Annegret Kramp-Karrenbauer gibt Kanzlerkandidatur und den CDU-Parteivorsitz auf / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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„Rückgängig machen“ ist das geflügelte politische Wort dieser Tage. Ob Annegret Kramp-Karrenbauer auch gerne etwas „rückgängig“ machen würde? Den Moment, an dem sie sich vom Saarland aus nach Berlin aufmachte, ohne Netz, ohne doppelten Boden, nur abgesichert durch das Wohlwollen der damaligen CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

AKK gab das schönste Amt auf, das es in der deutschen Politik gibt. Ministerpräsident eines Bundeslandes zu sein, ist herrlich. Wenn man einigermaßen seine politischen Sinne beieinander hat, dann kann da nichts schiefgehen, und Mitsprache im Bund hat man über den Bundesrat auch. Man ist ein kleiner König oder eine kleine Königin.

Unübersehbare Zerfallserscheinungen

Mutig wie sonst nur wenige in der Politik kappte AKK alle Halteseile und übernahm das Amt der CDU-Generalsekretärin in einer Zeit, in der die Zerfallserscheinungen der Partei schon unübersehbar waren, als die Partei eine Landtagswahl nach der anderen verlor, im Bund nach einem mauen Wahlergebnis 2017 lange keine Koalition zustande brachte und die Kanzlerin nach der Hessen-Wahlschlappe den Parteivorsitz abwarf wie einen Sandsack aus einem sinkenden Heißluftballon. 

Und wieder schritt AKK mutig voran. Gewann einen harten innerparteilichen Wettbewerb gegen Jens Spahn und Friedrich Merz, thronte nach ihrem Sieg beim Hamburger Parteitag aber über einer Partei, die sich darunter längst in zwei Teile zerlegt hatte. Da war die Daniel-Günther-CDU, die den Kurs der Sozialdemokratisierung und Vergrünung der CDU durch Angela Merkel weiter vorantreiben möchte. Und da ist die Friedrich-Merz-CDU, die sich den Konservatismus in der CDU sehnlichst zurückwünscht.

AKK hat Fehler gemacht 

Lange Zeit ist versucht worden, diese Kluft zu kaschieren. Die Koalitionen, die die CDU in den Ländern einging, wurden immer verwegener und immer buntscheckiger. Es gärte derweil in der Partei wie in einer Biogasanlage ohne Überdruckventil. Der Kessel der CDU flog schließlich in Erfurt in die Luft.

AKK hat Fehler gemacht, große Fehler sogar. In ihrer Person hat sich, wie so oft schon, erwiesen, dass der Schritt aus der Landespolitik auf die Berliner Bühne ein riesengroßer ist. Sie hatte aber auch keine Chance. Parteichefin unter einer CDU-Kanzlerin von deren Gnaden zu sein, ohne aber deren echtes und unbedingtes Backing zu haben: Es war ein Himmelfahrtskommando, auf das sich AKK da eingelassen hatte. 

Sie hat es bald hinter sich

Alle Versuche, sich mehr Beinfreiheit zu verschaffen, wie der so genannte Workshop zu Merkels Migrationspolitik, blieben kraft- und wirkungslos. Spätestens mit der innerparteilichen Machtübernahme durch die Kanzlerin von Pretoria aus war klar, dass Kramp-Karrenbauer ihre ohnehin geringe Autorität verloren hatte.

Sie hat es nun bald hinter sich. Ähnlich schnell wie seinerzeit Martin Schulz bei der SPD. Der Klärungsprozess in der CDU, welche Partei sie nach der Zeit von Angela Merkel sein möchte, aber hat gerade erst begonnen.
 

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